Autor: Noria (noria_ric@yahoo.de)
Titel: Lügen
Inhalt: Eine neue Jägerin nimmt ihre Arbeit auf... aber welche Geheimnisse verbirgt sie?
Rating: R
Genre: Drama, Fantasy, X-Over mit Highlander
Spoiler: spielt nach Ende der 5. Staffel, alternative Zeitlinie
Vorkommende Personen: Giles, Spike, Angelus, Myriam (eigener Charakter)
Kommentare: Kritik und Anregungen bitte wie immer an die oben genannte Emailadresse. Dies ist meine erste allein vollendete Geschichte. Bisher war ich meist Co-Autorin. Mein besonderer Dank gilt JayCee *knussel*. Sie hatte die ursprüngliche Idee hierzu, überließ mir dann aber das Feld *g*. Weiterhin noch ein liebes Dankeschön an Daffney und Yolande fürs Beta-Lesen und nützliche Hinweise *knuddel*.
Disclaimer: Alle Rechte an der Fernsehserie „Buffy - Im Bann der Dämonen" sowie ihren Charakteren gehören Joss Whedon, David Greenwalt, Mutant Enemy, Sandollar Productions, Kuzui Enterprises, 20th Century Fox Television und dem WB Television Network bzw. UPN.
Alle Recht von Highlander liegen bei D/P Productions und anderen.
Mit dieser Story wird kein Geld verdient.
Der Charakter Myriam gehört mir, Noria. Sollte jemand sie für eigene Geschichten verwenden wollen, möchte derjenige sich bitte bei mir melden.

 

Lügen
von Noria

 

 

 

Es war ein ungewöhnlich kalter Tag im November als die neue Jägerin in Sunnydale eintraf. Buffy war bei dem Versuch die Welt zu retten gestorben und Faith hatte man den Status der Jägerin entzogen, da sie nicht mehr wie eine Jägerin handelte, sondern vielmehr wie ein Killer. Xander und Anya waren mittlerweile schon verheiratet, Willow und Tara waren nach Buffys Tod nach L. A. gezogen - die Scoobies hatten alle Sunnydale verlassen. Nun ja, "alle" wäre gelogen. Giles und Spike waren in Sunnydale geblieben und versuchten die kleine Stadt "dämonenfrei" zu halten.

 

Die neue Jägerin trug einen großen Rucksack und eine Reisetasche bei sich, als sie durch die Straßen von Sunnydale zur "Magic Box" ging und sich interessiert und aufmerksam umsah. Man hatte ihr gesagt, sie würde Rupert Giles, ihren Wächter, dort am ehesten treffen. Da momentan keine anderen Wächter dazu in der Lage waren, eine Jägerin auszubilden, hatte der Rat der Wächter beschlossen, dass Rupert Giles, der ehemalige Wächter von Buffy, sich der neuen Jägerin annehmen sollte. Als er davon hörte, wollte er erst ablehnen, da er befürchtete, auch diese Jägerin sterben sehen zu müssen, nahm dann aber doch an.

 

Giles war gerade dabei eine Lieferung an modernen Zauberbüchern einzusortieren, als er die Türglocke hörte. Er drehte sich um und sah erst einmal nur einen großen Rucksack und zwei schlanke Beine, die darunter hervorragten. Nachdem der Rucksack die Tür geschlossen hatte, drehte er sich um, und eine freundliche Stimme sagte: "Sind Sie Mr. Rupert Giles? Ich bin Myriam, die neue Jägerin." Sie streckte Giles die Hand entgegen, die dieser ergriff und schüttelte.

"Ja, ich bin Rupert Giles. Willkommen in Sunnydale." Dann half er ihr, den Rucksack abzusetzen. "Wie wäre es mit einer Tasse Tee. Sie scheinen recht durchgefroren zu sein, Myriam."

Sie nickte. "Das bin ich wirklich. Ich dachte eigentlich, ich käme nach Kalifornien: Sonne, Sand und Meer. Und jetzt das! Da fühlt man sich doch gleich wie zu Hause in good old England. Geben Sie zu, Mr. Giles, das haben Sie extra so arrangiert." grinste Myriam ihn an und strich sich eine Strähne ihres kinnlangen roten Haares hinter das Ohr.

Giles lachte leise. "Hm nein. Wenn ich Macht über das Wetter hätte, hätte ich eher dafür gesorgt, dass Ihre Erwartungen erfüllt werden."

Myriam legte eine Hand auf ihr Herz und machte einen kleinen Knicks. "Dann will ich Ihnen Ihren guten Willen hoch anrechne. - Wie war das jetzt mit der Tasse Tee?" setzte sie noch hinzu.

 

Als sie dann wenige Minuten später vor ihren dampfenden Tassen saßen, erzählte Myriam ein wenig über sich. "Ich weiß nicht genau, wo ich geboren bin. Meine Eltern waren viel in der ganzen Welt unterwegs. Als Photographen glaube ich. Sie starben als ich 3 oder 4 Jahre alt war. Ich kam dann in London, wo sie sich gerade aufhielten, in ein Waisenhaus und wuchs dort auf. Ich war gelegentlich in Pflegefamilien, aber das ging nie richtig gut. Ich war immer ein Einzelgänger, las viel oder ging in Konzerte. Dann arbeitete ich als Sekretärin, bis mich der Rat der Wächter vor einem halben Jahr anrief und mir mitteilte, dass ich dazu bestimmt sei, Vampire und Dämonen zu jagen. Tja und nun bin ich hier." Sie nahm einen Schluck Tee.

"Darf ich fragen, inwieweit Sie schon gekämpft haben?" wollte Giles wissen.

"Ich habe eine Art Grundausbildung bekommen, in Taekwondo, Kung-Fu und so. Aber am liebsten kämpfe ich mit meinem Schwert..."

"Mit Ihrem Schwert? Das ist ungewöhnlich" unterbrach Giles sie.

Myriam lächelte. "Ich weiß. Aber ich habe mich immer sehr für Geschichte und für Fantasy interessiert und wollte immer lernen mit Schwertern zu kämpfen. Und so habe ich seit ich 15 bin Unterricht im Schwertkampf erhalten."

Giles war beeindruckt. Es war wirklich ungewöhnlich, dass eine Jägerin Vampire enthauptete, anstatt sie zu pfählen, aber dieses Überraschungsmoment brachte natürlich einige Vorteile - für die Jägerin. Nach ein paar Minuten des Schweigens fragte Myriam Giles, ob er nicht ein günstiges Hotel in der Nähe kenne, in dem sie bleiben könne, bis sie eine passende Wohnung gefunden hätte.

"Das ist kein Problem." meinte Giles. "Sie können solange bei mir wohnen."

"Wirklich?" Myriam lächelte. "Das ist wirklich sehr nett von Ihnen, Mr. Giles. Vielen Dank."

 

***

 

Mittlerweile waren 4 Monate vergangen und sie hatte sich schon einen Namen unter den Dämonen und Vampiren von Sunnydale gemacht. Giles war begeistert von ihren Kampftechniken, vor allem mit dem Schwert und ihrem Wissen über das Übernatürliche und alte Mythen, welches sich mit seinem gut ergänzte. Doch eines machte ihm Sorgen: Ihre Abscheu, ja ihr Hass auf alle Geschöpfe der Finsternis, insbesondere Vampire. Es gehörte zwar zu ihrer Aufgabe, aber ihre Gefühle schienen ihm manchmal vollkommen irrational, ganz gegensätzlich zu ihrem ruhigen, besonnenen Wesen. Er hätte ihr gern Spike vorgestellt, der als Helfer und Informant einfach nicht mehr wegzudenken war, aber Giles wusste, dass Myriam Spike nicht akzeptieren würde. Noch nicht. Nun ja, es hatte ihn auch einige Zeit gekostet bis er sich mit Spike verstanden und ihn akzeptiert hatte. Im Moment hielt es für besser, wenn sich Spike und Myriam vorerst aus dem Weg gingen.

 

Giles hingegen traf sich regelmäßig mit Spike, meist wenn Myriam auf Patrouille war. Sie besprachen Strategien, tauschten Informationen aus, betrieben Recherchen oder redete auch einfach nur über die alten Zeiten, als Buffy noch die Vampire in Schach hielt. Natürlich wollte Myriam auch wissen, woher die vielen brandheißen und sehr hilfreichen Informationen kamen, so dass Giles sich immer wieder neue Ausreden dafür einfallen lassen musste: Prophezeiungen oder Hinweise, die er zufällig gefunden hatte oder Informationen aus Willy's Bar.

 

Doch Giles wusste, dass dieses Versteckspiel nicht ewig so würde weitergehen können, dass Myriam eher früher als später dahinter kommen und wütend und enttäuscht sein würde. Also suchten er und Spike gemeinsam nach einer Möglichkeit, Myriam Spikes Willen zum Guten und seine Hilfsbereitschaft so schonend wie möglich beizubringen.

 

***

 

Eines Abends, Myriam war gerade auf ihrer Patrouille durch die Straßen und über die Friedhöfe von Sunnydale, kam Spike wie üblich kurz bei Giles vorbei, um ihm Hallo zu sagen und ihm einen möglichen Vorschlag zu unterbreiten, wie man Myriam das "Geheimnis" näher bringen könnte. Plötzlich öffnete sich die Tür und Myriam kam mit den Worten: "Was man nicht im Kopf hat, muss man in den Beinen haben. Ich hab doch wirklich mein..." herein. Sie brach ab als sie Giles und Spike entspannt in der Sitzecke reden sah. Ihre Augen verengten sich zu Schlitzen und ehe noch einer der beiden reagieren konnte, war sie herangekommen und hielt nun ihr Schwert Spike an den Hals.

"Was tust du hier?" stieß sie zwischen zusammengepressten Zähnen hervor.

Spike sah sie aus überraschten Augen an, schluckte und meinte dann: "Tee trinken?", wobei er ein Lächeln versuchte.

"Lass die Witze," unterbrach ihn Myriam grob und drückte das Schwert enger an seinen Hals. Dann wandte sie sich Giles zu und fragte zornig: "Hast du dann vielleicht die Güte, mir zu erklären, was das hier soll?"

"Myriam, darf ich vorstellen: Das ist Spike." begann Giles und machte eine vorstellende Handbewegung. Myriams Augen weiteten sich für eine Moment überrascht. Sie sah auf ihn herab und Spike erschrak über den Schmerz, die Verzweiflung und den Hass, den er in ihren Augen lesen konnte.

"Myriam, bitte" fuhr Giles fort. "Spike wollte mir nichts tun, er tötet keine Menschen mehr und hat mir und der Scoobie-Gang oft geholfen."

Myriam warf Giles einen kurzen Blick zu, dann wandte sie sich mit einem schmerzlichen Lächeln Spike zu und verstärkte den Druck ihres Schwertes so, dass Blut zu fließen begann.

"MYRIAM" rief Giles jetzt, sprang auf und umklammerte ihr Handgelenk, um ihre Hand mit dem Schwert von Spikes Hals wegzuziehen. Myriam sah ihn wieder an und einen Augenblick stand pure Mordlust in ihrem Blick. Dann blinzelte sie kurz und die Mordlust war verschwunden. Sie löste Giles Hand von ihrem Handgelenk und senkte den Arm.

"Wie lange geht das schon?" fragte sie plötzlich.

"Er half mir schon bevor du nach Sunnydale kamst." antwortete Giles

Myriam nickte kurz, dann ging sie in ihr Zimmer und kam mit dem vergessenen Kreuz zurück. "Viel Spaß dann noch" sagte sie und ging aus dem Haus und ließ die Tür mit einem lauten Knall ins Schloss fallen. Die beiden Männer sahen sich ratlos an.

 

Myriam streifte durch die dunklen Straßen von Sunnydale. Nur ein Gedanke schoss ihr immer wieder durch den Kopf. WARUM? Warum hat Giles mich so hintergangen, mich angelogen? Und warum muss es ausgerechnet Spike sein? Sie schüttelte den Kopf, um diese Gedanken zu vertreiben. Es ist wieder passiert. Ich habe Vertrauen aufgebaut, Freundschaft geschlossen - und bin verraten worden. Werde ich es je lernen? Lernen mich aus den Angelegenheit der anderen herauszuhalten, auf Abstand zu bleiben, nur meinen Job zu tun? Sie seufzte. Leider bin ich immer noch ein menschliches Wesen, das andere menschliche Wesen braucht.

 

Sie setzte ihren Weg fort und kehrte erst in Giles' Wohnung zurück, als die Sonne aufging. Giles war noch wach und erwartete sie. Sie wollte ohne ein Wort auf ihr Zimmer gehen, doch sie stoppte und drehte sich langsam um, als Giles sie ansprach.

"Myriam, es tut mir leid. Ich weiß, wie du über Vampire denkst,... dass sie alle böse sind und getötet werden müssen und so ist es auch mit den meisten... Aber bei Spike ist es wirklich anders... Er ist anders." erklärte Giles.

Myriam zuckte müde mit den Schultern. "Möglich. Alles ist möglich. Es gibt nicht nur schwarz und weiß, sondern viele Schattierungen von grau. Doch ich möchte einfach nichts mit ihm zu tun haben, verstehst du?"

"Warum? Ich begreife nicht, wie du so abweisend sein kannst. Das kenne ich einfach nicht von dir." wollte er wissen.

Sie sah ihn lange an und er bemerkte, dass der warme Glanz, den sie sonst in den Augen hatte, wenn sie ihn ansah, verschwunden war. "Nein, du kennst mich wirklich noch nicht. ... Und das mit Spike... ich kann es nicht erklären. Später einmal... vielleicht..." Myriam schüttelte den Kopf. "Was mich jedoch mehr beschäftigt, ist die Tatsache, dass du es nicht einmal für nötig gehalten hast, mir etwas davon zu erzählen. Und wenn ich nicht zufällig zurückgekommen wäre, wüsste ich jetzt noch nichts. Wie lange wolltest du mich noch belügen." setzte sie bitter hinzu. Ohne Giles' Antwort abzuwarten, wandte sie sich ab, murmelte "Ich bin müde... so müde" und ging in ihr Zimmer.

 

***

 

Die darauffolgenden Wochen waren für alle schwer. Myriam zog sich vollkommen in sich zurück. Sie sprach mit Giles nur das nötigste, die Vampirjagd betreffende. Spike, der nun auch öfter in der Magic Box oder in Giles' Wohnung war, da es jetzt keine Grund mehr gab, sich zu verstecken, wurde von Myriam ignoriert. Die Vampire und Dämonen von Sunnydale hatten nun gar nichts mehr zu lachen, denn die Jägerin wütete wie ein Berserker unter ihnen. Doch auch nach beendeter Jagd blieb sie stets noch lange fort und streifte durch Sunnydales Umgebung, tief in Gedanken versunken, erschöpft, manchmal weinend.

 

Giles' Sorgen um Myriam verstärkten sich. Erstaunlicherweise schien sie körperlich nicht nachzulassen, trotz des von ihr selbst gesteigerten Trainings- und Jagdpensums. Aber er wusste, lange würde sie die seelische Anspannung nicht mehr aushalten. Er stimmte ihr zu, denn jetzt merkte er, dass er sie wirklich noch nicht kannte. Aber alle seine Bemühungen mit ihr zu reden, mehr über sie und ihre Gefühlswelt zu erfahren, schlugen fehl. Doch er sollte eher dazu Gelegenheit bekommen als er erwartet hatte.

 

***

 

Spike stieß die Tür zu Giles' Wohnung auf und stürmte herein. Die Sonne ging bereits auf wie man an den kleinen Rauchwolken sah, die überall aus dem Vampir aufstiegen. "Giles, kommen Sie, schnell..." rief er laut, dann legte er Myriam, die er auf seinen Armen hergetragen hatte auf die Couch. Giles' erschien mit verschlafenem Blick, war aber sofort hellwach als er sie blass und besinnungslos daliegen sah.

"Was ist passiert?" wollte er von dem blonden Untoten wissen.

"Angelus." war alles, was Spike sagte.

Giles starrte ihn an. "Angel... ist wieder Angelus? Und er ist hier? Aber... was genau ist passiert?" Er sah Myriam besorgt an. Äußerlich schien sie nicht verletzt zu sein, ihr Puls ging regelmäßig, nur die Blässe ihres Gesichtes und die tiefen, dunklen Ringe, die unter ihren Augen lagen, gaben ihr ein elendes Aussehen.

 

Spike fing an zu berichten: "Als ich vorbeikam, war sie bereits dabei mit Angelus zu kämpfen. Beide waren gleichstark und es sah noch nach einem langen Kampf aus. Myriam gelang es Angelus an der Schulter zu verletzen, wobei sie ihm das T-Shirt zerschnitt. Dann starrte sie ihn an, ihre Augen weiteten sich, sie wurde noch blasser und stammelte 'Nein'. Dann sank sie ohnmächtig um. Ich sprang vor und warf Angelus ein Fläschchen Weihwasser ins Gesicht, dann nahm ich Myriam und brachte sie hierher."

Giles hatte der Erzählung stirnrunzelnd gelauscht. "Sie starrte ihn an und flüsterte 'Nein'? Weißt du, was sie gesehen hat?" Der Vampir schüttelte den Kopf. "Leider nicht. Sie stand direkt davor..."

 

"... der Engel." kam eine leise Stimme von der Couch. Myriam war erwacht und richtete sich langsam auf. "Die Tätowierung in Form eines Engels." sagte sie mehr zu sich selbst.

Giles war sofort an ihrer Seite. "Bleib liegen. Wie fühlst du dich? Und was ist mir Angelus Tätowierung?" Er wollte sie wieder auf die Couch drücken, doch sie sah ihn nur mit dem selben enttäuscht-verletzten Blick an, mit dem sie ihn seit Wochen ansah und er nahm seine Hände weg. Sie bemerkte den Schmerz in seinen Augen bei ihrer Zurückweisung, aber sie konnte ihm nicht entgegenkommen, nicht jetzt.

Dann sah sie Spike an. Sie musterte ihn eine Weile und gerade als sich Spike unter ihrem Blick unwohl zu fühlen begann, lächelte sie leicht und sagte leise: "Verzeih mir."

Spike starrte sie verblüfft an: "Verzeihen? Was denn verzeihen?"

Myriam stand auf, trat auf den Vampir zu und hielt ihm die Hand hin: "Ich habe mich geirrt. Es war falsch von mir, alle Vampire pauschal zu verurteilen und mein besonderer Hass auf dich war... unbegründet. Er basierte auf falschen Informationen. Das weiß ich jetzt und es tut mir leid." Sie hielt ihm weiter die Hand hin und sah ihn aufrichtig an.

Spike musterte sie kurz, dann lächelte er auch und nahm ihre Hand. "Ich nehme die Entschuldigung an... unter einer Bedingung."

Myriam nickte: "Dass ich dir erkläre warum?"

"Ja. Ich würde gern wissen, was genau dein Grund war mich zu hassen und was deine Meinung geändert hat." bestätigte Spike.

 

Myriam ließ nun Spikes Hand los und setzte sich wieder auf die Couch, während der Vampir ihr gegenüber in einem Sessel Platz nahm. Myriam schloss für einen Moment die Augen, seufzte und begann zu leise erzählen, während sie vor sich auf den Boden starrte: "Ich hatte eine Freundin, Gwen. Sie war mehr als eine Freundin, fast eine Schwester. Eines nachts verschwand sie auf dem Nachhauseweg von dem Café, in dem sie arbeitete, spurlos. Drei Tage später tauchte sie wieder bei mir auf. Sie war ein Vampir geworden. Sie flehte mich an, sie zu erlösen. Sie wollte nicht ewig leben, keine Menschen töten, kein Blut trinken. Und sie wollte nicht mit der ständigen Erinnerung an die Vergewaltigung leben." Myriam lächelte bitter. "Ja, der Vampir hatte sie erst vergewaltigt und dann zu Seinesgleichen gemacht. Nun war sie zu mir gekommen und wollte, dass ich sie tötete. Aber bevor ich ihr diesen Wunsch schweren Herzens erfüllte, verriet sie mir noch den Namen ihres Sire und woran ich ihn erkennen könne. Ich schwor ihr, sie zu rächen. Der Name, den sie mir nannte, war... " Myriam sah auf "... Spike. - Ich hatte keinen Grund ihre Angabe zu bezweifeln. Aber anscheinend wurde sie angelogen. Nicht Spike war ihr Sire sondern Angelus. Das weiß ich seit heute, denn er auf seiner Schulter sah ich die Tätowierung, die sie mir beschrieben hatte."

 

Ein langes Schweigen folgte Myriams Erzählung. Dann sagte Spike: "Dein Hass auf alle Vampire ist jetzt verständlich, nicht nachvollziehbar, aber verständlich. Und ich werde dir helfen, dich an Angelus zu rächen."

Myriam lächelte ihn kurz an. "Danke. Ich bin für jede Hilfe dankbar."

Giles lächelte nun auch. "So habe ich mir die Zusammenarbeit mit Spike vorgestellt und ich bin sehr froh, dass dieser Streit vergessen ist."

Myriam sah ihn ruhig an. "Ja, der Streit bezüglich Spike ist geklärt... aber das ändert nichts an der Tatsache, dass du  mich angelogen hast." Sie stand auf. "Spike, können wir heute nach Sonnenuntergang beginnen einen Plan gegen Angelus zu machen?" Und als Spike nickte fuhr sie fort. "Gut. Ich gehe jetzt ins Bett. Vielleicht schlafe ich jetzt endlich ruhiger." Mit diesen Worten ging sie auf ihr Zimmer und ließ Spike und Giles leicht verwirrt und nachdenklich zurück.

 

***

 

Am Abend besprach sich Myriam mit Spike. Sie fragte ihn vor allem zu Angelus Kampftechnik aus und gemeinsam beschlossen sie, ihn in drei Nächten gemeinsam zu stellen und zu vernichten.

 

***

 

In der darauffolgenden Nacht, betrat Myriam das "Bronze" wie immer während ihrer Patrouille. Meist blieb sie nach dem Kontrollgang noch ein paar Minuten, hörte den Bands zu, beobachtete die Tänzer, trank etwas, bevor sie weiterging. An diesem Abend war einer der regelmäßigen und beliebten Karaoke-Abende.

 

Myriam hatte das "Bronze" kontrolliert, nichts ungewöhnliches gefunden und war gerade dabei zu gehen, als ein neuer Song begann. Doch nicht dieser Song allein ließ Myriam stocken und sich überrascht Richtung Bühne drehen. Die Stimme kam ihr bekannt vor. Dort im Scheinwerferlicht stand - Giles. Und die Worte, die er sang, ließen Myriam begreifen, wie sehr auch er unter dem Vertrauensbruch und der Ablehnung ihrerseits litt:

 

She's like the wind through my tree

She rides the night next to me

She leads me through moonlight

Only to burn me with the sun

She's taken my heart

But she doesn't know what she's done

 

Oh doch, ich weiß es... vielmehr ich ahnte es... schon lange. dachte sie

 

Feel her breath on my face

Her body close to me

Can't look in her eyes

She's out of my league

 

Aber anders als du denkst... wenn ich es dir doch sagen könnte...

 

Just a fool to believe

I have anything she needs

She's like the wind

 

Während des Zwischenspiels war Myriam zum DJ-Pult gegangen und hatte sich ein Mikrophon geben lassen. Sie blieb im Dunkeln stehen.

 

I look in the mirror and all I see

Is a young old man

With only a dream

 

Das passt mehr auf mich, denn auf dich, Rupert... Myriam lächelte traurig.

 

Am I just foolin' myself

That she'll stop the pain

Livin' without her I go insane

 

Nicht nur du... und mit diesem Gedanken, stimmte sie ein.

 

Giles/Myriam:

 

Feel her/your breath on my face

Her/Your body close to me

Can't look in her/your eyes

She's/You're out of my league

 

Giles: Just a fool to believe

Myriam: Just a fool to believe

Giles: She's like the wind

Myriam: Just a fool to believe

Giles: Just a fool to believe

Myriam: She's like the wind

Giles: Just a fool to believe

Myriam: Just a fool to believe

Giles: She's like the wind

Myriam: Just a fool to believe

Giles: Just a fool to believe

beide: She's like the wind

 

Giles hatte überrascht aufgesehen als die Frauenstimme gemeinsam mit ihm zu singen begann. Er sah suchend in die Richtung, aus der die Stimme kam, aber konnte die Gestalt, die nur ein Schemen in der Dunkelheit war, nicht erkennen. Sobald die letzten Töne verklungen waren, sprang er von der Bühne und ging auf sie zu, doch sie war bereits verschwunden.

 

Er fragte den DJ, wer mit ihm gesungen habe, doch der zuckte nur entschuldigend die Schultern. "Sie war klein, zierlich und hatte kinnlanges, rotes Haar. Sie kommt hier regelmäßig für ein paar Minuten herein."

Giles stutzte. Myriam? Myriam ist hier gewesen? Sie hat mit mir gesungen? Warum? "Hat sie irgendetwas gesagt?"

Der DJ nickte: "Ja. Sie bat mich, Ihnen auszurichten, dass sie es jetzt zu Ende bringt. Und danach hätte sie Ihnen etwas Wichtiges zu sagen."

 

"Danke." Giles starrte vor sich hin. Zu Ende bringen? NEIN! Sie will gegen Angelus kämpfen... allein! Bei diesem Gedanken stürzte Giles aus dem "Bronze". Er wusste wo er Myriam finden würde und dass er ihr helfen musste. Auf dem Weg zu Angelus altem Versteck rief er noch Spike an und bat ihn ebenfalls zu kommen.

 

***

 

Als er bei Angelus ankam, war der Kampf bereits in vollem Gange. Er blieb stehen und versuchte sich einen Überblick zu verschaffen. Sekunden später war auch Spike zur Stelle.

 

"Sie war also deine Schwester? Dann ist es verständlich, dass du es persönlich nimmst." Angelus lachte höhnisch. "Ich verspreche dir, ihr werdet bald wieder vereint sein."

 

"Sei dir da nicht so sicher." murmelte Myriam. Sie gewann langsam die Oberhand. Sie spürte, der Augenblick der Rache, auf den sie solange gewartet hatte, ein halbes Leben wie ihr schien, der Augenblick war endlich gekommen. Ein Lächeln bildete sich auf ihren Lippen, wuchs und erreichte fast ihre Augen.

 

Angelus war von dieses Lächeln zuerst irritiert, begriff dann aber seine Bedeutung. Und er wollte dieses Lächeln zerstören. Er brach seinen Rückzug ab und sprang nach vorn, ihr entgegen, stieß mit ihr zusammen und brachte sie somit aus dem Gleichgewicht. Ihre Unsicherheit nutzend schlug er ihr das Schwert aus der Hand.

 

Myriam zog automatisch den Pflock, aber Angelus drängte sie weiter zurück, machte es ihr unmöglich sowohl ihr Gleichgewicht wiederzufinden, als auch eine Möglichkeit, den Pflock einzusetzen. Dann packte er plötzlich ihr Handgelenk, drehte es um und rammte ihr den Pflock ins Herz.

 

Myriam zog überrascht den Atem ein. Sie schloß die Augen, flüsterte "Nein" und fiel auf die Knie. Gleichzeitig ertönte ein zweifach geschrieenes "Nein" von Giles und Spike und Myriam wusste nicht, ob sie über die Anwesenheit der beiden Männer froh oder beunruhigt sein sollte.

 

Angelus stand triumphierend lachend vor Myriam, die immer noch mit geschlossenen Augen vor ihm kniete. Er beugte sich zu ihr hinunter und flüsterte ihr ins Ohr: "Du hättest sie hören sollen. Wie sie gebettelt  hat, wie sie gefleht und geweint hat als ich sie vergewaltigte, wie sie mich inständig bat, sie von den Qualen des menschlichen Daseins zu erlösen. Und wie ihr Gesicht eine Ausdruck von Frieden, Ruhe und Glück annahm als sie von meinem Blut trank." Er lachte erneut. Und mit diesem Lachen auf den Lippen starb er.

 

Myriam lächelte plötzlich, zog den Pflock aus ihrem Körper und rammte ihn in Angelus Herz. Der ganze Vorgang hatte nur Bruchteile von Sekunden gedauert und ehe Angelus begreifen konnte, was geschehen war, zerfiel er schon zu Staub. "Sah sie so aus?" stieß Myriam noch zwischen den Zähnen hervor, dann brach sie leblos zusammen.

 

Giles und Spike hatten das alles mit einer lähmenden Mischung aus Staunen und Entsetzen beobachtet. Als jetzt Angelus endgültig vernichtet und Myriam zu Boden gesunken war, stürzten sie beide zu ihr.

"Nein, bitte nicht. Myriam, bitte nicht. Komm wach auf. Bleib bei mir, Myriam. Bitte." stammelte Giles immer wieder, während er mit tränenblinden Augen auf Myriam starrte.

"Es tut mir leid, Giles, aber sie ist... tot." sagte Spike leise und auch ihm liefen einige Tränen über die Wangen.

"Nein, nicht schon wieder. Ich habe wieder versagt und die mir anvertraute Jägerin verloren." stieß Giles verzweifelt hervor. "Und nicht nur die Jägerin, sondern auch die Frau, die ich..." er brach ab.

"Komm," sagte Spike, "bringen wir sie erst einmal von hier weg." Giles nahm Myriams Leiche auf die Arme und brachte sie nach Hause.

 

***

 

Sie hatten ihren leblosen Körper in ihrem Zimmer auf das Bett gelegt. Giles blieb neben ihr sitzen, hielt ihre Hand und starrte sie immer noch fassungslos und ungläubig an. Spike ging in die Küche und kochte Tee und als dieser fertig war, ging er zu Giles.

"Komm, du kannst jetzt nichts mehr für sie tun... und... sie hat ihre Aufgabe, ihre Rache vollendet." sagte Spike eindringlich und zog Giles ins Wohnzimmer. Dort drückte er ihn auf die Couch und reichte ihm eine Tasse Tee.

 

"Sie hat mit mir zusammen gesungen, im "Bronze". Und sie wollte mir etwas sagen, nach dem Kampf, etwas sehr wichtiges. Und ich... ich wollte es ihr auch endlich sagen... dass... dass ich..." Giles stockte.

"Dass du sie liebst?" fragte Spike leise. Giles nickte.

"Und nun... werden wir nie die Möglichkeit dazu haben. Und ich werde nie mehr hören wie sie verschlafen "Guten Morgen" sagt oder ihr Lachen hören oder sie beobachten, wie sie ihre Nase kraus zieht, wenn sie skeptisch ist. Nie mehr..." Giles verbarg sein Gesicht in den Händen als er erneut zu weinen begann.

Spike legte ihm tröstend einen Arm um die Schulter. "Sie ist jetzt bei ihrer Schwester, bei Gwen, da bin ich mir sicher... und sie wird dort glücklich sein..."

 

"Ich wünschte, es wäre so. Aber darauf muss ich noch eine Weile warten." erklang eine Stimme aus Richtung der Wohnzimmertür. Giles und Spike sprangen erschrocken auf und starrten Myriam an, die lächelnd an den Türrahmen gelehnt stand. Giles griff instinktiv nach einem Kreuz und einem Pflock, während Spike sein Gameface aufsetzte.

 

"Was immer du bist, verlass diesen Körper." rief Giles.

Myriams Lächeln vertiefte sich. "Giles, ich bin kein Dämon oder sonst etwas - auch wenn man mir das früher öfters nachsagte - ich bin einfach nur... unsterblich. Und da bin ich nicht die einzige."

Giles sah sie immer noch misstrauisch an, während Spike sein Gameface zurücknahm und sie neugierig fragte: "Unsterblich? Ich habe von denen gehört. Ihr könnt nicht getötet werden, es sei denn man..." Er machte eine schneidende Bewegung über den Hals.

Myriam nickt. "Es sei denn, man enthauptet uns." beendete sie den Satz. "Ja zu denen gehöre ich." Sie wandte sich Giles zu. "Hast du schon mal von den Beobachtern gehört?" Und als Giles bejahte, fügte sie hinzu: "Seit einigen Jahren arbeiten die Beobachter mit dem Rat der Wächter zusammen und so bekam ich überhaupt diesen Job. - Aber vielleicht sollten wir uns alle setzen und ich erzähle von vorn... Und gegen eine Tasse Tee hätte ich auch nichts einzuwenden."

 

Alle drei setzten sich und Myriam begann: „Ein großer Teil meiner Geschichte wie ich sie euch erzählt habe stimmt. Gwen wurde von Angelus vergewaltigt und getötet. Doch sie war nicht meine Schwester, sondern meine Tochter... soweit man das sagen kann. Ich hatte sie als Kleinkind gefunden und aufgezogen. Später sagten wir sie sei meine Schwester, um den optisch kaum noch vorhandenen Altersunterschied zu erklären. Den Göttern sei dank habt ihr nie gefragt, wann die Sache mit Gwen passiert ist. Es war bereits 1895. Seitdem war ich von dem Gedanken besessen, ihren Tod zu rächen. Ich hatte damals schon einige Male die Beobachter... hm... sagen wir, ich habe bei ihnen mitgearbeitet ohne zu sagen, dass ich eine Unsterbliche sei. Über die Beobachter erfuhr ich auch genaueres über den Rat der Wächter und die Jägerinnen. Ich folgte wenn möglich der jeweiligen Jägerin, in der Hoffnung auf Angelus zu treffen. Doch lange Zeit vergeblich. Als Buffy starb, konnte ich den Rat der Wächter überzeugen, mich solange als Jägerin arbeiten zu lassen, bis die wirkliche Jägerin alt genug wäre. Nur wenige wissen von meiner Unsterblichkeit, meine Alibi-Geschichte kann durch entsprechende Dokumente recht gut belegt werden. Ansonsten weiß nur meine aktuelle Beobachterin von meiner neuen Tätigkeit, aber sie wird das so gut es geht geheim halten. Ich hatte gehofft, dass ich das alles niemals zu erklären bräuchte. Ich wollte nur meine Job tun und noch wichtiger, meinen Schwur Gwen gegenüber erfüllen und meine Rache vollenden. Aber wie so oft kam es anders als geplant: die Erkenntnis, dass Gwen belogen wurde, euer Geheimnis und meine Reaktion darauf... und am meisten die Tatsache, dass ich mich gegen besseres Wissen und seit 120 Jahren das erste Mal wieder in einen Sterblichen verliebt habe, das alles hat meinen Job nicht gerade vereinfacht.“

 

Giles und Spike hatten atemlos Myriams Erzählung gelauscht. Bei ihrem letzten Satz sahen beide überrascht auf und Spike lehnte sich mit einem Ich-hab-es-doch-gewußt-Lächeln zurück, während Giles Myriam ungläubig anstarrte.

 

Auch Myriam lächelte nun und nickte: „Ja, du hast richtig verstanden, Rupert. Ich habe mich in dich verliebt. Wenn ich ehrlich bin... auf den ersten Blick. Deshalb fühlte ich mich so verletzt und verraten als ich von deiner Zusammenarbeit mit Spike erfuhr. Ich wollte diese Gefühle nicht zulassen, nicht wieder verletzt werden. Vor allem, da ich mir auch nicht sicher wahr, was du für mich empfandest. Doch als ich dich gestern Abend im ‚Bronze’ singen hörte... da wusste ich, das ich dir gegenüber ehrlich sein wollte, sein musste. Ehrlich darüber was ich bin, ehrlich darüber, was ich für dich empfinde. Tja und das ist auch nicht so gelaufen wie geplant. - Rupert, kannst du mir verzeihen? All die Lügen, mein ablehnendes Verhalten, mit dem ich dich verletzt habe.“

 

Giles war während Myriams zweiter, kleiner Rede aufgestanden und hatte sich neben sie auf die Couch gesetzt. Nun nahm er ihre Hand und strich sacht mit dem Daumen über ihren Handrücken. Mit der anderen Hand strich er ihr eine Haarsträhne hinter das Ohr. Dann glitt seine Hand zu ihrer Wange. Myriam schloß kurz die Augen und lehnte sich leicht gegen seine Hand. Als sie die Augen wieder öffnete, sah sie wie Giles sie anlächelte. Dann beugte er sich vor und küsste sie sacht auf die Lippen. „Ich liebe dich“ murmelte er an ihrem Mund, bevor er sie erneut küsste, diesmal leidenschaftlicher. Myriams Hände glitten zart über seinen Oberkörper, hinauf zu seinem Gesicht, welches sie sanft streichelte als sie den Kuss ebenso leidenschaftlich erwiderte.

 

Spike fand nun, dass es Zeit für einen diskreten Abgang war und zog sich, da draußen die Sonne schon am Himmel stand in Giles’ Keller zurück.

 

***

 

The End