Diese Geschichte entstand in den Wirren meines Geistes und ich bin für nichts verantwortlich zu machen (glaub ich wenigstens) :).

Die "netten" Charaktere aus Highlander und Mission Erde gehören leider nicht mir und ich verwende sie nur zum Vergnügen und nicht zu kommerziellen (was ist das eigentlich?) Zwecken und so weiter und so fort. Was Jara, Shelley, Trester, Matran und M'Bet'Sharan's betrifft, so sind das meine Croutons ... äh ... Kreationen.

Nachdem das hier Teil 3 meines Erstlingswerks ist, bin ich auf Feedback (positiv oder negativ) ganz heiß - verständlicherweise ist mir zwar Ersteres lieber, aber selbst Nicht-Menschen, Unsterbliche und vor allem Sterbliche lernen ja nie (aus).

Viel Spaß beim Lesen!

 

M'Bet'Sharan (Teil 3)
von Minno


 

Er war fest entschlossen nicht abzuheben, aber nachdem es bereits seit einer Ewigkeit penetrant klingelte und gar nicht die Anstalten machte aufzuhören, kramte er sich mißmutig unter seiner Bettdecke hervor. Wer zum Teufel rief ihn denn mitten in der Nacht an? Ein Blick auf die Uhr informierte ihn, daß es gerade kurz nach halb drei war.
"Hmpf ...." grunzte Methos müde ins Telefon. Es kostete ihn schon seine ganze Anstrengung die Augen offenzuhalten, geschweige denn dann auch noch seinen Namen zu sagen.
"Methos?" schallte ihm Dawson Stimme fast eindringlich entgegen.
"Hm." Zu einer ausführlicheren Antwort fühlte er sich momentan nicht im Stande.
"Methos, bist du das?"
"Ja!" knurrte er müde. "Joe, es ist halb drei, können wir das nicht zu einer vernünftigen Zeit klären? Ich will in mein Bett."
"Was machst du mitten am Nachmittag im Bett?" fragte Joe etwas irritiert. Methos sah sich um. Es dauerte einen Moment um festzustellen, daß die Rollos noch heruntergezogen waren und es deshalb so finster war. Er sollte sich doch langsam mal einen Digitalwecker anschaffen. Aber zumindest war er jetzt etwas wacher.
"Kann ich vorbeikommen?"
"Tu, was du nicht lassen kannst." Damit legte Methos auf. Träge schleifte er sich in die Küche zum Kühlschrank. Er hatte schon die Bierflasche in der Hand, als er sich doch für Kaffee entschied, um wenigstens etwas munter zu werden. Zwei Tassen später fühlte er sich auch bereit sich eine Dusche und frische Klamotten zu genehmigen. Als Dawson dann an der Tür klingelte, war er wieder halbwegs ansprechbar.
"Methos!" begrüßte dieser ihn. "Wo warst du die letzten zwei Tage?"
"Unterwegs" kam Methos ausweichende Antwort. Er konnte ihm ja schlecht sagen, daß er das recht zweifelhafte Vergnügen genossen hatte, in Taelon-Pläne involviert zu werden. "Aber komm erst mal rein. Auch einen Kaffee?" Dawson nahm dankend an und beide setzten sich in die Küche.
"Hast du was von Mac gehört?" fragte Dawson etwas beunruhigt. "Seit drei Tagen ist er wie vom Erdboden verschwunden." Methos schluckte hart.
"Sieht ihm doch gar nicht ähnlich!" erwiderte er scheinbar unwissend. "Nein, ich weiß auch nicht wo er ist." In gewisser Weise stimmte das sogar. Wenigstens mußte er Joe nicht anlügen - naja, nicht ganz. Schließlich wußte er wirklich nicht wo Mac - oder besser gesagt, seine Leiche - war, und Dawson hatte ja nicht nach seinem Zustand gefragt. Zumindest würde Mac's Hausratversicherung nun nicht mehr ganz so teuer sein - mit nur zwei Quadratmetern Wohnraum. Doch sein eigener Witz schockierte Methos mehr als das er ihn belustigte, dafür war die ganze Sache einfach zu ernst und traurig. Mac war ein Freund gewesen - ein guter Freund und davon hatte er nicht gerade viele.
"Da hast du recht. Verschwindet einfach so sang und klanglos." grumelte Joe. "Vielleicht ist er ja mit Jara durchgebrannt?" Das, was eigentlich als Scherz gedacht war, wurde wesentlich ernster aufgenommen, als angenommen.
"Ja, vielleicht." erwiderte Methos. "Wo ist sie überhaupt?"
"Frag mich was leichteres. Genauso spurlos verschwunden wie MacLeod." Methos nickte. "Ich hab sie mal über die Beobachterdatenbank gecheckt. Da gibt's ja wirklich überhaupt nichts."
"Ich weiß, mit Geheimniskrämerei kennt sie sich bestens aus."
"Ich frage mich bloß, wie sie das geschafft hat." sinnierte Joe. "Ich mein, schließlich muß sie doch auch gekämpft haben. Irgendwann muß sie doch ein Beobachter mal gesehen haben. Aber da ist nichts - niente. Ich habe mich entschlossen, eine Akte über sie anzulegen. Übermorgen werde ich sie offiziell melden und dann wird ihr ein Beobachter zugeteilt."
"Was?!" rief Methos entsetzt aus. Seine Reaktion viel etwas heftiger aus, als gewollt. Reiß dich zusammen, alter Knabe, mahnte er sich selbst.
"Was ist?" wollte Joe nun wissen. Methos Beunruhigung alarmierte ihn.
"Laß das bleiben!" Das war keine Bitte, sondern viel mehr ein Befehl.
"Dann sag mir einen guten Grund." forderte Joe.
"Weil ..." Methos zögerte, "Joe, sie hat seit 3000 Jahren keinen Beobachter, dann sollten wir jetzt auch nicht damit anfangen."
"Das ist doch kein Grund!"
"Nein ..." Methos atmete tief ein, nur um die Luft wieder resigniert auszustoßen. "Nein, das wahrscheinlich nicht, aber ... "
"Jetzt druckse hier nicht so herum. Sag's oder laß es bleiben."
"Du hast es doch schon selbst gesagt. Über sie ist nichts zu finden und du kannst sicher sein, daß es auch so bleiben wird."
"Willst du mir hier Vorschriften machen, oder was?" Joe wurde langsam etwas ärgerlich. Methos schüttelte mit einem traurigen Lächeln den Kopf.
"Ich nicht. Aber sie wird dafür sorgen, so wie sie seit 3000 Jahren dafür sorgt."
"Auf die eine oder die andere Weise, oder? Willst du mir das damit sagen?"
"Ich will damit überhaupt nichts sagen, Joe" schnitt ihm Methos das Wort ab.


***

Fassungslos starrte er auf die rauchende Ruine, die einst Joes Bar gewesen war. Ein Großaufgebot von Feuerwehrleuten lief in einer nur für Eingeweihte ersichtlichen Ordnung umher. Das konnte einfach nicht sein! Drei Feuerwehrleute trugen einen schwarzen Plastiksack heraus. In Methos Herz gab es einen Stich und ihm wurde übel, doch er konnte die Augen nicht von dieser schwarzen Hülle losreißen, die die Überreste seines wahrscheinlich besten Freundes beinhalteten, sollte er dem Reporter glauben schenken. Verflucht, es tat so weh. Woher wußte sie von Joes Vorhaben? Wie konnte sie so schnell reagieren? Es war noch keinen Tag her, als er Joe warnte. Doch er hatte auch MacLeod gewarnt. Unglücklicherweise schenkte keiner der beiden seinen Warnungen Beachtung. Sie waren Narren. Nein! Er war ein Narr. Bedrückt schaltete er den Fernseher ab und es wurde dunkel im Zimmer. Wut machte sich in ihm breit, doch sie war gemischt mit Angst. Angst um sein eigenes Leben, denn so wie es aussah, verwischte sie - wieder einmal - ihr Spuren. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sie ihr Weg zu ihm führen würde. Zum Teufel, selbst der winzige Funke Vertrauen, den er ihr entgegengebracht hatte, schien zuviel gewesen zu sein. Die Zeit mit Ma'el hatte sie nicht verändert, das wußte er nun und er wußte auch, daß er ein Idiot gewesen war, daran zu glauben. Kurze Zeit später wußte er, was nun zu tun war. Er schnappte sich seine Jacke und verließ die Wohnung.


***

Kincaids Blick wanderte wie schon so oft in der letzten Stunde auf seine Uhr. Noch eine halbe Stunde, die ihm wie eine Ewigkeit vorkam. Er schlenderte um den See, doch eine entspannte Stimmung wollte trotz der wunderschönen Landschaft einfach nicht aufkommen. Mit Spannung erwartete er das Zusammentreffen mit Jara. Wieder ein Blick auf die Uhr. Die Zeiger schienen wie festgeklebt. Einerseits quälte ihn sein schlechtes Gewissen, weil er Da'an aufgrund ihres Angebotes, dazu überredet hatte, seine persönliche Artefaktsammlung aus Ma'els Grab mit auszustellen. Korrupt, viel ihm dazu nur ein und das war etwas, was er garantiert nicht sein wollte und doch war er es. Andererseits hielt er diese Artefakte für entbehrlich, falls sie "verloren gehen" würden. Ihr Angebot war für ihn einfach zu verlockend gewesen. Er wußte nicht einmal, warum sie so scharf darauf war, daß eben diese Artefakte ausgestellt würden, aber nahm sich vor, sie danach zu fragen. Ach verflucht, warum mußte alles immer so furchtbar kompliziert sein. Währe sein Vater nicht tot, dann hätte er jetzt auch diese Probleme nicht. Währe - hätte, wenn - dann, na vielleicht konnte die M'Bet'Sharan endlich etwas Licht in die Sache bringen. Es war aber schon ein etwas zufälliger Zufall, daß sie sich gestern abend meldete und dieses Treffen vorschlug. Als hätte sie gewußt, daß er sich diese zwei Tage frei genommen hatte, denn eigentlich wollte er etwas für den Widerstand machen. Den Termin mit einer der Widerstandszellen hatte er gleich nach ihrem Anruf abgesagt. Man konnte das jetzt als egoistisch werten, doch er war so viel für die Taelons und den Widerstand unterwegs, da konnte er es sich sicher mal erlauben, auch was für sich zu tun, vor allem, wenn es um so wichtige Dinge ging.
"Hallo, Liam." schreckte ihn eine weibliche Stimme aus seinen Gedanken. "Lange nicht gesehen." Er drehte sich schwungvoll um und währe ihr dabei fast auf die Füße getrampelt, so dicht stand sie hinter ihm.
"Immer sachte, Kleiner. Meine Füßlein brauche ich noch länger." Kleiner? Ich bin einen ganzen Kopf größer wie du!
"Du warst ja nicht zu finden seit der Ausstellungseröffnung."
"Na, dafür bin ich doch jetzt da! Komm laß uns gehen."
"Wohin?"
"Dort oben ist eine Hütte." Er folgte dem Zeig ihres Fingers, konnte aber nur dichten Wald erkennen, der sich wie ein weicher Teppich, den Berghang hinaufschwang. Er folgte ihr, in Gedanken bei ihrem ersten Treffen, als sich ihre Shakarava berührten. Erst jetzt fiel ihm auf, daß sie mit ihm nicht Englisch sondern in der Sprache seines Vaters gesprochen hatte. Das erste Mal in seinem Leben hörte er den kimerianischen Dialekt. Auf dem Weg zur Hütte kam das Gespräch unwillkürlich auf Ha'gel. Jara war bewußt, daß Liam (noch) nicht über das vollständige Gedächtnis seines Vaters verfügte, doch ihr gefiel es, mit ihm ausschließlich Kimerianisch zu sprechen, denn es war bereits Ewigkeiten her, seit sie das letzte Mal Gelegenheit dazu hatte. Anfangs schien Liam noch verwundert, daß er es verstand, aber er begriff schnell, daß dies ein Teil seines Kimeraerbes war und versuchte sich selbst im sprechen. Doch das war gar nicht so einfach. Er konnte zwar die Sprache selbst, doch mit der Aussprache haperte es gewaltig. Sein Kehlkopf wollte einfach nicht so, wie sein Hirn es verlangte. Ihre aufmunternden Worte, daß es mit der Zeit schon noch werden würde, trösteten ihn in diesem Moment wenig. Als sie endlich die einfache, doch gemütliche Blockhütte erreichten, kümmerte sie sich ums Feuer und das Essen, während er sie weiterhin unentwegt löcherte. Sie unterhielten sich noch bis spät in die Nacht hinein über Kimera, M'Bet'Sharan, Taelons und Jaridians. Liams Hauptinteresse lag vor allem in Ha'gels und ihrer Vergangenheit. Es gab so viel, daß er wissen wollte und es war schon weit nach Mitternacht, als sie beschloß die Sache für heute zu beenden, schließlich würde es morgen ein anstrengender Tag werden. Sie nahm seine Hand und legte die ihre hinein. Ihr Shakarava glühte leicht auf. Ein seltsames Kribbeln durchfuhr seinen Körper. Es war ein eigenartiges Gefühl der Nähe und doch schien sie ihm so unendlich fern. Sie legte einen Finger über seine geöffneten Lippen, bevor er etwas sagen konnte. Noch einem Moment sahen sich beide an, bevor sie aufstand und die Verbindung damit löste. Nachdem die Hütte nur aus einem Raum bestand und auch nur ein Bett zur Verfügung stand, hatte sie auf dem Boden eine zweite Schlafgelegenheit eingerichtet, auf die sie nun zusteuerte.
"Du kannst das Bett haben." sagte sie zu Liam. Danach zog sie sich ungeniert die Kleider aus und schlüpfte in ein altes Leinenhemd, daß aussah, als hätte es noch den Unabhängigkeitskrieg miterlebt.
"Wer kann das nur einem anderen antun?" fragte er entsetzt, als er bei dieser Aktion die Narben sah.
"Jemand, der meinte das Recht dazu zu haben."
"Dazu hat niemand das Recht!"
Sie dreht sich herum und sah plötzlich sehr müde aus. "Dieser jemand hatte es offenbar." Danach kuschelte sie sich in ihre Decke und rührte sich nicht mehr. Liam legte sich ebenfalls schlafen. Das Feuer erhellte den Raum mit seinem roten Fackeln. Doch in seinem Kopf kreisten die Gedanken, bis er endlich doch einschlief.
Das gräßliche Piepen seines Globals riß ihn aus dem Schlaf. Eigentlich war sein Global deaktiviert, doch Da'an hatte einen Code um ihn in wirklich ganz dringenden Notfällen zu erreichen. Hastig klappte er es auf. Er machte den Mund auf, schaffte es aber gerade noch rechtzeitig ihn wieder zuzumachen, bevor etwas auf Kimerianisch heraussprudelte. Beim zweiten Anlauf klappte es besser.
"Was gibt's?" fragte er besorgt.
"Kommen Sie sofort in die Botschaft!" befahl Da'an ungewöhnlich scharf. Na, dann mußte ja wirklich was passiert sein.
"Was ist passiert? Würden Sie mich bitte informieren?"
"Nein!" Hm ... solch kurze und prägnante Antwort sah Da'an aber gar nicht ähnlich. Was war denn jetzt wieder los?
"Ich kann frühestens in zwei Stunden da sein!" Eilig begann er seine Sachen zusammen zu räumen. Jara half ihm dabei, da sie das Gespräch mitgehört hatte.
"Tut mir leid!" Jaras Handbewegung sagte ihm, daß er sich darum keine Gedanken machen brauchte und das es okay war. Keine zehn Minuten nach Da'ans Anruf war Liam auf dem Weg. An der Tür hielt sie ihn kurz zurück.
"Weiß Da'an, das du ein Kimera bist?" Liam nickte. "Interessant, daß er dich trotzdem als Beschützer akzeptiert."
"Ich denke, er macht das genau aus diesem Grund." erklärte Liam. "Aber er hat das Geheimnis immer für sich behalten. Keiner, der anderen weiß, was ich wirklich bin."
"Was würde er wohl sagen, wenn er wüßte, daß du dich mit mir triffst?"
"Ich denke nicht, daß er darüber sehr erbaut wäre. Doch ich werde es ihm bestimmt nicht verraten und so wie ich dich einschätze, du auch nicht." Sie grinste ihn an, dann er drehte sich um und ging. Seine Gedanken waren allerdings nicht mit dem Notfall beschäftigt, von dem er ja sowieso nichts wußte, sondern mit den Ereignissen der letzten paar Stunden.
Sie sah ihm nach, bis er zwischen den Bäumen verschwunden war, dann legte sie ein paar Holzscheite nach um das Feuer im offenen Kamin in Gang zu halten. Diese Nacht würde sie noch hier verbringen, bevor sie morgen auch wieder in die Zivilisation aufbrach. Zivilisation. Sie ließ sich dieses Wort durch den Kopf gehen. So viele Zivilisationen waren gekommen und auch wieder verschwunden. Jede meinte von sich, die richtige und wahre zu sein. Doch in der Regel begnügten sie sich damit eine Grausamkeit durch eine andere zu ersetzen. Den Glauben an so etwas wie Zivilisation hatte sie schon lange verloren. Die Welt würde sich nie ändern ... Da sie nun sowieso schon wach war, räumte sie noch auf um für morgen reisefertig zu sein und legte sich dann wieder schlafen. Eine knappe Stunde später zerbarst die Tür mit einem gewaltigen Krachen in unzählige Teile. Geistesgegenwärtig rollte sie sich vom Bett und griff dabei nach der Waffe unter ihrem Kissen, während sie bereits von beißendem Rauch eingehüllt wurde. Sie registrierte noch die roten Strahlen der Laservisiere, doch bevor sie auch nur einen Schuß abfeuern konnte, wurde ihr Körper von einem Geschoß herumgerissen und blieb leblos am Boden liegen.


***

Zo'or durchstöberte mehr aus Langeweile denn aus wirklichem Interesse Da'ans persönliche Datenbanken. Es hatte schon Vorteile wenn man der Chef der Synode war. Außerdem ließ sich ja bei solchen Aktionen manchmal was Brauchbares finden. Statistiken, Terminpläne, Aufzeichnungen über Da'ans idiotische (so fand zumindest Zo'or) Projekte, aber nichts wirklich Interessantes. Lustlos scrollte er immer schneller durch die Daten. Halt! Na was war denn da? Ein Verzeichnis mit seinem Namen? Welche Daten über ihn konnten so interessant sein, daß Da'an sie in seiner persönlichen und nicht in der Hauptdatenbank speicherte? Er verzweigte tiefer in das Verzeichnis. Es war eine Art persönliches Tagebuch und was Zo'or da las war sehr aufschlußreich und dazu schier unglaublich. Zo'or erstellte sich gerade eine Kopie des Verzeichnisses in seine eigene Datenbank als Sandoval eintrat. Mit einer flüchtigen Bewegung seiner Hand verschwand das Übertragungsfenster.
"Agent Sandoval!" rief er in gewöhnlicher Unfreundlichkeit aus. "Was wollen Sie?"
"Ich denke, es dürfte Sie interessieren zu erfahren, das Da'an die M'Bet'Sharan erwischt hat." Zo'or lächelte verächtlich.
"Woher wollen Sie das wissen? Da'an hätte mir sicherlich davon berichtet, wenn es so wäre." Im gleichen Moment dachte er an die eben überspielten Daten.
"Ich habe diese Information von einem Freiwilligen, dessen Schwester bei einem Sonderkommando ist, welches die M'Bet'Sharan ergriffen hat. Das Shuttle ist vor wenigen Minuten in der Botschaft angekommen. Da'an gab offensichtlich ausdrücklichen Befehl, Sie nicht zu informieren." Dafür, daß Zo'or vor Wut fast geplatzt wäre, hatte er sich ganz gut im Griff.
"Na, dann sollte ich doch nicht versäumen, Da'an zu seinem Fang zu gratulieren." zischte er. Energischen Schrittes ging er zum Portal. "Wo bleiben sie Agent Sandoval?" fauchte Zo'or ihn erbost an, so daß dieser ihm eiligst folgte.


***

Zwei Freiwillige schleiften nicht gerade liebevoll einen leblos wirkenden Körper durch die Korridore und ließen ihn in einen der Räume, die nun als eine Art Zelle genutzt wurde, fallen. Hand- und Fußschellen zierten die Gelenke der Frau. Nachdem die Energieabsperrung aktiviert wurde, stand Da'an vor der Zelle und betrachtete seinen Gast. Ein leicht bläulich schimmerndes Gebilde umhüllte den schwarzen Organismus an und in ihrem linken Arm - das Ka'ha'fey diente zur ‚Verwahrung' und war ihr, sofort nachdem man sie betäubt hatte, angelegt worden.
"Die Betäubung wird noch für mindestens zwei Stunden anhalten." merkte der Freiwilligen-Teamführer an. Da'an fand nicht, daß das Mädchen vor ihm besonders gefährlich aussah, doch er wußte es besser. Er kannte die M'Bet'Sharan nur zu gut um zu wissen, daß diese nicht dazu neigten, Gefangene unter ihren Feinden zu machen. Unglücklicherweise waren die Taelons nicht gerade das, was die M'Bet'Sharan als Freund bezeichnet hätten, doch von denen hatten diese Wesen sowieso nicht allzuviel bis eigentlich gar keine. Aber vielleicht hatte er eine Chance auf ihre Zusammenarbeit ... schließlich hatte sie Ma'el ja nicht getötet, sondern sogar bei ihm gelebt. Konnte dies nur eine hinterhältig geplante Falle gewesen sein um sie jetzt in falscher Sicherheit zu wiegen? grübelte Da'an. Nein, sonst wäre sie schon früher gekommen, schließlich ...
"Netter Fang!" riß ihn Zo'ors ärgerliche Stimme aus seinen Gedanken. Er war der Letzte, den Da'an hier haben wollte. "Und gleich so praktisch verpackt." Auf einen Wink seiner Hand, gingen zwei seiner mitgebrachten Freiwilligen in die Zelle, rissen die bewußtlose Gefangene hoch und schleiften sie Richtung Portal. Zo'or folgte ihnen. Da'an konnte der ganzen Sache nur hilflos zusehen.
"Hintergeh mich nie wieder!" zischte er, als er an Da'an vorbeiging.
"Du kannst sie doch nicht durch das Portal mitnehmen!" war das einzige, daß er Zo'or warnend hinterher rufen konnte. Zo'or zögerte, ups, das hätte er in seiner Wut ja fast übersehen - also das ganze Kommando zurück. M'Bet'Sharans, auch wenn sie bewußtlos waren, in der Interdimension zu transportieren, war nicht gerade das, was man sicher und vernünftig nennen konnte. Warum mußte die Genetik dieser Wesen auch so besonders sein?
"Wo ist Major Kincaid? Er soll uns im Shuttle zum Mutterschiff bringen."
"Er hatte ein paar Tage frei, sollte bald hier eintreffen." brachte Da'an resigniert hervor. Und wie das so ist, wenn man vom Teufel - in diesem Fall eher von Kimera-Mischlingen - spricht, landete gerade ein Shuttle, dem wenig später Major Kincaid entstieg. Mit großen Schritten war er auf dem Weg zu Da'an, als er diesen im Gang traf.
"Da'an, was ist los?" fragte er besorgt. "Ich hab mir wirklich Sorgen gemacht."
"Bringen Sie uns sofort zum Mutterschiff." fauchte ihn Zo'or an, ohne Da'an auch nur die Chance zu geben, etwas sagen zu können. Verwirrt schaute Kincaid Da'an an.
"Tun Sie, was er sagt." erwiderte dieser bedrückt. Kincaids Blick viel auf den leblosen Körper, den zwei Freiwillige an ihm vorbei in Richtung Shuttle schleppten. Liams Herz setzte nicht nur für einen, sondern wohl eher für fünf Schläge aus und es kostete ihn alle erdenkliche Mühe, sich nichts anmerken zu lassen.
"Mach dir keine Sorgen um sie, Da'an. Sie wird sich bestimmt nicht langweilen." Zo'ors seltsames Lächeln und der nicht deutbare Ausdruck in seinen Augen ließen Kincaid frösteln.


***

"Scher dich zum Teufel, Taelon!" fauchte sie Zo'or eine knappe Stunde später an. Die Betäubung wirkte wohl doch nicht so lange wie angenommen.
"Nana, wir können die ganze Unterhaltung angenehm oder auch sehr unangenehm fortsetzen."
"Unterhaltungen mit euch sind meistens unangenehm." Eine viertel Stunde später war Zo'or stinksauer und keinen Millimeter weiter.
"Ich erfahre schon was ich wissen will!" erwiderte er mit einem hinterhältigenLächeln. Auf einen Wink seiner Hand zerrten sie zwei Freiwillige auf eine Art Zahnarztstuhl und fixierten sie.
"Kennst du schon unsere neueste technische Entwicklung?" Ohne eine Antwort abzuwarten fuhr Zo'or fort. "Nein, natürlich nicht, oder?" Zo'ors sadistisches Glucksen hallte durch den Raum.


***

Bronzezeit, Reiterlager


Wieder hinterließ die Peitsche auf ihren nackten Rücken blutende Striemen und es waren bei weitem nicht die ersten. Sieben Lederriemen mit je acht Knoten, die mit jedem Schlag unerbittlich 56 Zeichen setzten. Sie fürchtete diese Peitsche nicht, doch sie fürchtete den, dessen Arm erneut ausholte um sie Gehorsam zu lehren.
"Sage es!" befahl sein Stimme erbarmungslos.
"Dein ... Wille ..." sie zögerte und schluckte hart. Wieder ein Schrei als die Peitsche auf ihren Rücken sauste.
"Dein ... dein ... Wille ... ist" sie kämpfte mit sich selbst. Es viel ihr so verdammt schwer, das, was er verlangte, auszusprechen. Wieder die Peitsche, gefolgt von einem Schrei. Es waren doch nur Worte, oder? Warum kam es ihr dann so vor, als würde sie sich selbst verraten? Noch ein Peitschenhieb.
"Dein Wille ... ist ... mein ... Gesetz ... Herr." preßte sie stockend zwischen zusammengebissenen Zähnen resigniert hervor.
"Na also, geht doch!" Jedesmal war es das gleiche, wenn er sie zu sich auf sein Lager holte. Dieses kleine Häufchen Dreck, wagte es doch tatsächlich, ihm seine Wünsche zu verwehren, obwohl sie doch wußte, daß sie gegen ihn nichts ausrichten konnte. Ein paar (es wurden meistens ein paar mehr) Schläge oder die Peitsche, verhalfen dazu, sie gefügiger zu machen. Nachdem er seinen Spaß mit ihr hatte, stieß er sie vom Lager wie einen räudigen Hund und sie legte sich klein zusammengerollt zu den Füßen ihres Herrn auf den kalten Boden.

***

Zo'or betrachtete emotionslos die sich windende Gestalt auf dem Stuhl. Es sah fast so aus, als erhielt sie eine Wurzelbehandlung ohne Narkose. Doch hierbei handelte es sich nicht um so etwas angenehmes wie einen Zahnarzt, sondern um etwas weitaus Reelleres - die Vergangenheit. Zo'or war doch immer wieder beeindruckt, wie gut diese Erinnerungsmaschinen funktionierten. Zu seiner Enttäuschung mußte er allerdings feststellen, daß er zwar ihre Erinnerungen herankam, doch nur das wenigste davon verstand. Die Sprachen waren teilweise so alt, daß sich niemand mehr daran erinnerte, geschweige denn sie noch sprach. Wie sollte er also herausbekommen, was sie wußte? Tausende von Jahren galt es aufzuarbeiten und von einem fähigen Übersetzer fehlte weit und breit jede Spur. Zo'or war von dieser Zeitspanne durchaus nicht beeindruckt, wußte er doch nur zu gut, daß es für das Wesen vor ihm nicht mehr als ein Wimpernschlag war. Sollten ihre Erinnerungen nicht noch viel weiter zurück reichen? War es ihm nur möglich auf die Erinnerungen zuzugreifen, die ihm menschlichen Gehirn dieses Wesens abgespeichert waren? Zumindest hatte es den Anschein. Zo'or studierte aufmerksam das Geschehen vor sich auf dem Bildschirm. Die Grausamkeiten schockierten ihn weniger als das sie ihn auf seltsame Weise faszinierten. Dieser Mann - offensichtlich war sein Name Methos - ja, er wußte um die Verlockungen jener besonderen Macht - die Macht über Leben und Tod. Auch Zo'or hatte schon davon gekostet und konnte diese Erfahrung nicht vergessen. Dieser Methos hatte diese Macht in vollen Zügen genossen ... Der kleine Funke des Verlangens in Zo'or hatte neue Nahrung gefunden und vielleicht ...


***

Auch Da'an hatte die Aufzeichnungen (zumindest teilweise) betrachtet, jedoch mit ungläubigem Abscheu. Er mußte dabei feststellen, daß er nicht im entferntesten eine Ahnung davon hatte, was die schlichten Worte Folter und Unterwerfung, die Ma'el ohne weiter darauf einzugehen, in seiner kurzen Notiz verwendete, für sie in der Realität bedeutet hatten. Mit wem hatte er sich da bloß eingelassen? Wenn er ihren Erinnerungen glaubte, war er der Tod. Trotz seines Ekels, entging ihm die Ironie der ganzen Sache nicht - der Tod war das Opfer des Todes geworden. Glücklicherweise würde er sich mit diesem Kerl nie wieder herumschlagen müssen, da dieser garantiert schon über alle Berge war. War er wirklich nur an seinem Kopf interessiert? War es diese ungeheuere Menschenverachtung und Arroganz, die Methos dazu veranlaßt hatten, sie zu verraten? Da'an glaubte so etwas wie Wut in Methos gespürt zu haben, als dieser bei ihm war. Doch Methos war ein sehr verschlossener Mensch, aus dem er nicht recht klug wurde. Na, zumindest war es ihm gelungen Liam aus dem Schußfeld zu bringen. Hoffentlich machte der Kimera jetzt keine weiteren Dummheiten. Und doch begriff er nicht, warum die M'Bet'Sharan das alles zugelassen hatte. Methos, Ma'el, Liam ...? Eine Idee durchzuckte sein gemartertes Hirn. Vielleicht konnte Methos ... verdammt, warum hatte er nicht früher daran gedacht???


***

Da'an ging näher auf das in der Ecke kauernden Wesen zu. Ihn erstaunte zu sehen, daß es vor seine Nähe zurückzuckte und sich nur noch tiefer in die Ecke drückte, um möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten. Auch wenn ihr die Hand- und Fußfesseln dabei einige Schwierigkeiten bereiteten. Das Ka'ha'fey leuchtete schwach bläulich und zeigte damit, daß es noch aktiv war. Es stammte aus dunkler Vorzeit, als das Gemeinwesen noch nicht existierte und man bemüht war, das Shakarava auf andere Weise unter Kontrolle zu halten. Es war überaus wirksam, brachte leider jedoch auch einige recht unangenehme Nebenwirkungen mit sich und von daher war man schnell wieder davon abgekommen. Doch es war die einzige Möglichkeit eine M'Bet'Sharan unter Kontrolle zu halten, damit sie keine Gefahr mehr für die Taelon darstellen konnte. Er erinnerte sich an ihre Worte, als sie ihm im Shuttle von dieser Hölle berichtete und er wußte nur zu gut, daß er dies nicht beurteilen konnte, da er erst in den Zeiten des Gemeinwesens geboren wurde und nie selbst ein Ka'ha'fey getragen hatte.
"Jara, ich will dir nichts tun." sagte er sanft. "Ich will nur mit dir reden." Vorsichtig und trotzdem herausfordernd lugte sie ihn aus ihrer schützenden Haltung heraus an.
"Das wollte Zo'or auch." erwiderte sie bitter.
"Manche Dinge lassen sich leider nicht vermeiden." Jara schnaubte verächtlich. Offensichtlich war ihr Sturkopf nicht in Mitleidenschaft gezogen worden.
"Was willst du?" fragte Jara hart. "Informationen? Meinst du, weil Zo'or mit seinen Methoden nichts aus mir rauskriegt, schaffst du das jetzt auf die höfliche Tour?" Da'an ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.
"Du weißt nur zu gut, daß wir Taelons eine aussterbende Rasse sind. Es ist doch nur eine Frage der Zeit."
"Fragt sich nur wer schneller ist, die Zeit oder die Jaridians?" erwiderte sie spöttisch, doch Da'an ging nicht darauf ein.
"Ma'el hatte die Lösung, oder? Und du weißt wo sie ist!" Er sah fast bettelnd in ihre kalten Augen. "Hilf uns zu überleben!" Jara gab ein paar Grunzer von sich, was von Lachen bis Knurren alles sein konnten. In ihren Augen konnte er nicht die kleinste Regung erkennen.
"Warum sollte ich?" fragte sie kalt.


***

"Augur, endlich!" Liam klang erleichtert, als er das Gesicht seines Freundes auf dem Global erblickte. "Jara steckt in Schwierigkeiten!"
"Jara? Du hast sie gefunden?" Liams schlechtes Gewissen meldete sich. Er hatte Augur nichts davon erzählt, daß er sich mit Jara treffen wollte, obwohl er sich nun nicht mehr daran erinnern konnte, was der Grund dafür war. Nicht gerade die feine Art mit einem Freund umzuspringen, vor allem wenn dieser einem ständig half.
"So kann man es auch sagen."
"Was verstehst du unter Schwierigkeiten?"
"Die Taelons haben sie geschnappt!"
"Oh Mann!"


***

Zo'or ging in seine Räumlichkeiten und genehmigte sich erst mal ein Energiedusche. Als er dann so richtig entspannt und ausgeruht war, machte er sich wieder an Da'ans Datenbankkopien und die Erinnerungen der M'Bet'Sharan. Ihn ließ das Gefühl nicht los, daß er hier etwas sehr Wichtiges übersehen hatte. Immer und immer wieder scrollte er durch die Daten. Warum kam er an ihre Erinnerungen mit Ma'el nicht heran? Es war als würde sie ihm den Zugriff darauf versperren. Vielleicht sollte er mal mit Da'an reden. Kein Viertelstunde später unterbrach die Aktivierung des Portals im Arbeitszimmer der Botschaft das Gespräch zwischen einer jungen Freiwilligen und Da'an. Diese verabschiedete sich bei Zo'ors auftauchen und verließ schnell den Raum. Zo'or schaute ihr noch etwas fragend hinterher bevor er sich an Da'an wand.
"Die M'Bet'Sharan ist nicht sehr hilfsbereit." informierte Zo'or Da'an.
"Hast du etwas anderes erwartet?" antwortete Da'an, der sich gerade fragte, ob sein Sohn wirklich so naiv war, das anzunehmen.
"Nein, eigentlich nicht." Zo'or schien plötzlich sehr nachdenklich. "Das Problem ist, daß wir einfach über keinen geeigneten Übersetzter verfügen."
"Ich glaube, ich habe da einen geeigneten Mann an der Hand. Er ist ein Mitarbeiter von" ja von was???? "Doors!" Puhhh! Manchmal erstaunte Da'an sich selbst mit seiner Kreativität in Punkto Notlügen.
"Und du meinst, er könnte das alles übersetzen?"
"Ms. Palmer meinte, daß er der Beste auf seinem Gebiet ist. Ein Genie wenn es um antike Sprachen geht. Außerdem ist er absolut vertrauenswürdig." Was ja auch kein Wunder war, wenn man bedachte, wie alt der Kerl war. Doch diesen Gedanken behielt Da'an für sich selbst. Er hoffte nur inständig, daß Methos wirklich so gut darin war wie er vermutete und er sich hier jetzt nicht sein eigenes Grab schaufelte.
"Gut, er soll sofort mit er Arbeit beginnen."
"Da gibt es leider ein kleines Problem. Mr. Pierson tritt nämlich heute seinen Urlaub an und ist nirgends erreichbar."
"Das kann doch wohl nicht wahr sein! Der Kerl soll sofort hier auftauchen." Da'an kam gerade ein anderer erschreckender Gedanke. Wie sollte er Zo'or plausibel erklären, daß Methos und Pierson sich erschreckend ähnlich sahen? Hm ... aber vielleicht erkannte er ihn ja auch nicht, denn solch blaue Farbe im Gesicht und eine lange Zottelmähne konnten das Aussehen schon gewaltig verändern. Aber für eine gute Erklärung war Zeit, bis sie Pierson hatten. Vielleicht war gar keine Erklärung doch eine gute Erklärung. Zufälle passierten ... oder?
"Ich werde Mrs. Palmer bitten, die entsprechenden Daten sofort an Agent Sandoval weiterzuleiten."
"Gut, mach das." Zo'or betrat das Portal, als ihm noch etwas einfiel.
"Kann es sein, daß sie bewußt ihre Erinnerungen vor uns verbergen kann? An die Erinnerungen mit Ma'el komme ich nämlich nicht heran, sondern lande immer wieder bei diesen gräßlichen vier Typen." Da'an neigte nachdenklich den Kopf.
"Sie ist eine M'Bet'Sharan. Was erwartest du denn?" Das Portal aktivierte sich. Da'an stand noch eine Weile grübelnd da. Ihm ging Jara nicht aus dem Kopf. Bevor sie ihm die Frage nach dem Warum stellte, hätte er ihr noch Tausende von Antworten geben können, doch in diesem Moment war sein Kopf wie leergefegt. Denn erst da wurde ihm bewußt, daß er keinen überzeugenden Grund wußte, warum eine M'Bet'Sharan den Taelons helfen sollte.


***


Er wollte gerade seinen Koffer für den Flug nach Bora Bora aufgeben, als sich eine Hand von hinten auf seine Schulter legte.
"Darf ich?" fragte eine amtliche Stimme und nahm der verdutzten Flugangestellten den Reisepaß aus den Fingern. "Ich muß sie bitten, mit uns zu kommen, Mr. ..." Ein kurzer Blick in den Paß zeigte dem Mann Adams Namen. "Mr. Pierson." Dieser drehte sich ärgerlich um.
"Was soll das?" Seine Begeisterung hielt sich in Grenzen, als er in die Gesichter von vier unglaublich ‚fröhlichen' Freiwilligen blickte, die ihm finster entgegen starrten.
"Ihr Urlaub ist hiermit gestrichen!" informiert ihn ein asiatische Typ steif, der auch seinen Paß in Händen hielt und offensichtlich das Kommando hatte. Urlaub? dachte Methos verwirrt.


***

Zo'or beobachtete interessiert seinen ‚Gast', der offensichtlich gelangweilt die Wände der Zelle musterte. Schon wieder, dachte dieser gerade genervt. Warum können sich diese bescheuerten Taelons nicht mal was anderes einfallen lassen? Haben die noch nie was von einer Essenseinladung oder sowas in der Richtung gehört? Nein, die müssen ja immer gleich einen ganzen Trupp von Freiwilligen vorbei schicken, damit es auch wirklich jeder mitkriegt. Also irgendwie wurde er mit denen einfach nicht warm.
"Mr. Pierson!" begrüßte ihn der fremde Taelon auffallend freundlich. Da'an nickte ihm aufmunternd zu. Offensichtlich hatte dieses Plappermaul von Da'an seine Klappe nicht halten können. Hätte er sich ja gleich denken können. Methos ohrfeigte sich innerlich.
"Wer sind sie?" fragte Methos aufgebracht.
"Oh, Sie erkennen mich nicht?" Der Taelon wirkte etwas enttäuscht. "Ich bin der Führer der Synode - Zo'or."
"Ich bin wirklich begeistert." erwiderte Methos unbeeindruckt. "Können Sie mir jetzt mal sagen, was hier los ist? Warum wurde ich verhaftet?" Fast hätte er ein ‚wieder mal' hinzugesetzt.
"Sie wurden nicht verhaftet." brachte Da'an erklärend ein. "Wir brauchen nur Ihre Fähigkeiten in Bezug auf ihre Wissen über antike Sprachen. Mrs. Palmer, von ihrem Arbeitgeber Doors International sagte uns, Sie seien Spezialist dafür." Da'an hoffte inständig, daß er Methos damit genügend Hinweise gegeben hatte, damit dieser auf diese Lüge anspringen würde. "Es tut uns leid, wenn wir Ihren wohlverdienten Urlaub unterbrechen mußten, aber es ist wirklich wichtig." Hoppla, was wurde denn hier gespielt? Was hatte dieser verfluchte Da'an vor?
"Könnten Sie sich mal bitte etwas genauer ausdrücken? Schließlich ist mein Flieger nach Bora Bora gerade ohne mich abgeflogen." Zo'or ärgerte sich über die Respektlosigkeit mit der dieser Mann mit ihnen sprach. Er würde hier mal ein ernstes Wort mit Rene Palmer sprechen.
"Wir haben einige Aufzeichnungen in antiker Sprache, zu denen wir eine Übersetzung benötigen - das ist alles." schnitt Da'an Zo'or besänftigend das Wort ab, da dieser anscheinend gerade zu einer Zurechtweisung ansetzen wollte. "Ich habe hier einen Ausschnitt." Er klappte das Global auf und hielt es Pierson vor die Nase.
"Dein Wille ... ist ... mein ... Gesetz ... Herr." hörte er da eine überaus bekannte weibliche Stimme. "Na also, geht doch!" erwiderte seine Stimme. Das Bild, das er dazu sah, erschreckte ihn.
"Wo zum Teufel haben Sie das her?" fragte er verdattert.
"Ich denke nicht, daß das für Sie von Bedeutung ist. Können Sie es übersetzen oder nicht?" fuhr in Zo'or nicht gerade freundlich an. Pierson blickte zwischen den beiden Taelons hin und her. Dabei entging ihm Da'ans flehender aber zugleich auch warnender Blick nicht. Konnte es sein, daß dieser
verfluchte Taelon ihn gerade wieder in ein Problem hineingezogen hatte, von dem er meinte, es gelöst zu haben? Irgendwie hatte er das Gefühl, er sollte hier mitspielen, wenn er noch etwas länger frei auf Erden wandeln wollte.
"Ja, ich denke ich kann es übersetzten. Wird aber nicht gerade einfach werden." Da'an fiel ein Stein vom Herzen.
"Gut, dann fangen Sie gleich an." Zo'or wand sich zum gehen, doch dann zögerte er kurz und drehte sich wieder zu Pierson um.
"Es könnte sein, daß Sie nicht gerade angenehme Sachen sehen werden. Alles was Sie hier sehen und hören, ist streng geheim. Sollten Sie jemals das Bedürfnis verspüren darüber zu reden, dann ..." Zo'ors Blick vollendete den Satz in eindeutiger Weise, bevor er sich endgültig zum gehen entschloß.
"Was soll das hier?" fauchte Methos Da'an verärgert an, als sie allein waren. Dieser lächelte etwas verlegen.
"Ich glaube, ich bin ihnen eine Erklärung schuldig ..."


***

Bronzezeit, Reiterlager


"Tu es!" dröhnte die Stimme ihres Herrn. Das Mädchen kauerte am Boden und versuchte den Dolch, der vor ihr in der Erde steckte zu übersehen.
"Ich sagte, du sollst den Dolch nehmen!" Doch sie rührte sich nicht. Irgendwo in ihrem Hirn, hatte sich der aberwitzige Gedanke festgesetzt, daß es nicht so weit kommen würde, doch ihr Verstand wußte es besser. Methos riß den Dolch aus dem Sand und drückte ihn ihr in die Hand. Da sie keine Anstalten machte, ihn zu nehmen, preßte er ihre Hand schmerzhaft um den Griff. Sie versuchte aus Leibeskräften ihre Hand zurückzuziehen, doch Methos Griff war wie eine Klammer aus Stahl, die sie unerbittlich nach vorn trieb. Sie sah die schreckensgeweiteten und angsterfüllten Augen ihres an einen Pfahl gefesselten Gegenübers.
"Nein! Bitte nicht!" schrie die junge Frau panisch. Doch die Reiter hatten keine Verwendung für eine Schwangere und bei der Gelegenheit konnte man so manchen gleich mal beibringen, wer hier im Lager Entscheidungen traf.
"Nein!" schrie nun auch Jara. Methos Griff führte Jaras Hand mit dem Dolch. Seiner Umklammerung konnte sie nicht entkommen. Stunden später so schien es, verließ ein letzter Atemzug das gequälte Wesen, das nun mehr stückchenweise im Sand verstreut lag. Selbst vor dem Fötus war Methos nicht zurückgeschreckt. Methos ließ Jaras Hand los und ging, doch sein grausames Lachen hallte noch lange in ihrem Kopf. Apathisch saß sie im blutgetränkten Sand und starrte auf ihre rotgefärbten Hände, die diese Frau und ihr Ungeborenes auf bestialische Weise getötet hatten. Nicht einmal weinen konnte sie, denn dafür saß der Schock und ihr Haß und Ekel vor sich selbst zu tief. Sie hatte getötet und es war dabei nicht wichtig, daß Methos sie gezwungen hatte. Selbst als sie gespürt hatte, wie sich Methos Griff lockerte und seine Hand sie nicht mehr führte, war ihr unmöglich aufzuhören obwohl alles in ihr dagegen ankämpfte. Das Messer hinterließ dennoch tiefe Schnitte im Fleisch. Doch als sie dann letztendlich zu zögern begann, wurde Methos Umklammerung wieder fester. Sie wußte nicht mehr, wie sie zum Fluß kam, aber das kalte Wasser brachte das Leben in sie zurück und nahm das Blut an ihren Händen mit. Sie tauchte unter, vielleicht würde das Wasser auch die Erinnerung mitnehmen, doch sie wußte es besser. Den toten Körper der Frau erwartete nicht mehr als die Geier. Doch was würde sie erwarten?*

Methos sackte immer mehr in sich zusammen. Die Erinnerungen eines anderen zu betrachten war eine völlig neue Erfahrung für ihn. Er wußte, daß er damals eine Bestie war, doch so deutlich wie jetzt, stand es ihm noch nie vor Augen.


***

"Kannst du mir mal bitte sagen, was da gerade abläuft?"
"Was meinst du Augur?" fragte Liam nach.
"Pierson ist ebenfalls zum Mutterschiff gebracht worden. Soweit ich herausbekommen habe, hat Sandoval ihn am Flughafen aufgelesen, als er gerade nach Bora Bora aufbrechen wollte."
"Pierson ist hier? Irgendwie fühle ich mich etwas uninformiert ... konntest du wenigstens was mit den Zugangscodes machen?"
"Nein, ich arbeite noch daran, aber Zo'or hat sich wirklich mächtig ins Zeug gelegt, den Bereich, in dem sich Jara aufhält zu schützen." Da'an stapfte gedankenverloren an Liam vorbei, ohne in wirklich wahrzunehmen. Dieser klappte sein Global zu und sprintete hinter ihm her.
"Da'an, warten Sie, ich muß mit Ihnen reden." Offensichtlich erstaunt über die Anwesenheit seines Beschützers drehte sich der Angesprochene herum.
"Was gibt es Major Kincaid?"
"Wegen welchen Notfall sollte ich eigentlich zurückkommen? Doch nicht um Zo'or mit der Gefangenen zum Mutterschiff zu fliegen." Da'an lächelte bedrückt.
"Ich denke, die können sich freuen, nicht zum Notfall zu gehören, oder?" Es dauerte einen Moment bis Liam begriff auf was Da'an anspielte. Kincaid war wie vor den Kopf geschlagen.
"Woher wußten Sie ...?" Da'an unterbrach mit einer für Taelons typischen Handbewegung seine Frage.
"Seien Sie froh. Ihr Kopf wäre für den Moment aus der Schlinge. Wie kommen Sie nur dazu sowas zu machen?"
"Sich mit ihr zu treffen meinen sie? Nicht um sie zu verraten, falls Sie das denken. Es war ganz für mich persönlich. Ich hoffte, Sie könnte mir helfen meinen kimerianischen Teil besser zu verstehen."
"Weil ich Ihnen anscheinend nicht helfen konnte ..." erwiderte Da'an traurig. "Und hat sie?"
"Soweit kamen wir dank Ihnen nicht ..." Die beiden verstummten. Erst als der Freiwillige um die nächste Ecke verschwunden war, sprachen sie weiter.
"Da'an, Sie müssen ihr ... mir helfen!" bat Kincaid. "Ich muß mit ihr reden, doch meine Zugangscodes erlauben es mir nicht, in diesen Bereich des Mutterschiffs zu gehen."
"Major Kincaid, für wen halten Sie mich?" Damit drehte sich Da'an um und ließ Kincaid einfach stehen.


***

Bronzezeit, Reiterlager


Die Sonne senkte sich schon tief über die fernen Hügel und tauchte die Sandsteinfelsen am Ufer in ein leuchtendes rot. Nachdem sie ihre sonstigen Aufgaben im Lager erledigt hatte, verbrachte sie den restlichen Nachmittag damit, die Tiere am Fluß zu tränken und die Kleidung ihres Herrn - es kostete sie nach all der Zeit immer noch Überwindung, ihn so zu nennen - im Fluß zu waschen. Es würde wahrscheinlich noch etwas dauern, bis die Reiter ins Lager zurückkehrten und so blieb ihr noch etwas Zeit, die sie für ein genüßliches Bad im kühlenden Naß nutzen konnte. Es kam selten vor, daß sie Gelegenheit dazu hatte. Sie schwamm hinüber bis zum anderen Ufer und wieder zurück, tauchte nach Kieseln und fühlte sich seit langer Zeit wieder halbwegs lebendig. Für einen Moment war sie wieder zurück bei ihrem Stamm. Die Reiter waren vergessen. Ihre Mutter stand am Ufer und sah ihr lächelnd zu. Doch das Licht der Sonne blendete sie zu stark, als daß sie sie genau erkannt hätte. Mit gleichmäßigen fließenden Bewegungen schwamm sie ihrer Mutter entgegen. Ein seltsames Kribbeln, daß ihr in den letzen Jahren sehr vertraut geworden war, machte sich in ihrem Körper breit. Die Gestalt am Ufer war nicht ihre Mutter. Der Schreck fuhr ihr in die Knochen als sie das grimmige Gesicht von Methos ihren Herrn erkannte. Als ihre Füße endlich sandigen Grund berührten, blieb sie mit gesenktem Kopf im Wasser stehen, ihre Kleider lagen unerreichbar hinter ihm.
"Hier treibst du dich also rum!" fuhr er sie zornig an. "Vielleicht muß ich dich ja daran erinnern, was deine Pflichten sind." Die Peitsche, die normalerweise an seinem Gürtel hing, lag nun fest in seiner Hand.
"Verzeih. Ich habe deine Kleider gewaschen und die Tiere getränkt." versuchte sie sich zu entschuldigen.
"Und was suchst du dann im Wasser anstatt deine Arbeit zu machen?"
"Ich wollte ein Bad nehmen, damit ich dir heute abend besser gefallen kann." Ihr Kopf war weiterhin gesenkt. Sie hoffte inständig, daß er ihr glauben würde, denn sie war nicht gerade begeistert von dem Gedanken an seine Peitsche. Zweifelnd sah er sie an, doch sein Zorn war bereits verraucht.
"Komm raus und hilf mir!" befahl er. "Ein Bad wird mir jetzt auch gut tun." Ohne zu zögern kam sie aus dem Wasser und begann die Verschnürung seines Wams zu lösen. Er hatte ihren Körper schon zu oft nackt gesehen, als das es sie noch störte. Außerdem war sie doch sein Eigentum und wer war sie schon, ihm das, was ihm gehörte, vorzuenthalten. Er setzte sich auf einen flachen Stein im Wasser, so daß nur noch die Hälfte seines Oberkörpers zu sehen war und sie begann mit einem Tuch seinen Rücken abzureiben.
"Wie machst du das?" fragte er unvermittelt, während sie ihm den Staub aus den Haaren wusch. Sie zuckte zusammen. Es kam selten vor, daß er sie etwas fragte und wenn, waren es meist rhetorische Fragen, auf die er keine Antwort erwartete.
"Was?" fragte sie vorsichtig nach.
"Na, du bist wie ein Fisch im Wasser." Er war ihren seltsamen Bewegungen im Wasser des längeren interessiert gefolgt, bevor sie ihn bemerkte. Diese Art von Fortbewegung im Wasser war ihm zwar nicht fremd, doch er war Zeit seines Lebens noch nie versucht gewesen, es selbst zu lernen und das war bisher schon ein langes Leben.
"Meine Mutter hat es mich gelehrt."
"Kann nicht so schwer sein!" meinte er.
"Man muß es lernen, wie das laufen."
"Zeig es mir!" Sie zeigte es ihm und stützte ihn, als er es versuchte. Doch er war unsicher und brachte nur unkoordinierte Bewegungen zustande, wobei er zudem noch eine Menge Wasser schluckte. Panik ergriff ihn, denn ertrinken war für ein schrecklicher Tod, den er nicht noch mal erleben wollte. Was bei ihr so leicht aussah, machte ihn in seiner Unfähigkeit wirklich zornig. Schnaubend verließ er das Wasser und zog sich wütend an. Auch das Mädchen streifte sich ihre Kleider über. Er erhaschte noch den Hauch eines amüsierten Lächelns auf ihrem Gesicht, der augenblicklich verschwand, als er sich in ihre Richtung drehte. Zwei schallende Ohrfeigen schickten sie auf den Boden, gefolgt von ein paar Fußtritten.
"Findest du das auch noch lustig?" fauchte er sie an und stapfte Richtung Lager davon. Langsam rappelte sie sich hoch und sammelte die trockene Kleidung ein, bevor sie ihm folgte - ein breites Grinsen im Gesicht. Selbst Herren sind nur Menschen ... äh ... Unsterbliche. An diesem Abend betrachtete er sie eingehend, nachdem sie ihm gedient und seine Lagerstatt verlassen hatte, um sich auf ihrem Platz zu seinen Füßen auf dem Boden schlafen zu legen. Seit ihrem ersten Tod waren über drei Jahr vergangen. Es waren noch mehr Tode notwendig gewesen um sie zu zähmen, aber nun deutete nur noch wenig auf das widerspenstige Mädchen hin, daß sie einmal war. Wenn sie jedoch die Grenze überschritt, war jedoch trotzdem noch die Peitsche notwendig um ihr ihren Platz zu zeigen. Zwar war sie hauptsächlich zu seiner Sklavin geworden, doch da die Reiter Brüder waren und Brüder teilten, teilte er auch sie. Ihr Gehorsam beruhte auf der irrwitzigen Hoffnung, daß er sich eines Tages erbarmen würde und sie endgültig tötete. In den nächsten Tagen trieb ihn sein Sturkopf immer wieder dazu an, das Schwimmen zu probieren, schließlich konnte das im weiteren Verlauf seines Lebens ja mal nützlich sein. Es viel ihm schwer, diese Schwäche, vor seiner Sklavin zuzugeben. Aber er war alt genug, um zu wissen, wann man die Füße stillhalten muß, um etwas nützliches zu lernen.
"Hör endlich auf so blöd in der Gegend rumzustrampeln" fuhr sie ihn an. Wäre er nicht gerade voll damit ausgelastet gewesen, über Wasser zu bleiben, hätte er diese Frechheit nicht geduldet. "Du spürst doch mein Hand! Ich laß dich schon nicht untergehen." Wobei sie eigentlich große Lust dazu verspürte. Doch sie wußte, daß sie ihn damit nicht los werden würde. Eine unbedachte Handlung und sie konnte ihren Plan und sich selbst begraben. Ihre Hand hielt ihn über Wasser und mit der Zeit fühlte er sich sicher und je sicherer er sich fühlte um so besser funktionierte es. Keine drei Monate später schwamm er selbst als hätte er nie etwas anderes getan, während sie am Ufer damit beschäftigt war, Blut aus seinen Kleidern zu waschen. Methos schwamm auf sie zu, ihre Augen folgten ihm. Zum aller ersten Mal seit sie seine Sklavin war, machte sich auf ihrem Gesicht ein zufriedenes und vielleicht ein kleinwenig stolzes Lächeln breit in dem kein Fünkchen Angst zu sehen war - er war ein guter Schüler. Ein weiterer Schritt in Richtung Rache war getan.


Seit nunmehr drei Tagen war er auf dem Mutterschiff und noch keinen Schritt weiter. Diese Frau trieb ihn wirklich in den Wahnsinn. Zo'or war sowieso nicht gerade die Geduld in Person und unter Druck arbeitet es sich nicht besonders gut. Immer wieder betrachtete er sich ihre Erinnerungen, die in ihm, obwohl er es nicht wahrhaben wollte, ein schlechtes Gewissen verursachten. Doch diese Sequenz stimmte ihn überaus nachdenklich. Methos erinnerte sich gut an die damaligen Geschehnisse. Nicht daß dieser Moment am Fluß der Beginn einer wunderbaren Freundschaft gewesen wäre, doch so im nachhinein mußte er dann doch zugeben, daß dies der Zeitpunkt war, an dem sich seine Beziehung zu dieser Sklavin zu verändern begann. Hätte er seinerzeit schon die Konsequenzen erkannt, wäre es wohl nie so weit gekommen. Damals hatte er noch nicht einmal ihren Namen gewußt, den er erst viele Jahrzehnte später erfuhr, als er sie bei Ma'el wiedertraf. Er würde bestimmt nicht vergessen, wie Ma'el mit ihr im Schlepptau aufgetaucht war und sie als Jara vorstellte. Als Methos sie sah, war er versucht in Panik das Weite zu suchen und ihr ging es da wohl ähnlich, wenn wahrscheinlich auch aus anderen Gründen. Spätestens als die beiden mit dem Schwert aufeinander losgingen, wußte Ma'el, daß es sich hier zwar um Bekannte aber nicht um Freunde handelte. Es kostete ihn größere Mühe, die beiden auseinanderzubringen, ohne daß dabei er selbst auch noch den Kopf verlor. Bis zum Abend hatte er sie dann wenigstens so weit, daß sie gemeinsam mit ihm aßen, wenn auch im größtmöglichen Abstand zueinander. Ma'el machte Freud wirklich Konkurrenz. Jara und er wurden zwar nicht die dicksten Freunde, doch zumindest erhoben sie nicht mehr das Schwert gegeneinander. Ma'el hatte ... ein Klopfen an der Tür brachte ihn aus seinen Gedanken ...
"Ja, was ist denn?" rief er genervt und öffnete die Tür. Liam drückte sich schnell an im vorbei ins Zimmer.
"Hey!" brachte Methos gerade noch heraus, schloß aber dann die Tür. Es würde wohl nicht so gut sein, wenn man ihn mit Liam sah. Zo'or betrachtete in sowieso schon immer so komisch, als ob er etwas ahnen würde. Die Ähnlichkeit war einfach nicht abzustreiten. Glücklicherweise wußte Zo'or nichts über Unsterbliche.
"Was sind Sie eigentlich für eine verdammter Bastard, Pierson!" fuhr in Liam unvermittelt an. "Was hat Sie Ihnen denn getan? Warum arbeiten Sie auf einmal für die Taelons?"
"Immer langsam mit den jungen Pferden. - Du meinst Jara?" fragte er noch etwas verwirrt, kehrte aber dann zu seiner alten Form zurück. Schließlich war er ja im Recht mit dem was er tat ... oder? Diesen Zweifel wurde er einfach nicht los, doch von diesem kleinen Wichtigtuer würde er noch lange nicht kuschen.
"Da kann ich dich genau so gut fragen, warum du so auf ihrer Seite bist."
"Weil sie ..." Kincaid verbiß sich die Antwort, denn er wollte diesem Pierson nicht gerade auf die Nase binden, was der wirkliche Grund war und außerdem war er nicht hier um Fragen zu beantworten, sondern um sie zu stellen.
"Sie ist eine Freundin."
"Ach so!" In Methos brach der Zyniker mal wieder durch. "Glaub mir, Leute wie Jara haben keine Freunde! Mit was hat sie dich geködert?" fragte er herausfordernd. "Daß sie mit dir in die Kiste hüpft? Oder mit einem anderen ihrer meist unwiderstehlichen Gefallen?"
"Äh ... nichts von alledem!" log Liam, denn ihm war nur zu gut bewußt, daß sie ihn zwar nicht mit ihrem Körper, aber dafür um so mehr mit ihrer Herkunft geködert hatte. "Ich habs einfach nur nicht gern, wenn Freunde von mir von den Taelons schikaniert werden. - Aber das ganze beantwortet nun immer noch nicht meine Frage. Warum?"
"Schikaniert werden?" Methos lachte bitter auf. "Ja, so kann man es wohl auch nennen. Aber wenn du unbedingt das Warum wissen willst, dann sollst du es auch erfahren." Methos redete sich gerade in Rage. "Diese kleine Hure sieht zwar aus wie die Unschuld in Person, doch sie ist ein sehr durchtriebenes Biest und nutzt es schamlos aus, daß sich die meisten von ihrem Alter täuschen lassen. Sie hat zwei meiner besten Freunde getötet! Soll ich da Mitleid mit ihr haben?" Liam schwieg einen Moment verdattert. Was konnte er darauf noch sagen. Nein, sie würde so etwas nicht tun? Solch eine Lüge brachte er nicht über die Lippen, denn er wußte ja, zu was sie fähig war.
"Sind Sie sich wirklich sicher?" begnügte er sich statt dessen zu fragen.
"So sicher, wie man nur sein kann. MacLeod und Dawson sind tot."
"Dawson?" Nun war es an Kincaid etwas verwirrt zu sein. "Sie meinen den Dawson, dem die Bar gehört und ihren schottischen Freund?" Methos nickte zur Bestätigung.
"Das kann nicht sein! Schließlich hab ich gestern erst mit ihnen gesprochen." Methos blickte ihn ungläubig an.
"Unsinn! Dawson ist beim Brand seiner Bar umgekommen." behauptete Methos felsenfest. "und MacLeod ..."
"Nein, da irren Sie sich." unterbrach ihn Liam. "Dawson war zu diesem Zeitpunkt gar nicht in der Stadt. Er war mit MacLeod irgendwo in Spanien, um einer Bekannten zu helfen. Ein Einbrecher hat den Brand ausgelöst und ist dabei anscheinend selbst mit draufgegangen. Das können Sie mir ruhig glauben, ich hab es aus erster Hand von Dawson." Auf diese Nachricht mußte sich Methos erst mal setzen. In seinem Kopf ratterten alle verfügbaren Rädchen. Was hatte er nur getan??? Schockiert schlug er die Hände vors Gesicht.
"Mr. Pierson?" Liam war sichtlich besorgt über dessen Reaktion. Methos hätte ihn am liebsten weggeschickt, doch das würde ihn auch nicht weiter bringen. Das Kind war bereits in den Brunnen gefallen, nun war es wichtig, es wieder herauszuziehen. Nachdenklich starrte er Liam an. Vielleicht ... Neue Energie kehrte in ihn zurück.
"Gibt es eine Möglichkeit, Jara hier rauszuholen?" Liam faszinierte Piersons schneller Seitenwechsel - da sah man mal wieder zu was Mißverständnisse alles führen konnten.
"Deswegen bin ich hier."


***

Liam betrat Da'ans Büro. Wegen was hatte ihn Da'an wohl nun schon wieder gerufen? Er war noch immer etwas stinkig auf ihn wegen der Abfuhr, die Da'an ihm erteilt hatte.
"Da'an?" fragte er in den leeren Raum, doch nichts rührte sich. Unschlüssig blieb er einen Moment stehen, bevor er sich zum Gehen entschloß. Sein Blick streifte im vorbeigehen flüchtig die Konsole vor ihm. Er blieb stehen und setzte sich dann hastig. Konnte es wirklich sein? Das komplette System lag offen vor ihm. Offensichtlich hatte Da'an vergessen sich abzumelden und diese Gelegenheit konnte er sich doch nicht entgehen lassen, oder? In heller Begeisterung lud er sich eifrig gerade alle benötigten Daten in sein Global, als Da'an den Raum betrat.
"Major Kincaid! Schön, daß Sie so schnell kommen konnten." Liam zuckte leicht ertappt zusammen, konnte aber gerade noch den Bildschirm löschen, bevor Da'an sehen konnte, in welchen Verzeichnissen er gerade gewühlt hatte.
"Ich war gerade auf den Weg zu Ihnen. Was gibt's?"
"Die Planung für die nächste Woche steht wieder einmal an." Liam ließ sich seinen Unmut darüber nicht anmerken und stand die nächsten beiden Stunden tapfer durch. Endlich erlöst von diesen Qualen machte er sich auf den direkten Weg zu Pierson. Da'an sah ihm noch kurz hinterher und sperrte dann gewissenhaft das System, bevor er mit einem versonnenen und überaus befriedigten Lächeln eine Energiedusche genoß.


***

Liam und Pierson schlichen sich mehr oder weniger durch die Gänge. Von Augur wußten sie, daß Sandoval und Zo'or momentan in ihren Quartieren waren. Liams "geliehene" Codes öffneten ihnen den Weg in Richtung Jara. Niemand begegnete ihnen, denn um diese Zeit war es immer ausgesprochen ruhig. Es war so etwas ähnliches wie Nacht auf dem Mutterschiff, falls es dort so etwas überhaupt gab. Ein einzelner Freiwilliger bewachte den Zugang zu jener Zelle, die Liams und Piersons Ziel war. Bevor er überhaupt wußte, wie ihm geschah, sank der Freiwillige dank eines Betäubungsgeschosses bewußtlos auf den Boden. Die beiden Männer beeilten sich, doch was sie in der Zelle vorfanden, schockierte sie beide. Jara saß, immer noch an Händen und Füßen gefesselt, in einer Ecke und wippte langsam vor und zurück. Ihre glasigen Augen starrten leer an die Wand gegenüber. Sie schien die beiden Ankömmlinge nicht einmal zu bemerken. Sie zuckte nur leicht zusammen, als Pierson sie sanft am Arm berührte. In so einem Zustand hatte er sie noch nie gesehen, nicht einmal damals als ... Sie war stark, daß wußte er, aber diese schrecklichen Erinnerungen ständig wieder durchleben zu müssen, mußte ja Spuren hinterlassen. Mittlerweile wußte Pierson nämlich, wie Zo'or an die Sequenzen herankam, die er übersetzen sollte. Er wußte auch, daß Zo'or sie fast ständig in dieser Maschine gefangen hielt, aber noch nicht weitergekommen war.
"Jara?" sprach er sie flüsternd an, doch sie reagierte überhaupt nicht. Auch Liams Versuch blieb erfolglos.
"Mein Gott, sie trägt immer noch das Ka'ha'fey!" stellte er bestürzt fest.
"Das was?"
"Das blaue Ding da. Ich wußte nicht, daß die Taelons es immer noch verwenden."
"Für was ist das?"
"Um sie unter Kontrolle zu halten. Aber wir haben jetzt keine Zeit für Erklärungen." Hastig entriegelte er ihre Fesseln. Dabei berührten sich ihre und Liams Hände. Sie wand ihren Kopf und sah ihn an, doch er bezweifelte, daß sie ihn wirklich sah. Sie flüstere etwas, doch für Pierson war es nur unverständliches Gekrächze und Gefauche, daß er auf ihren verwirrten Zustand schob. Um so verwunderter war er, als Liam ihr in dem gleichen ‚Sprache' antworten zu schien.
"Wir müssen das Ka'ha'fey abbekommen, bevor wir mit ihr von hier weg können." sagte er nun bestimmt.
"Was war denn das für eine Sprache?" fragte Methos interessiert, doch Liam schien ihn überhaupt nicht zu hören, sondern hackte auf sein Global ein.
"Könnten Sie mal bitte nach dem Freiwilligen draußen sehen und auch aufpassen, daß uns hier niemand stört?" befahl Liam eher als er bat. Er fragte sich gerade, warum er diesen Kerl eigentlich immer noch siezte. Aber das war jetzt ein denklich ungünstiger Zeitpunkt darüber nachzudenken. Pierson tat was Liam sagte und ließ ihn alleine weiter arbeiten. Knappe zehn Minuten später hatte es Liam mit Hilfe von Augur und den Daten aus Da'ans Computer endlich geschafft, das Ka'ha'fey zu deaktivieren. Jaras Augen wurde augenblicklich klarer. Wütend starrte sie auf den Metallstift, der noch immer in ihrem Arm steckte, nun aber nicht mehr seine quälende Wirkung ausführen konnte. Liam wollte ihn vorsichtig entfernen, doch Jara stieß seine Hand beiseite und riß sich dieses Instrument mit einem Ächzen aus dem Arm. Angewidert ließ sie es auf den Boden fallen. Liam half ihr hoch. Sie war immer noch etwas wacklig auf den Beinen. Als sie Liams Hand ergriff, spürte er, wie sich ihre beiden Shakarava verbanden, doch da war es schon zu spät. Solch ein seltsames Gefühl hatte er noch nie verspürt. Es war als würde sie jede einzelne Zelle seines Körpers berühren und dabei aber jede zweite mit herausreißen. So sehr er es auch wollte, war es ihm nicht möglich, diese Verbindung zu lösen. Fühlte es sich so an, wenn ein Atavus, einem die Lebensenergie entzog? Endlich ließ sie los. Liam fühlte sich leicht benommen, doch sie schien nun um einiges lebendiger zu sein. Ohne ein weiteres Wort eilte sie zum Durchgang. Als sie Pierson sah, bedachte sie ihn kurz mit einem recht undefinierbaren Blick.
"Wir sollten gehen!" brachte Liam von hinten ein, noch immer etwas verwirrt von seinem vorherigen Erlebnis. Da er keinen Widerspruch erwartete ging er voran, erst jetzt bemerkte er, daß Jara ihm nicht folgte. "Was ist? Kommt endlich! Das ist der kürzeste Weg zum Shuttlehangar.
"Ich muß auf die Brücke. Nur von da habe ich vollen Zugriff auf die Systeme." entschied Jara.
"Was??" riefen Liam und Pierson gleichzeitig aus. "Sag mal dir haben sie doch ins Gehirn gesch... wir sind hier auf der Flucht und nicht auf einer Besichtigungstour." Liam wollte sie am Arm weiterzerren, doch sie ergriff seine Waffe und drückte ab. Methos starrte verdattert auf den Körper vor sich. Es wurde Zeit, endlich das durchzuführen, für das sie diesen ganzen Aufstand überhaupt kreiert hatte.
"Komm endlich!" damit packte Jara Methos am Kragen und schleifte ihn mit. "Er ist nur betäubt und so ist es besser für ihn, glaub mir." Methos verstand langsam gar nicht mehr, hoffte aber, daß sie wußte was sie tat. Drei Freiwillige blieben gleichermaßen betäubt auf ihrem Weg zur Brücke liegen. Die Taelons, die die Funktionen des Schiffes steuerten, erschraken nicht schlecht, als sie die beiden Eindringlinge bemerkten. Ihre Shakarava glühte auf und sie rief den leuchtenden Wesen in einer Sprache, die Methos nicht verstand etwas zu. Doch es war nicht schwer zu begreifen, daß es sich hierbei um eine Drohung handelte. Er fragte sich gerade, in was er hier hineingeraten war und was zum Teufel dieses leuchtende Ding in Jaras Handflächen war? Doch es bewirkte zumindest, daß sich keine dieser Kreaturen zu bewegen traute. Jara öffnete die Hauptkonsole. Methos hatte keine Ahnung, was sie machte, doch sie hatte anscheinend den Durchblick. Der schrille Ton einer Alarmsirene ließ ihn zusammenfahren. Jara drehte sich um. Eine Lichtkugel schoß aus ihrer Handfläche und traf den Taelon hinter ihr, der sich augenblicklich in nichts auflöste. Erschreckt und absolut verunsichert betrachtete er die Frau ... das Wesen vor sich, denn sie war kein Mensch. In der gleichen Sprache wie vorher rief sie den Wesen verärgert wieder etwas zu.
"Verschwinde durch das Portal!" Methos brauchte einen Moment um zu begreifen, daß er damit gemeint war. Er konnte nicht verleugnen, daß verschwinden wohl nun das wirklich liebste war, daß er tun wollte und so mußte sie es ihm nicht zweimal sagen. Ein kurzer Sprint und das sanfte Licht des Interdimensionsportals umhüllte ihn. Ähm ... halt ... wo ging es eigentlich hin? Unwichtig! Hauptsache weg von hier.


***

Da'an spürte die Veränderung im Gemeinwesen. Einer aus ihrer Mitte war auf die andere Ebene gewechselt ... worden, setzte er in Gedanken hinzu. Nun kam also er zum Zug.


***


Zo'or eilte leicht in Panik Richtung Brücke. Dort angekommen bemerkte er die M'Bet'Sharan, wie sich diese grade intensiv mit einem Steuerfenster beschäftigte, zu spät. Erschreckt stellte er fest, daß sie das Ka'ha'fey nicht mehr trug.
"Zo'or, welche eine Freude!" rief sie im spöttisch in seiner Sprache entgegen. Im gleichen Moment traf ihn ein Energiestoß ihres Shakaravas, der ihn hart an die Wand hinter ihm schleuderte, wo er benommen liegen blieb. Sie schloß das Übertragungsfenster und ging langsam auf Zo'or zu. Dieser war zu schwer verwundet, als daß er sich noch hätte wehren können. Mit einem seltsamen Lächeln legte sie ihre Hände an seine Schläfen. Zo'or begann zu schreien, während ihr Shakarava hell aufleuchtete.
"Jara!" Eine männliche Stimme hallte laut durch den Raum und übertönte sogar Zo'or. Jara ließ von Zo'or ab und schleuderte dem Widersacher eine Energieladung entgegen. Gerade noch rechtzeitig erkannte sie Liams Gesicht, und riß ihren Arm ein wenig höher. Die Entladung sauste keine fünf Zentimeter an Liams Gesicht vorbei, der sich geistesgegenwärtig zu Boden warf.
"Verschwinde von hier, Kincaid, wenn du nicht sterben willst." Sie wand sich wieder dem bereits bewußtlosen Zo'or zu.
"Wenn es sein muß, werde ich eben sterben!" rief er ihr zu und kam näher. Mit einem Ruck drehte sie sich wieder um, ihre Shakarava angriffsbereit. Sie betrachtete Liam nachdenklich, daß Glühen erlosch. Sie konnte ihn nicht töten, schließlich gehörte er zu ihren Erschaffern - er war ein Kimera und außerdem noch Ha'gels Sohn. Ihr Versprechen Ha'gel gegenüber band sie. Verdammt, warum mußte er ausgerechnet so ein nerviges Kind haben? Wie der Vater so der Sohn. Vielleicht war es jetzt ein günstiger Zeitpunkt um zu verschwinden? Sie hatte was sie wollte und um Zo'or konnte sie sich auch später noch kümmern. Liam nicht aus den Augen lassend und die Hand immer noch drohend erhoben, ging sie in Richtung Portal. Das sanfte Licht hüllte nun auch sie ein. Ein weiteres Alarmsignal ertönte. Ein Techniker rannte zur Portalsteuerkonsole um die Fehlfunktion des Portals zu analysieren, doch das einzige was er noch sah war, wie sich die Moleküle der gerade transportierten Person in die Weiten des Universums verteilten.


***

Methos sah sich verwundert um. Wo hatte sie ihn nur hingeschickt? Doch dann erkannte er, daß es sich um das Portals des Museums handelte, in dem die Ausstellung von Ma'els Grabartefakten stattfand. Er konnte sich nun denken, warum sie ihn hierher geschickte hatte. Was war sie? Wer war sie? Er wußte nicht mehr was er denken sollte, denn dafür war zuviel passiert. Hatte sie mit ihm nur gespielt? War er nur ein Bauer in ihrem Schachspiel. Sehr wahrscheinlich. Wenn schon ein Bauer, dann wenigstens ein siegreicher. Entschlossen ging er ins Museum.


***

Kurze Zeit später lagen die verlassenen Gänge des Museums dunkel vor ihm. Es hatte schon seine Vorteile, wenn man gute Beziehungen zum Museum hatte und ihre Alarmanlagen kannte. Auf direktem Weg begab er sich zu den Ausstellungsräumen und atmete erleichtert auf, als er es endlich in seinen Händen hielt. Er hielt das Artefakt so fest umklammert, als wolle er es nie wieder loslassen. In einer gewissen Weise hatte er das auch vor. Er würde dafür sorgen, daß niemand dieses verfluchte Ding je wiedersah. Es war dem herrlich funkelndem Gebilde nicht anzusehen, welche Gefahr darin seit Jahrhunderten eingeschlossen war. In allen Farben des Regenbogens schimmernd lag er auf dem schwarzen Samt. Reumütig dachte er an den Kristall, der statt Alexa das Leben zu bringen, nun in duzenden Stücken verstreut auf dem Grund eines Flusses dem Meer entgegen trieb. Das was er hier in Händen hielt, barg zwar das Leben in sich, doch es war ein Leben, wie man es wohl niemandem wünschte.
"Ich bin das Ende der Welt!" hörte er eine vertraute Stimme in seinem Kopf schreien. Du hättest das Ende des Universums sein können mit dieser Kreation Kronos, dachte Methos mit grimmiger Heiterkeit. Erschreckt über seine eigenen Gedanken packte er das Gebilde fester in den Samt, damit er ihn nicht mehr sehen mußte. Doch er spürte bereits, wie es seine Klauen nach ihm ausstreckte. Methos, der apokalyptischen Reiter, war tief in seiner dunklen Seele vergraben, jedoch nicht tot. Dieser Methos hörte die sirenengleiche lockende Stimme. Ein Kampf tobte in seinem Inneren, doch für den Augenblick behielt der ‚neue' Methos noch die Oberhand. Wenn das so bleiben sollte, mußte er das verfluchte Ding möglichst bald los werden.
"Ich glaube nicht, daß das Ihnen gehört." stellte eine männliche Stimme bei der Tür fest. Methos schreckte aus seinen Gedanken auf und starrte den asiatischen Mann vor ihm entgeistert an. Sein Blick wanderte langsam zum Skrill am ausgestreckten Arm des Mannes - Sandoval. Shit!
"Es ist nicht so wie es scheint ..." versuchte er sich halbherzig zu verteidigen. Dummerweise sprach das Teil in seiner Hand Bände.
"Es ist genauso wie es scheint, doch es wäre für Sie besser, das Artefakt wieder an seinen Platz zu legen."
"Hey, wir können doch sicher drüber reden ..." Der Arm mit dem Skrill zuckte leicht nach oben, um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen.
"Okay, okay. Sie haben gewonnen." Resigniert legte Methos den Kristall vorsichtig auf dem nächsten Tisch ab, darauf bedacht keine Bewegung zu machen, die ihm falsch ausgelegt werden konnte.
"Eigentlich sollte ich mich bei Ihnen bedanken. Ich hätte nicht geglaubt, daß Sie wirklich wüßten, welches das richtige Artefakt ist. Sie haben mir die Sache sehr erleichtert. Zu schade, daß ich keine Zeugen gebrauchen kann, aber wenigstens geben sie einen schönen Schuldigen ab ..." Der Energiestoß des Skrills schleuderte Methos an die Wand. Noch bevor er den Boden berührte, war er tot.


***


Einige Zeit später schlug Methos die Augen auf begleitet von heftigen Schmerzen. Ein kurzer Moment der Orientierungslosigkeit, bevor er wieder wußte, wo er war und was geschehen war. Langsam rappelte er sich auf. Er war allein im Ausstellungssaal - Sandoval sowie das Artefakt waren verschwunden. Leise fluchte er in sich hinein. Die ganze Sache war gründlich daneben gegangen. So, aber dann sollte er sich jetzt mal schleunigst aus dem Staub machen. Er hatte schon fast die Tür erreicht, als ein lautes Knistern hinter ihm seine Aufmerksamkeit erregte. Er wirbelte auf den Absätzen herum. Doch was er sah, ließ ihm das Herz stillstehen.


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Sandoval stand im Portal und wartete auf den Start. Das kostbare Kleinod fest in seinem Arm. Er konnte sich ein schelmisches Grinsen nicht verkneifen. Das mit diesem 'Dieb' war schon fast zu schön um wahr zu sein. Zu dumm, daß die Polizei nicht mehr viel von ihm finden würde. Sandoval sah auf die Uhr. Fünf ... vier ... drei ... zwei ... eins ... ein ohrenbetäubender Knall erfüllte die nächtliche Stille. Im gleichen Augenblick spürte er, wie die Interdimension ihn einhüllte.


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Wie in Zeitlupe flogen zertrümmerte Artefakte, Glasscherben und Metallteile durch das Labor, während riesige orangerotglühende Wellen in inadäquater Eleganz langsam aber unaufhaltsam auf ihn zu flossen. Sein Körper wurde von umherfliegenden Teilen regelrecht aufgespießt und die Flammen leckten an seine Haut. Die ganze Welt bestand nur noch aus Schmerz und Feuer. Er öffnet seinen Mund um zu schreien, doch die Wucht der Explosion preßte ihm alle Luft aus den Lungen und füllte sie mit roter Hitze. Der flammende Körper wurde durch die Luft gewirbelt und prallte hart gegen eine halb eingestürzte Wand. Seine verbrennenden Augen erhaschten nur noch einen dunklen Schemen, bevor ihn das messerscharfe rotierende Eisenschrapnell den Kopf von den Schultern trennte und sich das tanzende Rot in erlösende Finsternis verwandelte.


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Sie wirbelte durch die Interdimension. Ihr Ziel waren der Ausstellungssaal in dem das Artefakt lag. Sie hatte Methos nicht aus Absicht, sondern mehr aus Zufall in das Museum geschickt, da diese Adresse schon voreingestellt war und sie nicht die Zeit hatte, ein anderes Ziel zu suchen. Hoffentlich war Methos schon über alle Berge. Sie verließ die Interdimension um ein Inferno zu betreten. Um sie herum bot sich ein Bild der Verwüstung. Von der Ausstellung existierte so gut wie nichts mehr. Sie fluchte lauthals in der alten Sprache ihres Volkes. Überall um sie herum züngelten noch Flammen und suchten nach neuer Nahrung. Die Hitze verbrannte ihre ungeschützte Haut und Haar. Doch sie versuchte den Schmerz zu ignorieren und lief hastig durch die Trümmer auf der Suche nach dem Artefakt. Erschreckt blieb sie kurze Zeit später vor einem halbverbrannten kopflosen Leichnam stehen. Ein Schimmer erhob sich davon und floß auf sie zu. Methos???


***

Sandoval betrat das Büro mit einem kleinen Bündel unter dem Arm. Der Taelon erhob sich und nahm es entgegen. Er konnte seine Erregung nur schwer verbergen als er für einen kurzen Moment seine menschliche Form verlor. Vorsichtig schlug er den schwarzen Samt zurück und betrachtete das schillernde Gebilde vor sich, daß das Überleben der Taelons sichern würde.
"Was hat Sie so lange aufgehalten, Agent Sandoval?"
"Dieser Pierson kam erst vor kurzem ins Museum. Außerdem wollten Sie ja, daß ich alle Spuren verwische."
"Sie haben den Taelons heut einen großen Dienst erwiesen." lobte ihn der Taelon und entließ ihn mit einer Handbewegung.
"Wenn ich wieder etwas für Sie tun kann, Da'an ..." Damit verließ Sandoval die Botschaft.


***

Jara lief auf den Körper zu. Der Schimmer hüllte sie nun schon ganz ein. Panisch suchte sie in den Trümmern nach dem Kopf der Leiche. Sie bemerkte gar nicht, wie ihr die scharfen Kannten die Hände zerschnitten und sich durch die Hitze bereits Blasen bildeten. Sie dachte, sein Tod würde ihr Erleichterung und Vergessen bringen, doch stattdessen machte sich in ihr ein seltsames Gefühl des Verlustes breit, daß sie weder kannte noch einzuordnen vermochte. Es durfte einfach nicht sein! Als sie bereits der erste Blitz durchfuhr, fand sie endlich seinen Kopf.


***



"Major Kincaid wird bis auf weiteres Sandovals Aufgaben übernehmen. Er scheint mir halbwegs fähig dazu." erklärte Zo'or mißmutig. Da'an blickte sein Kind verständnislos an, doch dieses war nicht gewillt ihm irgendwelche Erklärungen für seine Entscheidungen zu geben. Aber daß Kincaid ihm anscheinend schon mal wieder das Leben gerettet hatte trug seinen Teil dazu bei. Hauptursache des ganzen war allerdings, daß er durch Trester erfahren hatte, daß Sandoval im Bezug auf die M'Bet'Sharan für Da'an gearbeitet hat. Da'an hatte die M'Bet'Sharan offensichtlich nur aufs Schiff gebracht um ihr dann wieder zur Flucht zu verhelfen. Wenn er sich die Logbücher des Interdimensionsportals betrachtete, mußte es bei Ma'els Artefaktsammlung etwas geben, daß diesen ganzen Aufwand wert gewesen war. Die Frage war nur was? Die Explosion im Ausstellungstrakt war Sandovals Werk, dessen war er sich absolut sicher, obwohl es keine Beweise dafür gab. Traurigerweise wurden alle Exponate vernichtet und so wußte er auch nicht, was Sandoval vertuschen wollte. Noch so ein geschickter Schachzug. Leider konnte er weder Da'an noch Sandoval zur Rede stellen, weil alles nur auf Vermutungen aufbaute und er keinen Beweis für irgendetwas hatte. Noch nicht mal den Zweck des ganzen wußte er. Da'an hatte mit ihm gespielt und er haßte es, wenn so etwas mit ihm gemacht wurde. Doch nun würde er auf alles achten. Wenn Sandoval und Da'an so gerne zusammenarbeiteten, würden diese auch weiterhin zusammenarbeiten müssen. Er krallte sich fürs erste Kincaid.
"Du hast eine gute Wahl getroffen." Nachdem Zo'or nichts darauf erwiderte, sondern nur gedankenverloren in den Weltraum hinaus starrte, wollte Da'an sein Zimmer bereits wieder verlassen, als ihn Zo'ors Stimme zurückhielt.
"Warum hat sie mich nicht getötet?" Das war es also was Zo'or so beschäftigte. Da'an zögerte einen Moment. Sein Mund öffnet sich und schloß sich einige Augenblicke später wieder wortlos. Manche Dinge blieben am besten ungesagt.
"Ist sie wirklich tot?"
"Ich weiß es wirklich nicht!" erwiderte Da'an. Zo'or stieß einen Laut aus, den man am ehesten mit einem Knurren vergleichen konnte. Da'an verließ ohne ein weiteres Wort Zo'ors Räumlichkeiten. Ihn beschäftigte momentan auch ohne Zo'ors Launen genug. Die M'Bet'Sharan hatte überaus sauber gearbeitet. Sämtliche Daten im System, die auf Methos oder sie verwiesen, waren gelöscht. Große Teile von Ma'els Aufzeichnungen waren nicht vor ihr verschont worden. Selbst die Sicherungskopie der Sicherungskopie war zerstört. Es war, als hätten die Daten nie existiert. Was wollte sie wohl genau verbergen? Vielleicht, daß Ma'els Lösung, gar keine war? Er hatte nämlich den Inhalt der Phiole untersuchen lassen, die nichts weiter als Kohlenstoffverbindungen enthielt.


***

Schweißgebadet wachte Methos auf und griff sich erschreckt an den Hals. Doch sein Kopf saß nach wie vor auf seinen Schultern. Mit einem Seufzer ließ er sich erschöpft, aber gleichzeitig erleichtert in sein Kissen zurückfallen - nur ein Alptraum. Frischer Kaffeeduft kitzelte ihn in seiner Nase. Erst jetzt spürte er die Anwesenheit eines Unsterblichen. Er rollte aus dem Bett, griff nach seinem Schwert und faßte ins Leere. Shit! Erst jetzt viel Methos auf, daß er nicht in seiner Wohnung war. Die Tür wurde aufgestoßen und er sprang einen Schritt zurück. MacLeod lächelte in freudig an.
"Ich sehe dem Patienten geht es besser. Einen Kaffee?" Etwas verwirrt nahm ihm Methos die angebotene Tasse aus der Hand. Erleichterung und Freude machten sich in ihm breit seinen schottischen Sturkopf lebendig wiederzusehen.
"Wie komme ich hier her?"
"Jemand hat dich sozusagen vor meiner Haustür abgelegt." Methos betrachtete seinen Freund intensiv.
"Was ist mit deinen Haaren passiert?"
"Sagen wir einfach mal ich hätte auf dich hören sollen. Diese Jara ist wirklich ein komisches Ding!"
"Das kannst du laut sagen!" Er dachte an das Glühen in ihren Händen. "Wo ist sie?" MacLeods Antwort bestand aus einem Schulterzucken.


***

Sandoval mochte es durch die Interdimension zu reisen. Er hatte es zwar hinnehmen müssen, daß Zo'or ihn momentan ‚strafversetzt' hatte, doch er war sich sicher, daß Kincaid ihm bald auf den Geist gehen würde und er dann wieder in die Bresche springen müßte. Doch ansonsten hatte sein Plan vorzüglich funktioniert. Trester hatte ihm mit exquisiten Nachbildungen der Artefakte versorgt, so das Da'an nicht einmal bemerkt hatte, daß es sich um ein Nachbildung handelte. Er freute sich bereits darauf, Trester von der gelungenen Durchführung seiner Mission zu berichten und ihr das Artefakt zu übergeben, damit sie alles weitere für ihn erledigen konnte. Ein kalter Hauch streifte ihn. Verflucht, was war da los? Eine schemenhafte Gestalt wirbelte plötzlich wie in einem feurigen Tanz um ihn herum. Erschrocken betrachtete er diese Erscheinung. Er war doch im Interdimensionsraum! Das konnte nicht sein! Hatte es einen Unfall gegeben? War dies eine Fehlfunktion? Doch die Gestalt vor ihm, nahm immer deutlichere Umrisse an, bis er schließlich eine Frau vor sich erkannte, deren Hände nach dem Artefakt in seinem Arm griffen. Mit Leichtigkeit und ohne nennenswerten Widerstand seinerseits, nahm sie den Kristall an sich. Mit regungsloser Fassungslosigkeit verfolgte er ihre Bewegungen. Es fiel ihm so schwer, sich im Interdimensionsraum zu bewegen, ganz im Gegensatz zu ihr, wie es schien. Es war, als wäre sie mit der Interdimension verschmolzen, als wäre sie ein Teil von ihr. Für einen Sekundenbruchteil sah er ihr Gesicht, bevor sie sich so wie sie gekommen war, wieder in der Interdimension auflöste, das Artefakt begleitete sie.


***

Wie so oft in den letzten Wochen, saß sie unter dem Baum am See und starrte auf die schneebedeckten Berge, die in der Ferne wie dunkle Riesen bedrohlich aufragten. Die ersten Strahlen der aufgehenden Sonne begannen die Gipfel langsam in flüssiges Gold zu tauchen. Ihr war, als würde das Feuer jener Nacht erneut an ihrer Haut lecken. Fröstelnd rieb sie sich die Arme.

Als sie in den Flammen Methos kopflose Leiche liegen sah, wollte sie nichts mehr als daß er lebt. Sie konnte sich nicht erklären warum, doch es war so. Als sie endlich seinen Kopf gefunden hatte, legte sie ihre Hände auf seinen Kopf und Körper. Blitze umtosten die beiden Gestalten. Ihre Shakarava glühte immer heller und sie hatte das Gefühl, als würde es ihr die Hände verbrennen. Sämtliche Macht, Energie oder was es immer war, das von ihm ausging, durchströmte sie und flossen durch die Shakarava in ihn zurück. In diesem Moment waren sie völlig vereint. Er war sie und sie war er. Zwei aus eins und eins aus zwei. Sie konnte in die verborgensten Winkel seiner Seele und seines Denkens sehen. Das Quickening dieses alten Mannes dauerte lange, sehr lange. Erschöpft brach sie neben ihm zusammen. Sie war zu müde, um auch nur ihre Augen aufzumachen, um zu sehen, was passiert war. ... Methos schnappte nach Luft. Sie konnte sich nicht erinnern je ein lieblicheres Geräusch gehört zu haben. Sie rappelte sich hoch und umarmte den bewußtlosen, doch lebendigen Methos. Eine einzelne Träne verirrte sich in Jaras Augen, die sie verwundert wegwischte. Das sanfte Licht der Interdimension umhüllte sie, ohne das dazu ein Portal notwendig gewesen wäre und brachte die beiden aus dem Inferno.

Die Geschehnisse dieses Tages waren ihr noch so in Erinnerung als wären sie erst gestern geschehen. Doch es war nun bereits über drei Monate her. Sie wußte, daß sie sich mit Methos aussprechen mußte. Ihm erklären, was sie war. Grübelnd strich sie über den seltsamen Armreif, den sie bereits seit ihrer Geburt trug und sie zu dem machte, was sie war. Ihre Gedanken wanderten zurück zu Ma'el, den sie zugleich geliebt und gehaßt hatte. Auch Ma'el hatte seine guten und seine schlechten Seiten, so wie jedes Lebewesen. Jenes besagte Artefakt hielt den Schlüssel, der den Taelons womöglich das Überleben ermöglicht hätte. Das Ergebnis von Ma'els langjährigen Forschungen, die er mit den Genen von zwei unwissenden Unsterblichen durchgeführt hatte. Unsterblichkeit war auch für Taelons etwas sehr verlockendes. Doch niemand würde diese Phiole je wieder zu Gesicht bekommen, so hatten es Methos und sie damals beschlossen, nachdem sie Ma'els Forschungen durchschauten. Manchmal verwunderte sie es selbst, wenn ihre Pläne so gut aufgingen. Sie hatte das Artefakt gut versteckt und sämtliche Aufzeichnungen zerstört, an die sie sonst nie herangekommen wäre. So lange keiner wußte, daß sie das alles von vornherein geplant hatte, war alles in bester Ordnung.


***

Liam betrachtete ungefähr zur gleichen Zeit den Grund seines leeren Weinglases und fand darin leider keine Wahrheit. Zu gerne hätte er Jara nach der Wahrheit gefragt, doch sie war spurlos verschwunden.


***

Seine Hand fuhr suchend über die kalten Laken der rechten Bettseite. Doch er wußte nur zu gut, daß er darunter nichts Wärmendes mehr finden würde. Resigniert zog er sie wieder zurück. Er würde es nie zugeben, doch er vermißte sie; ihre kühle und überlegte Art, ihre Unterhaltungen, ihren Geruch, ihren Körper, den er so oft erkundet hatte und sogar ihre hinterhältige Planerei. Vielleicht würde er sie eines Tages wiedersehen - irgendwann. Für den Moment war ihm nur der wiederkehrende Alptraum geblieben, doch auch er würde mit der Zeit verblassen. Nach einem notgedrungenen Umzug erinnerte nichts mehr in seiner Wohnung an sie. Es war so, als hätte sie nie existiert und er wußte, daß sie es nicht anders wollte. Ein vertrautes Kribbeln lief seinen Rücken hinab. Kurz darauf klopfte es an der Tür.



FINE