AUTOR: Melanie Laier (melanie_laier@hotmail.com)
TITEL: Die Giles-Trilogie Teil 3: No Way Out
FREIGABE: ab 12
SPOILER: 4. Staffel
INHALT: Giles und Buffy versuchen mit ihrer "Trennung" zu leben und erhalten vom Rat einen Besuch.
DISCLAIMER: Buffy und ihre Charakterken sind rechtlich geschützt und sind Eigentum von Fox, WB, Joss Whedon, Mutant Enemy Productions und Kuzui Entertainment. Die Story dient nur dem Fun und nicht um damit Geld zu verdienen.
DANKSAGUNG: an dieser Stelle geht mein erneuter Dank für das Probelesen, an  Little Shakespeare (Kathrin)


Die Giles-Trilogie Teil 3
No Way Out

Teil 1-4

von Melanie Laier



"Nein, nein, nein!" Giles warf seinen Degen entnervt ins Gras und stemmte sich die Fäuste in die Hüfte. Er funkelte seinen Gegenüber durch die Brille hindurch böse an. Dann entspannte er sich wieder und nahm die Brille ab, rieb sich mit  Daumen und Zeigefinger erschöpft die Augen.

"Was denn?" fragte Xander erschrocken über Giles plötzlichen Ausbruch. Er ließ den Degen in seiner Hand zu Boden sinken und zog mit der Spitze kleine Kreise in den Waldboden.

"So ... so geht das nicht. Du kannst nicht losstürmen und schreien 'Tot den Untoden'." Giles seufzte. "Wir lernen  uns zu verteidigen und bereiten uns vor allem auf das Training mit unserer Jägerin vor, Xander. Wir haben nicht vor mit unserem Wissen oder unserer Ausbildung ein Blutbad anzurichten. Dass überlassen wir der Jägerin."

Giles Tonfall verriet seine Verärgerung und Ungeduld. Den halben Vormittag verbrachte er nun schon mit Xander im Wald und versuchte ihm das Grundprinzip des Fechtens beizubringen. Das wäre nicht weiter schlimm, wenn es ihre erste Stunde gewesen wäre. Aber seit 2 Woche schon, ging das Programm nach dem gleichen Schema und Xander wollte oder konnte es nicht aufnehmen und umsetzten. Welchen Teufel hatte ihn da nur geritten, als er dem Rat zugesagt und die neue Order akzeptiert hatte? Auf seine Anfrage hin, bestättigte ihm London, dass man wirklich nichts von dem Alleingang seines Vaters gewusst hatte. Aber dass Sir Giles ihnen von Xander berichtet hatte und Giles Wiederaufnahme in den Rat wahr ist, wurde von ihnen bejaht. Wenn er Xander so in seinen karierten Shorts und seinem knallig organge farbigen T-Shirt betrachtete, sah für Giles seine arbeitslose Zeit im Vergleich dazu wie das Paradies aus.

Zudem war es unerträglich heiß und Giles verfluchte sich dafür, nicht selbst etwas Leichteres angezogen zu haben. Seinen leichten Pulli hatte er bereits über einen Ast gehängt und sein weißes T-Shirt war Schweiß durchtränkt. Giles kritischer Blick fiel erneut auf Xander. Wenn sich Giles überlegte, dass er seit seinem 10 Lebensjahr die Schule des Rates durchlaufen hatte,  von seinem Vater dazu gezwungen und Xander nun fast zwanzig war...nicht immer gerade der Hellste, dann sah er schwarz. Aber es steckte sicherlich mehr in ihm, als alle glaubten. Vielleicht würde Xander ja doch noch auf das College oder auf die Uni gehen. Solange würde eben Giles dafür sorgen müssen, dass er das Wichtigste von ihm lernte. Giles zog sein Taschentuch aus der Hose und wischt sich damit über die Stirn.

"Uh,  was genau mach' ich den falsch, Giles?" fragte Xander etwas niedergeschlagen. Er fühlte, dass Giles mittlerweile immer mehr die Lust verlor, ihn  zu trainieren.

"Ich weiß auch nicht, vielleicht machen wir einfach für heute Schluss. Gehen wir nach Hause. Zur Entspannung können wir ja noch ein wenig Quellenvergleiche üben, OAH," Giles griff zum Rücken, als beim Bücken nach der Ausrüstungstasche ihn ein höllischer Schmerz durchfuhr. Xander grinste. Giles gehörte auch nicht mehr zu den jüngsten und so ein Bandscheibenvorfall war nicht ohne. Trotzdem half er Giles, indem er für ihn die Tasche schnappte, ihm dann freundschaftlich einen Klaps auf die Schulter versetzte und grinsend meinte:

"Tja, Giles solangsam werden die Knochen wohl morsch!"

"Danke ... uh ... i-ich werde wohl auch nicht gerade jünger." Giles überging Xanders Spott und entledigte sich seines nassen Shirts und nahm ein frisches aus der Tasche. Unbeabsichtigter Weise vergaß er Xanders Blickwinkel und Xander erhaschte einen kurzen, ungewollten Blick auf eine lange Narbe die Giles als Andenken an Llevlyn behalten hatte. Xander sah verlegen zur Seite, als er bemerkte, dass es Giles nicht entgangen war, dass er die Narbe gesehen hatte. Xander zog es vor keine Fragen zu stellen, ihm war der Stimmungswandel nicht entgangen. Giles schwieg jedoch, hatte es nur auf einmal sehr
eilig die einsame Waldlichtung zu verlassen.

*****

"Was macht ihr heute Abend," Buffy lehnte sich zurück und massierte sich ihren Nacken, der völlig verkrampft war. Sie hatte einfach zu viele Stunden gearbeitet. Aber sie hatte ja auch eine Menge nachzuholen, wenn sie am Ball bleiben wollte. Acht Wochen war eine lange Zeit, die sie verpasst hatte. Oz saß bequem auf Willows Bett und Willow selbst lag bäuchlings daneben. Oz zuckte mit den Schultern und sah Willow fragend an.

"Ach nicht viel. Ich gehe vielleicht mit Oz in den Proberaum oder treffe mich mit Anya im Bronze. Sie ist etwas sauer auf Xander und braucht in letzter Zeit häufiger eine Schulter zum Ausheulen. Denn Giles scheint ihn ganz schön in der Mangel zu haben und in Beschlag zu nehmen."

Willow grinste bei dem Gedanken daran, wie Xander erst  vor zwei Tagen angerufen und sich über Giles verärgert Luft verschafft hatte. Er sei ein wahrer Sklaventreiber und Xander können nun immer besser verstehen, warum Buffy vor Jahren gegen Giles zu rebellieren versucht hatte. Der Mann sei einfach nur anstrengend.  Willows Grinsen erlosch, als sie Buffys Blick begegnet und für einen Moment herrschte betretenes Schweigen zwischen ihnen.

"Entschuldige Buffy, ich vergaß, dass wir ausgemacht hatten nicht über Gil...über ihn zu sprechen. A-Aber du kannst nicht einfach so weitermachen, als existiere er nicht mehr und für dich...,"

"Verschon mich bitte mit deinem Vortrag, Willow. Wir haben vor 2 Monaten schon darüber diskutiert, vor vier Wochen und erst an diesem Wochenende, als ihr euch alle bei ihm getroffen habt. Ich weiß was ich tue," sie stand abrupt auf. "Ich muss zu meinem nächsten Kurs. Man sieht sich."

Willow sah ihr mit einem leisen Seufzer nach. Buffy war in letzter Zeit sehr anstrengend. Vor sechs Wochen war sie aus dem Krankenhaus entlassen worden, aber war erst zwei Wochen später zur Uni zurückgekehrt. Solange hatte sie zu Hause gewohnt. Erst seit dieser Woche war sie ihre Krücken losgeworden. Und Willow hatte Wochen damit verbracht Buffys Bruch mit Giles zu kitten. Aber vergebens. Sie war nicht interessiert und wollte von ihm nichts mehr wissen. Und das Schlimmste für Willow an dieser Angelegenheit war Giles Resignation. Er ließ Buffy in ruhe, wollte nicht einmal, dass Willow oder Xander in dieser Sache Vermittler spielten. Er hatte ihnen es sogar mit Nachdruck untersagt. Das ihn aber Buffys Verhalten tief verletzte, lag offensichtlich auf der Hand, so wie er sich auf Xanders Ausbildung stürzte. Armer Xander.

"Was ist Willow?" Oz war der Seufzer seiner Freundin nicht entgangen.

"Ach nichts, Oz ...nur, uh...Buffy hat sich so verändert. Und Giles erst," sie verarbeitete ihr Muffin vor sich in Kuchenkrümel.

"Ist ja auch kein Wunder. Nachdem was sie vor acht Wochen durchgemacht haben." Oz legte beruhigend seine Linke auf Willows Hand. Sie lächelte ihn dankbar an. Es war schön zu wissen, dass es jemanden wie ihn gab, der sie verstand und ihr vor allem immer Halt gab.

"Vielleicht sollte ich heute Abend wirklich mal wieder ins Bronze." Und mit Anya über die armen Schüler lästern, einfach so um auf andere Gedanken zu kommen, fügte sie in Gedanken hinzu.

*****

Giles stand neben der Eingangstür mit dem Rücken zu Xander am Fenster und starrte auf die Straße hinunter ins Leere. Xander nuschelte irgend etwas hinter ihm. Giles hörte nicht hin, auch nicht, als Xander offensichtlich seine Frage wiederholte. Giles war mit seinen Gedanken weit fort. An einem dunklen Ort, an dem er seit so vielen Tagen immer wieder verweilte, obwohl er sich jeden Morgen beim Aufstehen erneut verbat dorthin zurückzukehren, wo alles vor acht Wochen begonnen hatte. Der Rückenschmerz war der Auslöser gewesen. Es lag nicht am Alter oder am Training. Aber es musste ja nicht jeder wissen, was Llevlyn ihm angetan hatte. Er war sich nicht einmal sicher, ob Buffy es mitbekommen hatte.

"GILES!"

"Mhm?" Langsam wandte er sich Xander zu, der am Esstisch über einen Berg Bücher brütete. Xander entging nicht, dass Giles wie so oft mit seinen Gedanken in der Ferne weilte und nicht bei der Sache war.

"Das hier, Giles," Xander hob eines der Bücher hoch.

"Um Himmels willen Xander. Das ist ein Originalkodex aus dem 11. Jahrhundert. Würdest du bitte‚ etwas vorsichtiger damit umgehen? Danke." Giles stieß erleichtert einen Seufzer aus, als Xander mit entschuldigender Unschuldsmine das Buch übertrieben sorgfältig auf den Tisch legte. Giles kam zu ihm an den Tisch.

"Was ist damit?"

"Latein! Richtig?" Xander strahlte mit sich und seiner neu angelernten Fähigkeiten zu Frieden.

Giles warf einen flüchtigen Blick über Xanders Schulter auf das Buch, verzog die Mundwinkel nach unten und trat wieder zurück. Er verdrehte hinter Xanders Rücken die Augen.

"Wohl kaum. Altdeutsch, 10. - 11. Jahrhundert."

Xanders Mund klappte überrascht auf. Woher hatte dieser Mann nur sein ganzes Wissen?

"Ich denke wir schreiben dich doch für das nächste Semester an der Uni für Geschichte und Archäologie ein. Die mystische Seite und den nötigen Nachhilfeunterricht bekommst du dann von mir vermittelt." Xander entging nicht Giles Unterton. Was musste er noch alles anstellen, um den Mann zu beweisen, dass er bereit war hart zu arbeiten? Das er mehr auf den Kasten hatte, als sie alle von ihm dachten? War es seine Schuld, dass ihm der liebe Gott etwas zu wenig Gehirnmasse mit auf den Weg gegeben hatte?

"Na ob das was bei dieser Dumpfbacke nützt?" meldet sich Spike zu Wort, der seit Xanders und Giles Rückkehr recht genervt versuchte sich auf die laufende Folge von Friends zu konzentrieren. "Zudem Giles, sind die Kekse schon wieder leer." Dabei hob er anklagend die leere Packung hoch. Xander funkelte ihn böse an und pfählte Blondy in Gedanken.

"Ich denke wir machen für heute Schluss. Morgen, zur gewohnten Zeit. Und diesmal pünktlich." Ignorierte Giles Spike und begann die Bücher zurück ins Regal zu stellen.

"Bin ich doch immer." Xander packte seine Sachen zusammen. Giles warf ihn regelrecht aus seiner Wohnung. Gut, dann hatte er schon mal wieder mehr Zeit für Anya. Was auch nicht schlecht war, denn Anya war in letzter Zeit recht mies drauf, da er die meiste Zeit hier verbrachte, statt mir ihr.

"Oh, ich würde drei Stunden Verspätung nicht als ‚in der Zeit' betrachten."

Xander grinste Giles an, der ihn streng anfunkelte, was Xanders Grinsen breiter werden ließ. 6 Uhr morgens war auch einfach zu früh. Aber er nahm sich fest vor morgen mal wirklich rechtzeitig bei Giles aufzutauchen, um ihm seine guten Absichten zu zeigen.

Besorgt sah Xander beim Gehen zu ‚seinem' Wächter, der bereits an seinem Wohnschrank stand und sich einen Drink eingoss. Nachmittags um vier! Es wurde in letzter Zeit immer öfter und früher. Xander musste mit Willow darüber unbedingt einmal reden. Mit Buffy war ja in letzter Zeit nicht besonders viel los und über Giles Probleme zu reden, hatte sie sicherlich noch weniger Lust. Sie hatte es sich sogar verboten, dass man über ihn in ihrer Anwesenheit sprach.

"Bis morgen dann." Doch Xander bekam keine Antwort und als er die Tür zu zog, sah er Giles bereits nachgießen.

*****

Der Schlaf wollte nicht kommen. Wie schon so viele Nächte zu vor. Vertraute Geräusche verwandelten sich zu nächtlichen Schrecken, ließen ihn mehr als nur einmal hochfahren. Er warf sich von einer Seite zur anderen. Er hatte gehofft, die Flasche Whiskey am Vormittag würde helfen. Doch wahrscheinlicher war es, dass er weiterhin wach lag und am nächsten Morgen dafür mit einem gewaltigen Kater als Quittung aufwachen würde. Giles schloss die Augen. Doch dann kamen die Bilder, die Erinnerungen. Er hörte Buffy leise vor Schmerzen wimmern, sah Llevlyn auf sich zu kommen. Fühlte erneut den Schmerz. Er fuhr hoch. Schweißgebadet.  Er stand auf, schwang seine Beine aus dem Bett und saß eine Weile vorn übergebeugt auf dem Bettrand. Ihm war schwindlig und bevor er aufstand, wollte er sicher gehen, dass er nicht beim ersten Schritt die Treppe nach unten fiel und sich das Genick brach.
Langsam machte er sich auf den Weg ins Wohnzimmer, tastete sich an der Wand entlang. Obwohl es sehr ungklug war und er es eigentlich besser wissen mußte, nahm er die halbvolle Flasche aus dem Schrank, goß sich ein und spühlte die Angst hinunter. Aber es nützte nicht viel. Er schwankte mit der Falsche und dem Glas zu seinem Sofa und ließ sich hineinfallen. Er haßte sich in dem
Moment selbst, als er das Glas wieder füllte und ansetzte. Er hätte es gerne gegen die Wand geworfen oder zumindstens die Flasche unberührt in den Schrank zurückgestellt. Statt dessen nagte ständige der Selbstzweifel über sein Verhalten gegenüber Buffy an ihm, machte ihm die Nachwirkungen in Form von Träumen und schattenhaften Erinnerungen zu schaffen und trieben ihn an den Rand der Verzweiflung, trieb ihn vor allem an die Falsche. Er hätte Buffy sicherlich genauso nötig gehabt wie sie Giles. Davon war er überzeugt. Schließlich waren sie die einzigen Personen, die dieses Intermezzo jemals überlebt
hatten und somit sich die einzigen, die sich Trost zu sprechen konnten oder darüber miteinander hätten reden können. Es war seltsam. Er hatte den Wahnsinn mit Angelus überlebt, den Schmerz, den er mit dem Andenken an Jenny verband, das Leben am Rand des Höllenschlundes, aber nun war seine Kraft aufgebraucht.
War es den wirklich so schwer, einfach nach dem Telefon zu greifen und anzurufen? Brauchte es wirklich so viel Überwindung den Campus aufzusuchen, um Buffy einen Besuch zu erstatten? Er mußte sich eingestehen, dass er Willow und Xander dankbar war, dass sie ihn in letzter Zeit nicht mehr zu setzten, den ersten Schritt zu machen. Er war feige. Das gab er sich in diesem Moment ganz offen zu. Und er hatte ganz einfach Angst, vor Buffys Reaktion. Sie wollte nichts mehr von ihm wissen und er hatte es akzeptiert. Er verzog bei diesem Gedanken schmerzhaft das Gesicht. Akzeptiert vielleicht, damit leben
konnte er nicht. Er starrt in das halbvolle Glass, ließ die Flüssigkeit darin im Kreis schwappen.
Was war aus ihrem "Verlassen sie mich nicht. Ich kann das nicht allein." geworden? Giles seufzte. Sentimentalität hatte ihm jetzt gerade doch gefehlt. Und er mußte sich eingestehen, dass sie sehr wohl ohne ich zurecht kam. Nicht er hatte sie letztendlich verlassen, sondern Buffy ihn. Nicht erst seit dem Vorfall mit Llevlyn, sondern von Beginn des Semesters an, war sie ihm fremd geworden. Ihre Besuche konnte er an zwei Händen abzählen, wenn es sich nicht gerade um ein Meeting drehte.
Unkontrolliert warf er schließlich das Glas doch gegen die gegenüberliegende Wand, lauschte dem Zerspringen des Glases, dem Herunterregenen der Splitter und starrte für einen Augenblick den feuchten Fleck an, bevor er sich wieder taumelnd auf den Weg ins Bett machte.

Buffy warf sich unruhig hin und her. Die Träume kamen immer wieder und sie hatte nicht vor einzuschlafen. Willow schlief bereits fest, bekam von Buffys nächtlichen Schrecken nichts mit. Wenn sie schweißgebadet aufschreckte, verfluchte sie zum tausendsten Mal Giles. Gab ihm alleine die Schuld an den Geschehnissen vor acht Wochen. Doch sie wusste es besser. Auch wenn sie den anderen gegenüber dies nie zugeben würde - sie vermisste Giles. Seit sie ihm im Krankenhaus gesagt hatte, er solle sich zum Teufel scheren, hatte sie Giles nicht mehr gesehen. Er hatte keinen einzigen Versuch gestartet, sie eines
Besseren zu belehren. Das tat weh. Obwohl sie genau wusste, dass er nur ihrem Wunsch folgte, so wie er das Jahre zu vor immer getan hatte, konnte sie sein Verhalten nur schwer akzeptieren. Aber es war ja ihr Wunsch gewesen. Und sie war noch nicht bereit den ersten Schritt zu unternehmen. Es war einfach alles nur so kompliziert geworden, nachdem er ihr Zimmer schweigend verlassen hatte. Damals wahrscheinlich schon mit der Hoffnung, dass sich Buffy beruhigen würde, früher oder später vielleicht einsehen würde, dass es nicht seine Absicht und seine Schuld gewesen war. Aber sie hatte es todernst gemeint und das hatte Giles recht schnell zu spüren bekommen. Es war nicht so, dass es ihr nicht leid tat, was sie gesagt hatte. Und alles in ihr schrie danach sich zu enschuldigen oder ihn zumindestens anzurufen. Aber es ging nicht. Sie hatte ihren Stolz. Alles Drängen von Willow und Xander, rief das Gegenteil in ihr wach. Irgendwann hatten sie es eingesehen und ruhe gegeben. "Alles was du bei mir findest, ist meine Sympathie... und meinen Respekt." Dieser Satz war aufeinmal aus ihrem Gedächtnis aufgetaucht, lastete schwer auf ihrem Gewissen. Denn genau das war es, was Giles in den letzten Jahren
immer wieder versucht hatte, ihr zu vermitteln. Dieser Respekt hielt ihn von ihr fern, denn er respektierte einfach ihren Wunsch und schien zu warten, was sie als nächstes tat.
Ob er wohl auch Nächte lang wach lag, nicht schlafen konnte oder gar von Alpträumen geplagt wurde? Buffy starrte die Zimmerdecke düster an und versuchte sich Giles vorzustellen. Es tat weh und während sie noch darüber zum hundertsten Mal nachgrübelte, wie sie die Situation klären könnte, schlief sie doch ein, gejagt von einem Schatten, von dem nur sie wusste, das es Llevlyn war, der sie seit Wochen in ihren Träumen immer wieder heimsuchte.

*****

Die Tage vergingen für Xander wie im Flug. Er nahm sich kaum Zeit für Freizeitaktivitäten. Das Bronze kannte er nur noch vom Namen her, Willow bekam er nur noch per Telefon zu hören, Anya  lebte im Moment im Streik, da er selbst für sie kaum Zeit hatte und Buffy mied ganz den Kontakt. Was wohl daran lag, dass er im Moment der einzige war, der ständig im Kontakt zu Giles stand. Er hätte ihr ja etwas von ihm erzählen können, was sie nicht hören wollte z.B. dass er nachmittags bereits zu trinken begann und tags darauf ihn immer später zu sich bestellte. Erst gestern war es Giles gewesen, der verschlafen und ihm mit einem gewaltigen Kater die Türe geöffnet hatte. Oder das Giles nie von ihr sprach. Das er sich verändert hatte. Aber Buffy rief nie an. Sie ließ nicht einmal schöne Grüße durch Willow ausrichten. Xander tat das weh, akzeptierte aber ihren Trotzkopf, da er hoffte, dass sich das auch mal wieder legte.

*****

In der Nacht, am selben Tag.
Buffy schlenderte mit Mr. Pointy in der Hand über den Friedhof. Seit einer Stunde schon. Aber die Alternative bestand entweder im Wälzen von Büchern oder einer alptraumreichen Nacht. Nichts was sie davon vorziehen würde. Missmutig ließ sie den Pflock immer wieder gegen ihren Oberschenkel klatschen. Eigentlich war es Zeitverschwendung, aber Willow hatte heute Abend unbedingt mit Xander ins Bronze wollen und  Anya war angeblich schon im Bett, irgendein Virus. Sie hatte kein Interesse daran, Xanders Flüchen über Giles zu lauschen.
Na ja, vielleicht gab es ja den einen oder anderen Vampir zum aufmischen und an dem sie ihre Aggressionen auslassen konnte. Der Arzt hatte zwar etwas von Schonung für die nächsten sechs Monaten gesagt, aber das konnte sie einfach nicht einhalten. Immerhin war sie nun mal die Jägerin, auch wenn sie Giles gesagt hatte, dass nun endgültig Schluss sei. Es kam einer Sucht gleich. Aber auf dem Friedhof herrschte im wahrsten Sinne des Wortes Totenstille. Und Buffy wurde zunehmend deprimierter. Es gab keinen Ort an den sie gehen und ihre Sorgen los werden konnte. Angel weilte nach wie vor in L.A., außer einem Anruf im Krankenhaus und zu Hause, bei dem sich Angel besorgt um ihr Wohlbefinden erkundigte, hatte sie nichts  mehr von ihm gehört. Ihre Mutter war ihr in den letzten Wochen ziemlich auf die Nerven gegangen und zudem war Joyce nicht besonders gut auf Giles zusprechen, also konnte sie auch nicht zu ihr. Sie hätte wenig Verständnis gezeigt, wenn Buffy sie um Rat für eine Aussöhnung gebeten hätte. Und den einzige Ort an dem sie so oft Zuflucht suchte und um Rat bat, hatte sie sich selbst verwehrt: Giles Wohnung. Giles Wohnung? Seltsam, irgendwann hatte sie wohl den Friedhof verlassen
und gedankenverloren, automatisch den Weg dorthin eingeschlagen. Sie stand auf der gegenüberliegenden Straßenseite und sah zu dem Gebäude. Sollte sie den ersten Schritt machen? Immerhin war es ja ihre Schuld gewesen, dass es soweit gekommen war. Aber es war auch seine Schuld, die sie zu diesem konsequenten Schritt veranlasst hatte. Sie starrte noch einen Augenblick nachdenklich zu der erleuchteten Treppe und drehte sich in Richtung Stadt. Sie war noch nicht soweit.

Sie war fast in der Stadtmitte angelangt, als sie aus einer Seitenstraßen Kampfgeräusche vernahm, Mülltonnen schepperten, leise Stimmen schienen zu argumentieren, ein Knall, möglicherweise ein Schuss. Buffy rannte los ohne nachzudenken. Sie bog in die Seitenstrasse ein, von der sie glaubt, dass die Geräusche kamen.

*****

"Hey Xander," Willow winke hektisch zur Eingangstür des Bronze, durch die gerade Xander recht müde wirkend, getreten war. Er hörte das Rufen seiner Freundin und bahnte sich seinen Weg durch die Anwesenden.

"Wo ist Anya? Wollte sie nicht mit dir kommen?" Enttäuschung lag in seiner Stimme.

"Uhm, weißt du, sie war müde und fühlte sich nicht so toll. Irgendein Virus. Und dein "möglicherweise" hat sie auch nicht gerade überzeugt. Aber eh ja, jetzt bist du ja doch noch gekommen. Ruf sie doch an," Willow war wirklich vor Freude ganz aus dem Häuschen. Xander war seit drei Wochen das erste Mal wieder abends frei, hatte sie angerufen und gefragt,  ob die Mädels nicht Lust hätten mit ins Bronze zukommen.

"Ich glaube, dass lass ich lieber mal, Anya kann...uh...ja, und wo steckt Buffy?"

"Sie hatte keine Lust dich über Giles reden zu hören." Sie zuckte entschuldigend mit den Schultern und Xander ging sich erst mal etwas zu trinken holen. Toll. Die Frauenwelt mal wieder gegen Xander. Aber wenigstens war Willow gekommen. Doch bis er sich wieder zurück an den Tisch gekämpft hatte, stand Oz bereits bei ihr und sie hingen sich an den Lippen. Und dabei hatte er doch unbedingt mit Willow über Giles sprechen wollen. Alleine.

"Hi, Oz," Oz riss sich von Willow los, lächelte verlegen und nickte ihm zur Begrüßung zu.

"Na, was liegt an?" Oz Arm lag um Willows Hüfte und erneut ertappte sich Xander bei dem Gedanken, dass er an Oz  Stelle wäre, wenn man ihm nur ein wenig früher die Augen geöffnet hätte.

"Uh nichts besonderes. Wißt ihr schon das Neuste? Unten beim Motel soll das Autokino geschlossen werden. Und ich habe es noch nicht mal getestet. Nicht mal mit Cordelia." Xander fühlte sich irgendwie fehl am Platz. Er konnte sich nicht erklären an was das lag. Ob es die Schüler der SHS waren, die das Bronze bevorzugten, Oz und Willows Geturtel oder sein ‚erweiterter Horizont', wie es Giles heute genannt hatte.

"Willst du was zu trinken," ignorierte Oz Xanders ‚Neuigkeit', die schon seit einer Woche ein alter Hut war. Xander verbrachte offensichtlich wirklich viel zu viel Zeit mit Giles. Willow nickte und Oz verschwand.

"Was ist los Xander? Du, du wirkst auf einmal etwas angespannt. Ist was mit dir und Oz?"

"Hm, was? Nein, Willow...wie kommst du...es ist nur so, daß ich mit dir über Giles reden muß, alleine."

"Hey, Oz gehört doch dazu." Willow fühlte sich verletzt. Immerhin hatte Oz so vieles für die Gang getan, dass Xanders Worte ihm unrecht taten.

"Tut mir leid, Willow, so habe ich das nicht gemeint. Aber es ist sehr...eh...persönlich. Normalerweise würde ich Buffy deswegen belästigen, aber...na ja du weißt ja, Madame zieht es vor mich zu meiden und über Giles zu schweigen." Xander spielte verlegen an seinem Glas.

"O.k. hier, Willow," Oz kam zurück noch bevor Willow antworten konnte und deshalb lächelte sie Xander verständnisvoll zustimmend zu.

"Können wir darüber auch noch morgen reden Xander?"

"Auf einen Tag mehr oder weniger kommt es auch nicht mehr an," Xander war enttäuscht. Er hatte so gehofft mit Willow einen Plan auszuhecken, wie man Buffy und Giles helfen konnte. Oz war zwar ein Freund, ja, aber er war nicht von Anfang an dabei gewesen. Er hatte nicht gegen den Meister gekämpft und er war auch nicht immer bei ihren Meetings dabei gewesen. Und dann stand immer noch der Kuss zwischen Willow und Xander zwischen den beiden Männern. Ihn  wollte er wirklich nicht unbedingt in Giles offensichtliche Trinkprobleme einbeziehen.

*****

Als Buffy um die Straßenecke bog, prallte sie gegen eine Gestalt. Buffy taumelte und fing sich sofort wieder. Die Gestalt ebenso. Es war zu dunkel, um zu erkennen, ob es sich um einen Menschen oder um einen Vampir handelte. Aber es war ein Mann, ein recht starker Mann. Noch bevor sie zum dem Entschluss kam, ob Feind oder Freund, griff der Unbekannte an. Er schlug hart zu und Buffy flog weit nach hinten. Sie kam leichtfüßig wieder hoch und deckte ihren Angreifer mit einer Kombination an hohen Kicks ein. Er wurde nach hinten geprügelt und bevor er eine Deckung aufbauen konnte, setzte Buffy mit einem kräftigen Mae-washi gegen die Brust nach und er stürzte. Doch sofort war er wieder auf den Beinen und griff nun mit starken Faustschlägen auf ihren Kopf an. Doch Buffy blockte die Angriffe, ging seitlich an ihrem Gegner vorbei, rammte ihm seinen eigenen Schwung nutzend das Knie in den Magen und schlug zusätzlich ihre Handkante dem Unbekannten in den Nacken. Er klappte zu nächst zusammen, stolperte dann vorwärts und knallte mit dem Kopf gegen die defekte Straßenlaterne.

"Na, haben wir nun endlich genug?" Buffy stand bereit, sollte er immer noch nicht an ein Ende denken. Der Unbekannte drehte sich ihr zu. Es schien Blut an seiner Stirn herunter zu laufen. Bei dem Licht war es Buffy unmöglich etwas zu erkennen. Ein Grund, warum sie ihren Pflock nicht zog. Sie wollte nicht wie Faith im Effekt einen Menschen töten. Doch der Mann schien einzusehen, dass er hier den Kürzeren zog und entfernte sich mit Blick auf sie gerichtet, Richtung Straße. Dann drehte er sich abrupt um und rannte davon.

"Na das war ja mal wieder merkwürdig," ein Stöhnen hinter ihr rief ihr wieder in Erinnerung, warum sie eigentlich in diese miese Gegend gekommen war. Sie ging dem Geräusch nach. Hinter einer Anhäufung von Müllsäcken lag eine zusammen gekrümmte Gestalt. Buffy eilte zu ihr.

"Hey, alles in Ordnung mit ihnen?" Buffy kniete sich nieder und drehte vorsichtig die Gestalt auf den Rücken.

"Ethan?!"

*****

Der dunkel gekleidete Mann bremste augenblicklich sein Tempo, als er auf die recht belebte Straße einbog. Er spürte das Blut, dass ihm an der Wange entlang lief. Er zog ein Taschentuch und wischte es sich ab. Einige er Passanten warfen ihm misstrauische Blicke zu, doch die überwiegende Mehrheit beachtete ihn nicht einmal. Er lief schnell auf den dunkel blauen Van zu, der auf der gegenüberliegenden Seite parkte. Die Fensterscheiben waren getönt, doch er wußte, dass die beiden Insassen ihre Augen auf ihn gerichtet hatten. Er ging um den Wagen und schloss die Hintertür auf, stieg in den mit elektronischen Geräten vollgestopften Wagen ein und schloß die Tür.

"Wir können fahren," rief er nach vorn. "Auftrag erledigt."

*****

"Oh, hallo Jägerin. Zum ersten Mal, dass ich mich in meinem Leben freu' dich zu sehen," Ethan hustete und versuchte sich aufzurichten. Buffy drückte ihn sanft zurück.

"Was ist passiert? Sind sie verletzt?" Buffy sah nicht viel und wollte lieber nicht Gefahr laufen, Ethan noch mehr Schaden zu zufügen...auch wenn ihr dafür einige Gründe einfielen, die dafür sprachen.

"Eh, ich glaube der Kerl hat mich ziemlich übel zu gerichtet und ich denke mal die Kugel hier oben in der Schulter spricht dafür, dass es mir beschissen geht," Ethan hatte wahrlich schon bessere Tage erlebt und das ausgerechnet Rippers Kleine ihm das Leben rettete trug nicht unbedingt zu seiner Besserung bei.

"Oh, er hat auf sie geschossen? Wieso nur tut mir das irgendwie kaum leid? Sollte ich vielleicht lieber einen Krankenwagen rufen gehen und die Polizei..."

"NEIN," Ethan ergriff sie am Arm, ignorierte ihren Spott und hielt sie zurück. "Keine Polizei...i-ich wollte eigentlich zu Ripper eh Giles. I-ich muss euch warnen...", Ethans Stimme wurde schwächer und seine Augen begannen zu flackern. "Der Rat....sie sind ... hier," hauchte er Buffy zu, bevor er das Bewusstsein verlor. Na prima. Jetzt konnte sie sich tatsächlich für diesen kleinen Wahnsinnigen um einen Arzt kümmern. Als sie aufstand, kickte ihr Fuß gegen einen Gegenstand, der vorwärts rutschte. Buffy bückte sich danach und stellte erstaunt fest, daß sie eine Waffe in ihren Händen hielt.

"Keine Bewegung, junge Lady. Waffe weg und mit hinter dem Kopf verschränkten Arme niederknien!"

Die Stimme erschreckte Buffy zu tote. Es erinnerte sie an damals, als man sie mit Kendra in der Bibliothek gefunden hatte. Es war schon fast absurd, wie sich die Situation ähnelte. Doch sie kam der Aufforderung nach, warf die Waffe zur Seite, auf die dummer Weise nun ihre Fingerabdrücke waren, verschränkte die Arme und kniete nieder.

"Fein, und nun mach bloß keine Zicken," sie hörte sich jemand von hinten nähern, hörte das Klirren der Handschellen, die sich augenblicklich um ihre verschränkte Arme schlossen. Sie wurde grob nach oben gerissen und herum gewirbelt. Ein Beamter stand mit gezogener Waffe in sicherer Entfernung und sein Partner direkt vor ihr.

"Was haben wir da? Einen offensichtlich toten Mann, eine junge Frau, Blut an ihren Händen und eine Waffe. Sieht fast so aus, als hätten wir nicht viel Arbeit mit dem Bericht, Bob," der Beamte grinste zu seinem Partner hinüber und Buffys Augen verengten sich. Sie hätte ihm gerne ihre Meinung gegeigt, zog es aber vor zu schweigen. Trotzdem erinnerte sie sich wieder an das, was sie mit Faith erlebt hatte. Wie sie einfach aus dem Polizeiwagen geflohen waren. Es könnte auch diesmal klappen. Aber es gab diesmal keine Faith, die ihr solche Flausen in den Kopf gesetzt hatte, noch war sie dazu bereit. Sie ließ sich ohne Widerstand abführen.

*****

"Eh - sie sind also ‚NICHT' ihr Vater? Wie eh, warum...", der junge Polizist kratzte sich verlegen am Kopf und versuchte sein anzügliches Grinsen zu verbergen. Der Mann vor ihm war Mitte 40, die Verhaftet nicht mal Anfang 20. Er hofft inständig niemanden zu nahe zu treten.

"Ich bin ein Freund der Familie. Ihr Vater lebt in L.A., ihre Mutter ist heute Abend ausgegangen. Sie hat mich gebeten, mich darum zu kümmern. Kann ich Ms. Summers nun mitnehmen?" Giles versuchte sich auf die Zunge zu beisen. Diesem frechen Kerl hätte er gerne sein anzügliches Grinsen...Giles unterbrach sich selbst im Gedankengang. So viel Aggression hatte er in letzter Zeit nicht mehr häufig an sich gespürt. Er zwang sich zu einem kleinen, freundlichen Lächeln.

"Sicher, Mr. Giles. Wenn sie hier gerade noch unterschreiben würden, dann kann ich ihnen eine Quittung ausstellen." Giles unterschrieb auf dem Feld, wo es ihm gezeigt wurde, steckte die Quittung mit einem gequälten Lächeln ein und folgte der Aufforderung zu warten.

Nach einer kleinen Ewigkeit trat ein kleiner, drahtiger Beamter in zivil vor ihn  und riß ihn aus seinen Gedanken.

"Mr. Giles? Sie sagten sie wären ein Freund der Familie? Dürfte ich einen Moment mit ihnen sprechen? Ein, zwei Fragen?"

"Könnte ich Buffy eh Ms. Summers zuerst sehen?" Giles stand auf. Es ging ihm nicht besonders gut. Die Schmerzen hatten in den letzten Tagen zugenommen und der Alkohol tat schon lange nicht mehr seine Wirkung. Nichts desto trotz hatte er bereits eine halbe Flasche geleert, als Willows überaus hektischer und panischer Anruf  ihn aus seinem Dämmerzustand gerissen hatte.

"Bitte, erst die Fragen." Dem Beamten war nicht entgangen, dass Giles nach Alkohol roch und nicht unbedingt standfest war. Doch er war höfflich genug, diese Tatsache zu ignorieren.

"Nun, gut von mir aus. Was wollten sie wissen?"

"Kommen sie, Mr. Giles." Er führte Giles in ein Nebenzimmer und schloss die Tür. "Ms. Summers hat eine interessante Akte." Der Mann klopfte auf eine Mappe, die auf dem Tisch lag. "Ihre frühere Schule verwies sie, wegen Brandstiftung..."

"..das wurde nie bewiesen," fiel ihm Giles ins Wort, der sehr gut wusste, dass es stimmte, jedoch die Umstände entsprechend gewesen waren. Eine Turnhalle voller Vampire rechtfertigte nun mal so eine Tat.

Der Detectiv schüttelte kaum merklich den Kopf.

"Vor über etwa einem Jahr wurde eine Fahndung ausgeschrieben, nachdem man sie des Mordes verdächtig hatte. Sie schlug einen Beamten zusammen. Und dann ist hier ein älterer Eintrag, fast zwei Jahre alt, als man sie und ihre Mutter hier zur Befragung hatte, weil der Freund ihrer Mutter mit einem gebrochenen Genick aufgefunden wurde. Ich weiß," wehrte der Mann, laut dem Schild auf seinen Schreibtisch Dtc. Roos, Giles angesetztes Aufbrausen ab. "Es wurde nie beweisen und die Anklagepunkte wurden fallen gelassen. Trotzdem, sie leugnet nicht diesen Ethan Rayne zu kennen..."

"Ethan?" Giles war auf einmal hellwach. "Ethan Rayne ist in der Stadt?" Giles war aufeinmal von einer panischen Unruhe ergriffen.

"Sie kennen ihn also auch," Dtc. Ross zog erstaunt die Augenbrauen hoch und quittierte Giles Unruhe mit ernster Mine.

"Er ist...er war mal ein sehr guter Freund. Jetzt würde ich ihn nicht mehr als solchen bezeichnen. Was hat er mit Buffy zu schaffen?" Giles nahm seine Brille ab und spielte nervös an ihr herum. Eine Geste, die den Verdacht des Polizisten bestimmt nicht unbedingt zerstreute.

"Er wurde angeschossen in einer Hintergasse gefunden. Ms. Summers stand mit der Tatwaffe neben ihn. Gab es irgendwelche Gründe, wieso Ms. Summers Ethans Tod gewollt hätte?"

Giles Gedanken überschlugen sich. Ethan hier? Angeschossen? Buffy und die Tatwaffe? Hasste sie ihn unter umständen mehr, als er ihn? Nein, nicht Buffy. Sie würde nie einen Menschen töten. Dazu war sie nicht im Stande.

"Nun, uhm...," Giles Zögern war dem Mann Antwort genug. Giles zog es vor zu schweigen.

"Auf der Waffe waren nur Ms. Summers Fingerabdrücke. Ich muß sich nicht darauf hinweisen, dass Ms. Summers die Stadt bis zur ersten Anhörung nicht verlassen darf?"

Giles nickte stumme. Er war durcheinander. Ethan, Buffy, eine Waffe? Wieso sollte sie ihn töten wollen? Jemand oder etwas anderes musste seine Finger im Spiel haben. Oh, sein Kopf. Er dröhnte und er konnte keinen klaren Gedanken fassen. Zudem ging es ihn ja nichts mehr an. Buffy wollte ihn nicht mehr in ihrem Leben haben. Das er hier war, verdankte sie alleine der Tatsache, dass sie Willow um Hilfe gebeten hatte und diese Buffys Mutter nicht erreichte.

"Dann holen wir mal Ms. Summers. Sie wird froh sein sie zu sehen." Roos ging voraus und Giles folgt.

<Darauf würde ich nicht wetten>, fügte Giles in Gedanken hinzu.

*****

"Oh...mein...Gott...Gil...sie," Buffy hatte mit jedem gerechnet, vor allem mit dem wütenden Anblick ihrer Mutter. Aber nicht mit Giles. Aber eigentlich war das zu erwarten gewesen. Sie hatte ja Willow um Hilfe gebeten. Willow dachte bei Hilfe immer zu erst an Giles.

Sie starten sich für einen unendlich langen Moment an und  Buffy war schließlich die erste die ihren Blick senkte. Er sah so verändert aus. Sein Zustand war regelrecht miserabel und eine innere Stimme flüsterte ihr ein, dass sie daran Schuld trug. Es war ihr zudem peinlich, dass Giles sie aus dem Gefängnis holen mußte. Sie war schließlich immer die artigere Jägerin gewesen. Und nun dieses Schlamassel.

"Ehm...geht es dir soweit gut," richtete Giles schließlich das Wort an sie, kam ein Stück näher und legte kurz, aufmunternd seine Hand auf ihre Schulter. Es war eine gut gemeinte, vertraute Geste und Buffy wäre es ein leichtes gewesen es geschehen zu lassen, als Zeichen eines "es wird schon wieder alles gut werden". Doch statt dessen zog sie ihre Schulter zurück und blickte Giles finster an. Giles zog enttäuscht seine Hand zögerlich zurück.

"Tut, tut mir leid," er trat einen Schritt zurück. Giles seufzte leise. Er hatte sich bis jetzt nicht versucht vorzustellen, wie es wäre, wenn sie sich das erstemal wieder trafen. Giles Angst vor diesem  Zusammentreffen war immens gewesen.

Buffys finstere Mine hellte sich keines wegs auf. Sie zog es vor zu schweigen. Zu seinem mieserablen Aussehen hatte sie eben, als er ihr näher gewesen war, einen bekannten Geruch wahr genommen: Alkohol. Giles war offensichtlich betrunken!
 
"Können wir gehen?" fragte er den Beamten, der Buffy zu ihm gebracht hatte.

"Sicher, sie gehört ihnen. Haben ja auch schließlich dafür gezahlt." Grinste der Mann über seinen eigenen schlechten Witz. Giles war es nicht nach Scherzen, schluckte aber seine bissige Bemerkung hinunter. Denn zum Streiten hatte er noch weniger Lust.

"Gehen wir? Willow wartet im Auto. Sie war zu aufgeregt um mit hineinzukommen." Buffy sah ihn erstaunt von der Seite an. Giles bemerkte ihren Blick.

"Eh..uhm, ja tatsächlich ... streng genommen wollte sie nicht dabei sein, wenn du ... wenn wir uns begegnen." Er schritt schneller aus und Buffy hatte alle Mühe ihm zu folgen. Sie holte ihn erst wieder beim Wagen ein. Willow saß tatsächlich auf der Beifahrerseite, stieg aber aus, als sie sie kommen sah.

"Hi Buffy. Alles klar?"

"Wie...wie konntest du nur...wieso hast du nicht meine Mutter angerufen," fuhr sie statt dessen Buffy an.

"A-aber, aber das habe ich doch getan. Sie war nicht zu Hause. Und wen hätte ich sonst anrufen sollen?" verteidigte sich Willow, die Giles Schmerz in seinen Augen sah.

"Laß es gut sein Buffy. Willow...", versuchte Giles zu beschwichten, wurde jedoch von Buffy einfach ignoriert.

"Jedenfalls nicht den Trunkenbold hier." Buffy wollte nicht so verletzend klingen, aber sie konnte sich nicht bremsen oder gar beherrschen. Die ganze Wut über die Situation, in die sie Ethan gebracht hatte, brauchte ein Ventil. Und wer war besser geeignet als Giles, der sich für gewöhnlich immer alles von ihr hatte Gefallen lassen?

Giles blinzelte erstaunt. War es so offensichtlich? Er hatte tatsächlich geglaubt es unter Kontrolle zu haben.

"Meinen Vater zum Beispiel."

"Wirst du jetzt nicht etwas verletztend?" Willow nickte in Richtung Giles, doch Buffy schien das Signal ignorieren zu wollen. "Hm, glaubst du, dein Vater wäre von L.A. sofort hergekommen." Willow zuckte dabei mit den Schultern. Buffy war offensichtlich mit sich und der Welt in letzter Zeit unzufrieden. Es war besser Buffy nach Hause zu fahren, als sich mit ihr auf eine Diskussion einzulassen.

"Steig ein, Buffy. Wir bringen dich nach Hause, in Ordnung?" Giles war bereits am Einsteigen und schien offensichtlich in Willows Richtung zu denken. Er klang recht reserviert, fast kalt. Buffy war darüber etwas erschrocken, doch gewann das kleine Biest in ihr wieder die Oberhand.
 
"In Ordnung? Ha - was soll in Ordnung sein? Man verdächtig mich eines Mordes. Schön, nichts Neues, denkt ihr vielleicht. Aber das belastet langsam..."

"Wir werden eine Lösung finden. Ich- ich werde am besten Ethan morgen im Krankenhaus besuchen und ihn ausfragen." Giles wollte hier und jetzt nicht diskutieren. Er war betrunken, sein Kopf dröhnte, der Rücken tat ihm weh. Er wollte nach Hause. Sie konnten im Auto oder bei ihm weiterdiskutieren. Nicht aber vor Publikum.

"Wir, Giles? Ich wüsste nicht, dass es ein wir noch gibt. Glauben sie nur, weil ich da drin keine andere Wahl hatte, und ihr Hilfe annehmen musste, ist alles vergeben und vergessen?" Buffy blickte in die entsetzten, weit aufgerissenen Augen von Willow und Giles stieg wieder etwas schwankend aus dem Auto aus. Er baute sich vor ihr auf und nahm seine Brille mit einem heftigen Ruck von der Nase. Eine Bewegung, die Buffy immer wieder als Signal drohender Standpauken gesehen hatte oder wenn Giles all zu sehr wütend war, aber zu sehr beherrscht, um es herauszulassen. Die Rechte, die sich um seine Brille schloss, stützte er in der Hüfte auf und gestikulierte mit der linken Hand in der Luft.

"Ich habe nicht vor mit dir zu diskutieren, Buffy. O.k.? Ich bin hier, weil, weil mich Willow um Hilfe gebeten hat und nicht du," was sagte er da eigentlich? Er schalt sich selbst einen Narren, aber das bremste ihn nicht. Er hatte so viel Frust und Enttäuschung die letzten zwei Monate in sich hineingefressen, dass er jetzt nicht anders konnte, als Buffy zu verletzten. Was ihm auch offensichtlich gelungen war. Buffy zuckte erschrocken zusammen. Das war es nicht unbedingt, was sie von ihm hören wollte.

"Hey, Leute, sollen wir vielleicht nicht woanders eh streiten?" Willow sah sich peinlich berührt auf dem Parkplatz um. Einige Beamte auf dem Weg zu ihren Dienstfahrzeugen, blieben kurz neugierig stehen, gingen dann jedoch weiter.

Willow wurde von beiden ignoriert.

"Ich hätte weiß Gott was besseres zu tun, als hier..."

"Ach ja? Und was wäre das? Die nächste Flasche? Sie kommen ja nicht mal ohne zu schwanken aus dem Wagen. Wollten sie damit nicht aufhören?", Buffy tat es im selben Moment leid, als sie es sagte, doch da war es schon zu spät. Giles schluckte, unfähig etwas darauf zu erwidern, weil es ja genau genommen die Wahrheit war. Trotzdem begann er innerlich vor Wut immer mehr zu beben. Und unter dem Alkoholeinfluss war er sich nicht mal sicher, ob er sich beherrschen konnte. Giles eisiger Blick traf Buffys  Blick, der ihm signalisiert ‚Es tut mir zwar leider, trotzdem bin ich zum Streiten bereit'.

"Leute....", Willow wurde unruhig, doch brachte eine schneidende Handbewegung von Giles Willow sofort zum Schweigen.

"Ich habe das mal einer Buffy versprochen, die noch an meinem Leben interessiert war," Giles erinnerte sich gut an das Gespräch, nachdem sein Vater abgereist war und an sein Versprechen. Es herrschte eisiges Schweigen. Buffy wußte, dass sie eben zu weit gegangen war und sich sowohl im Tonfall, als auch in ihrer Wortwahl eindeutig vergriffen hatte.

"Ach wissen sie was? Kümmern sie sich doch um ihren eigenen Kram," warf sie ihm hinterher, bevor er die Tür zu ziehen konnte.

"Du kannst gerne laufen, wenn es dir lieber ist," ignorierte er Buffy und damit schlug er die Türe zu. Willow sah noch einmal fragend zu Buffy, die aber mit dem Kopf schüttelte. Jetzt zu Giles in den Wagen zu steigen, wäre einem Eingeständnis der Niederlage gleich gekommen. Giles wartete bis Willow eingestiegen war, sah noch kurz durch den Rückspiegel und fuhr dann los. Bitte, wenn sie nach wie vor schmollen wollte, war das nicht sein Problem. Doch er gestand sich im gleichen Moment ein, dass das so nicht ganz stimmte.
 
 

...to be continued.
 
 


 

Die Giles-Trilogie Teil 3
No Way Out

Teil 5-9



Giles setzte Willow vor ihrem Wohnheim auf dem Campus ab. Doch Willow zögerte. Sie wollte Giles jetzt nicht alleine lassen, nachdem was Buffy ihm alles so Nettes um die Ohren gehauen hatte.

"Giles? Es, es tut mir leid, was Buffy gesagt hat. Also ich meine, was ich sagen will, wenn ich gewußt hätte, dass Buffy sich so aufregt und aufspielt, wäre ich nie auf die Idee gekommen sie anzurufen." Willow
sah Giles an, doch dieser hielt sein Lenkrad eisern umklammert und fixierte einen unsichtbaren Punkt. Hörte er ihr überhaupt zu?

"Ich, denke, nein ich hoffe, dass sich Buffy wieder fängt."

"Willow?"

"Ja, Giles?" Sein Kopf drehte sich langsam zu ihr.

"Steig bitte aus. I-ich brauche eure Unterstützung nicht. Sei mir nicht böse und versteh mich bitte. Ich bin alt genug und das hier ist etwas, mit dem ich alleine fertig werden muß. Ja?"

Willow blickte völlig iritiert in Giles eisige Auge. Das konnte er unmöglich ernst meinen. Willow schüttelte unbeabsichtigt mit ihrem Kopf.

"Doch Willow. Bitte!" Giles wollte jetzt nur noch alleine sein und Zeit zum Nachdenken haben.

Willows Hand tastete nach der Tür, den Blick noch immer auf Giles gerichtet, stieß sie auf und stieg aus. Giles wartete keine Sekunde zu lang, nachdem die Tür zugeflogen war und gab Gas. Willow sah
durcheinander dem Giles-Mobil hinterher.

*****

Buffy lief aufgewühlt durch die Straßen von Sunnydale. Sie ignorierte die fragenden Blicke oder Flüche von Passanten, die sie versehentlich anrempelte. Sie bemerkte auch nicht den dunkelblauen Van, der ihr seit dem Revier in Schrittempo folgte. Sie ging in Gedanken immer wieder das Gespräch durch.
Wieso mußte sie Giles so verletzten? War das wirklich nötig gewesen? Giles war immerhin der Mann in ihrem Leben, der sich jederzeit bereit erklären würde sein Leben für ihres zugeben. Sie wußte das. Dazu brauchte sie keine Willow, die ihr deswegen mindestens einmal die Woche Vorhaltungen machte. Und sie war sich sicher, dass Giles dazu noch immer bereit war. Giles war es schießlich gewesen, der ihr nie Vorhaltungen oder Vorwürfe gemacht hatte. Er hatte schon immer ihre Entscheidungen akzeptiert. Als sie sich entschloß nicht gegen den Meister anzutreten, hatte Giles nicht seine Position als  Respektsperson ausgenutzt, um sie zu zwingen. Nein, im Gegenteil. Er selbst war bereit gewesen, für sie den Meister zu töten. Sie mußte lächeln, als sie an den Kinnhacken zurück dachte, der der
einzige Weg gewesen war, ihn davon abzuhalten. Nicht daran zu denken wie er sich schützend hinter sie gestellt hatte, als sie Wes und den Rat zum Teufel jagde. Es war auch nicht Giles gewesen, der ihr nach ihrem Verschwinden und ihrer plötzlichen Rückkehr Vorhaltungen und Vorwürfe machte. Das hatten ihre Mutter, Willow und Xander freiweillig übernommen. Er war einfach nur glücklich gewesen, sie
wieder zurück zu haben. Und sie hatte damals schon gespürt, dass es ihm dabei nicht nur um die Jägerin Buffy ging sonder auch um die Person Buffy. So viele Erinnerungen schwabbten auf einmal über sie,
dass es schon fast weh tat. Doch Buffy ließ es zu. Bilder von Angelus entstanden in ihrem Kopf und wie Giles sie zu nächst in ihrer Liebe zu Angel unterstützt hatte. Giles, der sich hinter sie stellte, als
sie zu geben mußte, aus Angel Angelus gemacht zu haben. Giles, der Jenny Calendar die Freundschaft kündigte, als ihr Verrat Buffy und ihm gegenüber ans Tageslicht kam. Giles, der sein Leben beinahe
weggeworfen hätte, nur um an Angelus Rache für Jenny zu nehmen. Und sie? Sie hatte ihn so oft verletzt, enttäuscht und auch belogen. Gerade als es um Angels Rückkehr ging oder als sie mit Faith ihre
"Freiheit" auskostete.

"Aber leider muß ich dich daran erinnern, daß mich Angel gefoltert hat. Viele Stunden lang, nur zum Vergnügen. Du hättest mir sagen müssen das er wieder da ist. Du respektierst weder mich, noch die
Arbeit die ich mache."

Diese Worte würde sie wahrscheinlich nie wieder in ihrem Leben vergessen. Giles war damals so verletzt, so enttäuscht von ihr gewesen, dass es heute noch schmerzte, daran zu denken. Nie hatte er
ihr Vorwürfe gemacht mit Faith zu weit gegangen zu sein. Im Gegenteil, er hatte Faith vom ersten Moment an nicht ihre Lügengeschichte über Buffy und Finch geglaubt. Auch wenn es im ersten Moment danach ausgesehen und er ihr damit einen gehörigen Schrecken eingejagt hatte. In diesem Zusammenhang schwieg sich Giles bis heute darüber aus, was er empfunden hatte, als er erfuhr, daß Buffy offensichtlich rebellierte, die Schule schwänzte, ihn angelogen hatte. Buffy seufzte. Sie verdankte ihm so vieles. Einerseits konnte Giles nichts dafür, daß sie nun mal die Auserwählt war. Aber durch seine Toleranz und durch seine Führung war aus ihr geworden, was sie nun war. Es hätte auch anders kommen können. Was wenn sie nicht einen Wächter wie Giles gehabt hätte? Wäre sie so früh gestorben wie Kendra? Hätte sie sich wie Faith entwickelt? Eine Träne begann sich langsam ihren Weg über ihre Wange zu bahnen. Der einzige wahre Verrat, den Giles bisher an ihr begangen hatte, war gewesen, als er ihr für die Reifeprüfung im Auftrag des Rates ihre Kräfte genommen hatte. Ihr Leben war in Gefahr gewesen und Giles mußte schweigen.

"Rühren sie mich nicht an, sonst bring ich sie um."

Das waren ihre Worte gewesen, die sie in ihrer Enttäuschung über ihn, ihm an den Kopf geworfen hatte. Und trotzdem ließ es sich Giles nichtnehmen, ihr alles zu erklären, ihr sogar im Kampf zu helfen. Als dank verlor er seinen Job.

"Sie lieben dieses Mädchen wie ein Vater."

Trever Quentins Worte, die sie im ersten Moment nicht zu begreifen schien und dann doch einen süßen Nachgeschmack hatten. Ja, Giles liebte sie wirklich wie eine Tochter. Das hatte sie vorher schon
geahnt, von da an war es Gewissheit. Llevlyn war nicht seine Schuld, dass sah sie nun langsam ein. Giles erzählte ihr von seinem Leben nicht viel, dass lag wohl auch zum Teil daran, dass sie nie fragte.
Llevlyn wäre bestimmt eines Tages hier aufgetaucht und hätte die Jagd aufgenommen. Immerhin war es sein Hobby gewesen. Giles hatte es wirklich nicht verdient, dass sie ihn auf diese Art und Weise
behandelte. Daran würde aber nur sie etwas ändern können.

*****

"Na, haben sie ihre Prinzessin befreit, sie Ritter in strahlender Rüstung," Spike stand bei Giles Rückkehr vor der Microwelle, die sich in diesem Augenblick mit einem "PING" bemerkbar machte. Spike nahm die gewärmte Blutkonserve heraus, biss sie mit den Zähnen auf und schüttete das Blut in eine bereitgestellte Tasse. Er grinste Giles an.

"Spike, tu mir einen Gefallen: such dir draussen was nettes zum spielen," Giles ging zu seiner Flaschensammlung auf der Küchentheke und schenkte sich ein Glas ein.

"Hey, schon vergessen? Ich bin auf der Flucht, hier ist mein Asyl..."

"Dann verzieh dich nach neben an, lös dich in Luft auf oder....vergiß es. Ich geh' schlafen." Giles nahm Flasche und Glas und ging die Treppe hinauf.

"Oh, die Hausherrin zeigte sich demnach von ihrer dankbaren Seite?" rief Spike Giles gehässig hinterher, der ihn jedoch ignorierte. Spike zog beleidigt mit Bluttasse und Keksen vor den Fernseher.

Giles ließ sich auf das Bett fallen und starrte zur Decke. Er hatte dieses Leben nicht verdient. Nein, ein solches Leben war nicht fair. Seine Träume, Wünsche und Zukunftsvorstellungen waren einmal abgesehen von Pilot und Kaufmann, in eine ganz andere Richtung gelaufen. Und schließlich war er Gelehrter geworden. Auch nicht schlecht. In seinem Pass stand sogar, dass er einen Professortitel besaß. Aber den hatte bisher noch nie jemanden interessiert, ausser den verstorbenen Kurator des Sunnydale Museums, als Acathlas Sakrophag gefunden worden war. Oh und er beherrschte die Magie, schwarze, weiße, egal, gerade das was er brauchte. Er war weit fähiger, als Willow ahnte. Doch sein Doppelleben als Wächter hatte ihm zum Babysitter gemacht. Zu erst von Eileen, und dann von Buffy. Letzteres hatte ihn nach Sunnydale verschlagen und  ihm diesen schlecht bezahlten Job als Bibliothekar eingebracht. Das alles hatte ihn zu einem sehr einsamen Menschen gemacht, dessen einzige Liebe durch Buffys Ex-Freund Angelus brutal ermordert worden war. Die Erinnerung schmerzte und Giles verdrängte sie. Er schloß die Augen, stöhnte und trank weiter.

Sein Leben vor Sunnydale interessierte seltsamerweise keinen seiner "Freunde". Hatte Buffy bisher je groß Fragen gestellt? Als Eyghon zu einem Problem wurde, hatte Giles von sich aus Buffy ein wenig von
seiner Vergangenheit erzählt. Aber Buffy hatte nie weiter gebohrt. Erst mit Llevlyns Auftauchen war er gezwungen gewesen einiges zu erzählen. Sein Vater, die Verwirrungen mit dem Dämon, die Wahrheit
über Eileen und Llevlyn hatte sie näher zusammengebracht, nur um sie am Ende zu entzweien.

Sein Blick wanderte gelangweilt durch den Raum. Einsamkeit. Überall wo er hinblickte. Es gab keine Fotos von Familienangehörigen, keines mit Buffy, Xander, Willow und ihm, nicht einmal eines von Jenny. Seine kleine Wohnung kam ihm aufeinmal sehr kalt, beengend und unwohnlich vor. Er stöhnte leise, trank weiter.

Wie hatte sich Giles bemüht den Mittelweg zwischen Autoritätsperson und Freund zu finden. Im Nachhinein fand er, war ihm das sehr gut gelungen. Giles und Buffy hatten eine enge Bindung und er fand, dass
sie sich blind vertrauen konnten, was für eine Beziehung zwischen  Wächter und Jägerinn unbedingt wichtig war.

Doch Giles war sich nicht sicher, wie wichtig das je für Buffy gewesen war. Er erinnerte sich, wie er ihr nach Angels Rückkehr den Vorwurf gemacht hatte, dass sie ihn und seine Arbeit nicht respektieren würde. Damals war ihm das bitter ernst gewesen. Ihr Schweigen darüber hatte ihn so verletzt. Und trotzdem konnte er ihr schließlich verzeihen. Denn es war nun mal Buffy, die er bedingungslos liebte, die er als Tochter, die er niemals haben würde, angenommen hatte.

Die Flasche war leer, sein Kopf dröhnte, die Erinnerungen an die vergangenen Jahre brachen über ihn ein, als er in einen unruhigen Schlaf fand.

*****

"Oh, du hättest die beiden sehen sollen. Es sah fast so aus, als würden sie sich jeden Moment an den Kragen gehen." Willow ließ sich auf Xanders altes Sofas fallen und holte erst mal tief Luft. Xander stand an der Waschmaschine und kämpfte mit der nassen, frisch gewaschenen Wäsche.

"Ich wollte dir ja schon gestern von Giles Problem erzählen, daber du warst  mit Oz so beschäftigt...."

"Oh, jemand eifersüchtig..."

"Willow bitte? Das Thema hatten wir doch schon mal." Xander klatschte eine bunte Boxer-Shorts mit Scoopy-Figuren auf die Leine und Willow musste schmunzeln, als ihr Blick darauf fiel. "Giles ist in letzter Zeit recht häufig über aus aggressiv und vor allem sehr empfindlich. Ich weiß nicht wie viel er trinkt. Aber es ist viel. Und wir sollten unbedingt Buffys Augen öffnen. Sie will ihn mit ihrem Verhalten dafür bestrafen, dass er sie über diesen recht wichtigen Vergangenheitspunkt angeschwiegen hat. Aber sie kann das doch selbst nicht bis zum Ende ihres Lebens durchhalten?"

Willow sah erstaunt zu Xander. Es war lange her, dass ihr Freund so viel und vor allem so Vernünftiges von sich gegeben hatte. Giles "Erziehung" bekam ihm doch recht gut.

"Aber was können wir dagegen tun? Giles von der Flasche wegzubekommen mag genauso schwierig sein, wie Buffy zu einer Entschuldigung zu überreden."

"Danke für die moralische Unterstützung, Willow. Wir werden einfach mit Buffy oder Giles, besser noch mit beiden reden."

*****

Giles stand an Ethans Bett und starrte auf den schlafenden Mann hinunter, der mal sein Freund gewesen war. Schläuche und Drähte führten von ihm weg an Maschinen, die piepsten und ihm nichts sagten. Die Krankenschwester hat ihm zehn Minuten erlaubt und er hoffte, dass Ethan in dieser kurzen Zeit zu sich kam. Und wenn es auch nur für den Namen des Täters reichte, sofern er ihn kannte.

Gestern hatte der kleine Streit es nicht mehr zugelassen Fragen zu stellen. Offensichtlich zog es Buffy ja auch vor, ohne seine Hilfe zurecht zu kommen.  Ethans Atem war flach, sein Gesicht schimmerte, als wäre es aus Wachs und der Verband um seine Brust ließ ahnen, dass er noch mal Glück im Unglück hatte.

"Ethan?" Er reagierte nicht. Giles starrte Ethan an. Sie waren Freunde gewesen, enge Freunde sogar. Gemeinsam teilten sie sich eine Zweizimmerwohnung, verdienten sich ihr Geld mit schwarzer Magie und waren immer offen für Neues gewesen. Aber es war auch Ethan gewesen, der immer einen Schritt weiter gehen wollte. Eyghon war seine Idee gewesen. Ihm verdankte Giles die Tätowierung auf dem Unterarm, die er als Ermahnung und Warnung hatte stehen lassen. Bei Ethan prangte an deren Stelle eine Narbe von der Wegätzung, durch die eine Kanüle gelegt worden war. Giles würde Ethan nie verzeihen, dass er skrupellos Buffy tätowierte, um sie Eyghon auszuliefern.

Schließlich war Ethan an Llevlyns Erweckung und  Eileens Tod schuld. Giles Hände ballten sich zu Fäuste. Er schloß die Augen für einen Moment und überlegte, ob es ihm gefiel Ethan hier so liegen zu sehen. Ob es ihm Genugtung bereitete. Er fragte sich, was wohl geschehen würde, wenn er diesen kleinen, gelben Schlach herausziehen würde. Giles riß sich aus seinen Gedanken und schritt unruhig durch das Zimmer. Sein Blick blieb an seinem Bild in dem kleinen Spiegel über dem Waschbecken kleben. Er hatte sich rasiert und auch endlich mal seine Kleidung gewechselt. Trotzdem übersah er die Ringe unter den Augen nicht, die Quittung für schlaflose Nächte. Und er hatte fürchterliche Kopfschmerzen, gegen die er sich von derselben Krankenschwester ein Aspirin hatte geben lassen. Es wirkte kaum.

Er setze seine kleine Wanderung zum Fenster weiter fort und starrte nach draußen auf die Straße. Es herrschte um diese frühe Morgenstunde reges Treiben. Schließlich sah er auf die Uhr. Fünf der kostbaren zehn Minuten waren verstrichen. Er ging zurück zu Ethan. Ethan lag mit offenen Augen da und starrte die Decke an. Überrascht und ungeduldig beugte sich Giles zu dem Chaosbringer hinunter.

"Ethan, hörst du mich? Kannst du sprechen? Oder mir sagen wer das getan hat? Ethan?"

Ethans Pupillen wanderten hektisch hin und her. Er versuchte Giles zu antworten, brachte aber nur ein leises Röcheln zustande. Giles sah ihn fragend in die Augen und erkannte, dass Ethan in Panik war. Egal wer es war, Ethan hatte Angst.

"D-der....das Tor du....vorsichtig, Giles," brachte Ethan schließlich unter Anstrengung hervor. "Spitzel, überall. D-die Sondereinheit." Etwas begann zu piepsen. Augenblicklich stand die Krankenschwester neben dem Bett und Giles befand sich kurz darauf verwundert auf dem Flur wieder, mit der Anweisung Mr. Rayne in nächster Zeit zu schonen.

Giles ging Richtung Fahrstuhl. Er war sich nicht sicher, was Ethan gemeint haben könnte, aber es hörte sich nicht gut an. Er rempelte mit jemand zusammen und sah hoch.

"E-entschuldigung i-ich...hm...Buffy?"

"Hi! Ich, ich wollte zu Ethan."

"Man wird dich kaum zu ihm lassen. Ich schätze mal der Beamte dort vor seiner Tür," Giles zeigte hinter sich zu dem Zeitung lesenden Mann. "Hat strikte Order, was dich und Ethan angeht. Er wurde fast ermordet und dich hält man für den Täter..."

"Danke fürs erinnern. Ich weiß das. Irgendwie wäre es mir schon gelungen, denke ich mal." Buffy starte finster zu Ethans Tür und dann zu Giles. "Wie, wie geht es ihm?"

"Den Umständen entsprechend ganz gut. Die Kugel war im Schulterblatt stecken geblieben. Sie wurde ihm operativ entfernt. Allerdings verlor er dabei recht viel Blut und ist ziemlich geschwächt. Wenn...hm...entschuldige, aber ich, ich hab's eilig." Giles war die Begegnung nach dem gestrigen Abend mehr als peinlich und er hatte nicht vor, hier auf dem Flur eine Fortsetzung zu spielen. Buffy spürte das deutlich, aber hatte nicht vor ohne Informationen das Krankenhaus zu verlassen. Selbst wenn sie damit erneut gezwungen war, mit Giles zu reden, dessen Hilfe sie gestern erst so überaus dankend abgelehnt hatte.

"Ehm, hat er was gesagt?"

Giles sah überrascht zu Buffy. Er hatte nicht damit gerechnet, das sie seine Hilfe annehmen würde.

"Nicht viel. Jedenfalls nichts verständliches. Sagte er gestern Nacht irgend etwas?"

Buffy nickte und versuchte sich zu erinnern.

"Er faselte etwas vom Rat. Das sie hier wären und er sie eigentlich warnen wollte. Dann kam schon Mr. Wichtig mit "Keine Bewegung und langsam niederknien" dazwischen. Meint er damit den Rat der Wächter? Würden die jemanden umbringen, Giles?" Sein Name ging ihr tatsächlich leichter von den Lippen, als sie gedacht hatte.

Giles sah nachdenklich in Richtung Fahrstuhl.

"Ich weiß nicht. Vielleicht. Aber das wirst du bestimmt herausfinden. Ich kümmere mich dann am besten  uhm, um meinen eigenen Kram, ja?" Und mit diesem ungewollt harten Satz, ließ er sie einfach stehen, denn der Fahrstuhl war angekommen. Als er einstieg, starrte er Buffys Rücken düster an, die alle Überwindung brauchte, sich nicht zu ihm herum zu drehen.

*****

"Was...eh sie wollen verreisen?" Xander schloss die schwere Tür hinter sich und legte seine Tasche auf Giles Schreibtisch. Irritiert wanderte sein Blick zwischen Giles und dessen Koffer auf dem Esstisch hin und her.

"Mr. Englishman goes back," meldete sich Spike vom Sofa und tauchte kurz darauf mit einer Zeitung in der Hand auf.

"WAS? WIESO? WAS?" Xander verstand nicht oder besser gesagt er verstand sehr gut und geriet darüber in Panik.

"Spike sagt es. Ich fliege zurück nach England." Giles warf einen Schrankkoffer zu, der bisher Xander nicht aufgefallen war. Schrankkoffer? Da passte normaler weise ja jede Menge hinein und das würde bedeuten...

"Für immer?" fragte er entsetzt. Giles nickte stumm.

"Und was ist mir ihrer Arbeit hier?"

"Welche Arbeit Xander? Ich bin ein arbeitsloser, geduldeter Brite, schon vergessen? Ich hatte ein Visum in Verbindung mit einer Arbeitserlaubnis. Keine Arbeit, auch kein Grund die Greencard zu verlängern. Zudem läuft mein Visum demnächst aus. Ich gehe zurück. Buffy braucht mich offensichtlich nicht mehr länger. Ihr werdet erwachsen und geht euren eigenen Weg. In ein oder zwei Jahren wird Buffy mit eurer Hilfe auch ganz alleine mit Vampiren und Dämonen fertig. Keiner wird dann noch auf die Idee kommen, den alten Giles um Rat zu fragen. Und du Xander, wirst früher oder später zu der Einsicht kommen, dass ein Leben als Wächter frustrierend und zu aufopferungsbedürftig ist." Giles klang verbittert. Schließlich schloss er den Koffer und trug ihn zu einer kleinen Anhäufung von Reisetaschen.

"Wann? Ich meine wie bald?" keuchte Xander immer noch einer Panik nahe.

"Übermorgen geht mein Flug und morgen wird mein Gepäck verfrachtet. Uhm, Xander tu' mir einen gefallen und behalte es für dich. Ich will kein großes Abschiedstara oder etwas in dieser Richtung." Giles rückte seine Brille zu recht.

"Verstehe! Dann kann ich jetzt ja wohl wieder gehen?" Xander verbarg seine Enttäuschung nicht. Hatte er auch gar nicht vor. Es schien, als wäre Giles überhaupt nie scharf darauf gewesen ihn ernsthaft auszubilden. Das tat weh. Andererseits fiel ihm auf, dass Giles seit langem wieder mal gefasst wirkte und wie ausgewechselt war. Er schien nüchtern, ruhig und überlegend. Es war ihm somit todernst.

Giles schwieg. Er konnte ja Xanders Enttäuschung verstehen. Aber es gab gute Gründe von hier zu verschwinden und die wollte er nicht unbedingt jemanden auf die Nase binden.  Zum einen gab es hier niemanden, der ihn noch mit Sunnydale verband oder gar hielt. Nicht das es jemanden außer seinen Vater und alten Freunden aus seiner Wächterzeit, in London gegeben hätte. Zum anderen hatte ihn das, was Ethan im Krankenhaus gesagt und das Wenige, was Buffy am Abend zu vor von Ethan erfahren hatte, in Alarm versetzt. Es genügte, von hier schnellstens zu verschwinden.

"Bitte, das fasse ich dann als ja auf," Xander schnappte sich seine Tasche und zog die Tür lauter als nötig ins Schloss.

"Ehm, ich will ja nichts sagen, aber..."

"Spike? Halt die Klappe!" Giles griff zum Telefon und wählte die Geheimnummer und wartete auf das Freizeichen.

*****

"Wenn ich es euch sage? Die Bücherregal waren zur Hälfte leer geräumt, Koffer standen abholbereit herum und selbst Spike wusste, dass Giles abhauen will," Xander lief nervös in seiner Kellerwohnung herum. Anya, Willow und Oz waren seinem Notruf gefolgt. Buffy hatte kommentarlos aufgelegt. Ob sie kam stand in den Sternen.

"Aber, aber, das kann er doch nicht so einfach tun, oder?" Willow sah flehend von Oz zu Xander. "Ich meine...das bedeutet keine Treffen, keine Sonntage einfach bei Giles herumhängen, seinen Tee trinken oder seine...er kann das nicht machen!"

"Willow, beruhige dich doch." Oz legte einen Arm um seine Freundin, deren Augen immer wilder hin und her zwischen den Freunden wanderten. Sie war einer Panik nahe.

"Beruhigen? Ich, ich  meine Giles will gehen. Er will Amerika verlassen, Nachhause gehen. I-ich weiß nicht, wieso du da noch so ruhig bleiben kannst?"

"Oz hat recht Will," fiel ihr Xander in den Rücken und erntete einen entsprechenden, bösen Blick. "Giles ist wohl alt genug um Entscheidungen zu treffen und wir sind nun erwachsen genug mit diesen leben zu können...eh müssen wir wohl."

"Und was ist mit deiner Ausbildung?" Willows Verstand arbeitete auf Hochtouren. Irgendetwas musste Giles aufhalten oder irgendjemand. Buffy!

"Die ist Gott sein Dank dann gestrichen," strahlte Anya. "Das ist doch gut, oder?" setzte sie etwas vorsichtiger hinzu, als sie Xanders bösen Blick bemerkte.

"Keine Ahnung," Xander zuckte mit den Schultern. "Ich - hm, Giles glaubt wohl kaum, dass ich geeignet genug dafür wäre. Und irgendwie gebe ich ihm da fast recht. Seit nun über zwei Monaten versucht er mir einfache Dinge klar zu machen, und ich will sie nicht kapieren. Es scheint wirklich gute Gründe gegeben zu haben, warum vor so vielen Jahren mein Vorfahr sich aus den Chroniken hat streichen lassen. Ich denke, wenn Giles geht, ist dass das Aus für mich."

"Nicht wenn ich ihn daran hindern werde!"

Alle Augen richteten sich erstaunt auf Buffy, die gerade die Treppe nach unten kam.

"Und wie?" fragte Willow.

"Es ist doch offensichtlich, warum er von hier verschwinden will. Ich meine, ich denke -  er geht, weil er sich überflüssig vorkommt. Es gibt hier nichts mehr, was ihn noch hält. Nach gestern habe ich mir meine Gedanken gemacht, Will. Genau so, wie du es die ganze Zeit von mir verlangt hast. Und es stimmt, ich war Giles gegenüber nicht fair. Wir haben so vieles gemeinsam durchgestanden und so vieles verbindet uns, dass ich ihn nicht mit Füßen treten sollte. Aber, aber ich - nein ihr könnt das nicht verstehen. Ihr habt Llevlyn nicht erlebt," für einen Moment huschte ein Schatten über ihr Gesicht und ihre Gedanken schweiften ab. Sie fing sich wieder und fuhr etwas ernster fort.

"Ich muss das mit Giles klären. Ich bin daran wahrscheinlich alleine schuld. Wenn ich es schaffe mich zu entschuldigen, dann kann sich Giles bestimmt aufraffen seine Entscheidung neu zu überdenken. Ich muss ihm nur meinen Standpunkt deutlich machen. Irgendwie. Dann funktioniert das schon. Hoffe ich jedenfalls. Kommt jemand mit...wenigstens bis zur Tür?"

*****

"Oh," Buffys Seufzer war mehr ein gequältes Winseln, als sie vor Giles Wohnungstür angelangten. "Ich weiß nicht warum, aber irgendwie fühle ich mich wie damals, im Sommer, nach meiner Rückkehr," Buffy hatte bereits den Türklopfer in der Hand und suchte mit den Augen Hilfe bei Xander.

"Jetzt mach schon, er wird dich nicht auffressen. Ich meine damals hat er es ja auch nicht getan. Und glaube mir er hatte jeden Grund ... den er im übrigen jetzt auch hätte, so neben bei bemerkt." Xander gab ihr einen auffordernden Schubser und grinste gehässig.

"Warum fühle ich mich auf einmal so ‚viel' mutiger," Buffy ließ den Türklopfer zweimal gegen das Holz fallen. Innerlich hoffte sie, er wäre nicht da. Die Vernunft jedoch ermahnte sie und erinnerte sie an die Wichtigkeit ihres Gespräches. Es rührte sich jedoch nichts im Inneren. Ihr Herz klopfte vor Aufregung. Es war ganz bestimmt nicht einfach für sie, hier zu stehen und auf Giles zu warten.

"Vielleicht ist er es nicht mehr gewohnt, das jemand klopft?" Buffy drehte am Türknauf, doch sie war abgeschlossen.

"Super, lasst uns gehen," und erleichtert drehte sie sich bereits Richtung Ausgang, wurde jedoch von Willow und Xander gebremst.

"Hey, nicht so schnell, Buffy. Wenn Giles Tür verschlossen ist, oder hin und wieder weit offen steht, was sagt uns das für gewöhnlich?" Willow sah sie fragend an.

"Hm, das Giles entweder langsam senil wird oder mal wieder betrunken ist?"

"Komm schon Buffy, bleib ernst," Willow verdrehte die Augen.

"Schon gut, Will." Sie versuchte durchs Fenster ins Innere zu spähen, entdeckte jedoch nichts Auffälliges. "Da drin scheint alles ruhig zu sein. Aber wo ist Spike?"

*****

"Kann mir mal einer sagen, was ich bitte schön dabei soll," Spike versuchte sich vergeblich mit der Decke aus Giles Wohnung gegen die Sonne zu verteidigen. Irgendwie war sie eindeutig zu kurz und die Sonne zu heiß.

"Ich brauche Verstärkung. Ich traue meinem Meeting nicht. A-auch wenn du nicht gerade mehr potent bist..."

"Hey, hey...nicht persönlich werden. Ich hab mich wegen meiner Großzügigkeit bereit erklärt..."

"Die 100 Dollar und ein Monat kostenlose Blutkonserven spielen dabei natürlich keine Rolle!" Giles verdrehte die Augen.

"Man muss schließlich von was leben," gab Spike beleidigt auf Giles ironische Bemerkung zurück.

"Wir sind da," Giles hielt hinter einer alten Lagerhalle am Hafen an. "Warte hier."

In Anbetracht der hochstehenden Sonne, tat Spike nichts lieber als das.

Giles stieg aus und sah sich kurz um. Aber es gab nichts, was hier draußen auf einen Hinterhalt hindeutete. Der Schuppen hatte keine Fenster nur diese eine Tür, durch die er gleich schreiten würde, der Hof lag offen zum Hafen hin und sie waren im Moment die einzigen, die parkten. Giles schritt zur Tür. Sie war nicht verschlossen und er öffnete sie langsam und einen Spalt breit. Im Inneren herrschte fahles Licht. Optimal für Spike. Kisten standen im hinteren Teil und rechts von ihm führte eine Treppe ins Büro. Die würde er unbedingt überprüfen müssen. Er war nicht umsonst früher, als ausgemacht, hier erschienen. Er winkte Spike.

"Oh, prima. Warum bin ich aber auch immer wieder so doof und gutmütig," Spike riss die Tür auf, zog die Decke enger an sich und rannte zu Giles und sprang ins Innere, genau in den einzigen Lichtstreifen, der durch ein Loch fiel. Seine Jacke qualmte und er schlug sich panisch mit der Decke auf die Stelle.

"Argh, wenn das so weiter geht, bringt eure Gang mich doch noch um die Ecke," Spike versuchte finster zu schauen, was bei Giles ein amüsiertes Lächeln hervor rief.

"Die Kisten dort hinten. Überprüf' sie bitte. Ich schau mich im Büro um." Und ohne Spikes Antwort abzuwarten, erklomm er die Stufe. Vertrauen war gut. Misstrauen rettete Leben. Und dem Rat traute Giles seit seiner Entlassung nicht mehr. Zudem war es ihr Vorschlag gewesen sich hier draußen zu treffen.

"Bin ich euer Maskottchen oder euer Diener," brummte Spike als er hinter die Kisten verschwand und nach einem befürchteten Hinterhalt suchte. Aber es war niemand da. Auch Giles fand das Büro leer vor. Sie trafen sich in der Mitte der Lagerhalle.

"Alles sauber, Sir," salutierte Spike mit einem Grinsen im Gesicht vor Giles. Giles verzog das Gesicht und bedachte Spike mit einem genervten Blick. Spikes' Grinsen wurde breiter. Es war amüsant zu zusehen, wie sich der Ex-Wächter langsam in eine Panik hineinsteigerte, die Spike nicht verstand.

"Bei mir auch. Warten wir hier." Dabei griff er in die Innentasche seiner Jacke und holte einen Revolver samt Schalldämpfer hervor, schraubte diesen auf, entsicherte und versicherte sich noch einmal, ob er geladen war, bevor Giles ihn wieder zurücksteckte.

*****

"Wo um alles in der Welt kann er hingefahren sein? Ohne sein Gepäck?" Buffy kam die Schlafzimmertreppe nach unten, Willow stand unschlüssig im Flur, Anya hatte bereits Platz genommen, Xander fummelte an Giles Koffern herum und Oz sah immer noch betreten zur Eingangstüre, die Buffy vor einigen Minuten eingetreten hatte.

"Vielleicht ist er nur mal schnell einkaufen gegangen?" Anya sah gelangweilt um sich.

"Mit Spike? Wohl kaum." Xander ließ sich neben Anya aufs Sofa fallen.

"Ich hoffe nur er macht keine Dummheiten," murmelte Buffy, die bereits in der Küche angelangt war und den leeren Kühlschrank quittierte. Erstaunt betrachtete sie die ausgeleerten Flaschen im Mülleimer. Sie nahm an, dass er sie ausgeleert hatte, so alkoholisiert, wie sein Abfluss roch. Sie zog die Augenbrauen überrascht hoch. Anscheinend hatte er sich wieder im Griff.

"O.k. hat irgendjemand einen Vorschlag?" Buffy sah resigniert durch die Durchreiche die anderen an.

*****

Ein dunkelblauer Van fuhr auf den Hof ein und hielt neben Giles altem Wagen. Zwei Männer stiegen aus der Fahrerkabine, beide in Jeans und kurzen Lederjacken gekleidet. Die Hintertür öffnete sich und zwei Männer in Anzügen kletterten heraus. Sie gingen auf die Lagerhalle zu. Als sie eintraten und Giles in Bekleidung von Spike sahen, blieben sie überrascht am Eingang stehen, kamen dann schließlich näher. Der Mann im grauen Anzug und Sonnenbrille lächelte Giles entgegen, während sein Begleiter in beigen Anzug und Aktenkoffer eher misstrauisch um sich sah, was die beiden Lederjacken ihm gleich taten.

"Rupert, schön dich wieder mal zu sehen." Er nahm die Brille ab und eine Narbe quer über das linke Auge hin zum Nasenansatz wurde sichtbar.

"Ja, die Freude ist ganz auf meiner Seite, Duncan." Der Sarkasmus war nicht zu überhören und Giles versuchte so unverkrampft wie möglich zu wirken. Er hatte nicht vor, dem Mordkommando des Rates verängstigt entgegen zu treten.

"Kann ich mir denken, alter Freund. Dein Anruf kam so überraschen," Duncan grinste. "Na, ist deine Treffsicherheit noch immer bei 99 Prozent?" Duncan war wohl auf small talk aus.

"Ich habe damals auch nur daneben geschossen, weil du diesen dämlichen Witz über Briten und Schotten erzählen musstest." Gab Giles etwas bissig zurück.

"Ruhig Blut, alter Freund..."

"Kommen wir zum Geschäft, ja?" Giles hatte nicht vor in der Vergangenheit zu schwelgen.

"Von mir aus gerne. Jason, der Koffer." Der Beige trat näher heran und übergab Duncan den Aktenkoffer.

"Bevor du anfängst, was genau willst du ... uhm  ... wollt ihr hier?"

"Ein Problem lösen!" Duncan ließ den Aktenkoffer aufschnappen.

*****

Buffy war bereits beim dritten Koffer angelangt und hörte sich noch immer Willows Vorwürfe geduldig an.

"Du kannst doch nicht so einfach in Giles Sachen herumwühlen? Ich, ich meine er hat ja schließlich auch das recht auf ne Privatsphäre. Oder? Ieww..." Willow sah trotzdem neugierig Giles Boxershorts an.

"Der Mann trägt tatsächlich keine Tweedunterwäsche...", grinste sie Buffy an, die die Shorts recht schnell im Koffer verschwinden ließ und den Koffer etwas hastig zuschlug.

"Also gut, dann der nächste."

"Waren das echt seidene Boxershorts?" Xander sah fragend rüber. Erntete aber nur von Buffy und Willow ein Augenrollen.

"Ah, Bingo!" Buffy war auf Giles Notizbuch und Telefonbuch gestoßen. "Hier, Will. Such nach was Verdächtigen," und sie übergab ihr das Telefonbuch. Sie selbst nahm am Schreibtisch platz und blätterte das Notizbuch durch. In den letzten Tagen hatte Giles dort die Adresse des Polizeireviers, des Krankenhauses und die jeweiligen Telefonnummern dazu eingetragen. Und eine dritte Adresse, ohne einen Namen oder Vermerk.

"Ich denke das ist es. Kennt jemand die Lane Street?"

"Die ist unten am Hafen," antwortete ihr Oz.

"Sehen wir mal nach, ja?"

*****


Duncan wühlte noch immer in seinem Aktenkoffer herum, zog dann schließlich eine Akte hervor und schloss den Koffer, stellte ihn neben sich auf den Boden. Giles wartete geduldig. Etwas was man als Wächter wohl oder übel sehr gut beherrschte.

"Und das Problem heißt Buffy und Rupert!" Duncan genoss für einen Augenblick den überraschten Gesichtsausdruck von Giles.  " Sieh mal Rupert, der Rat der Zwölf, deinen Vater ausgeschlossen, versteht sich, ist der Meinung, dass wir wieder eine Jägerin brauchen, die dem Rat und ihrem Wächter folgt. Nur dann ist sie unserer Pflicht und unserer Aufgabe dienlich. Buffy wird nie jemanden anderen, als dich akzeptieren und selbst wenn wir dich als Wächter zurückholen würden, würde Buffy nicht mehr für uns arbeiten wollen. Richtig?"

Giles schwieg. Er ahnte auf was das Ganze hinaus lief.

"Tja und Faith können wir wohl ganz vergessen. Nicht nur, dass sie noch immer im Koma liegt, sondern auch weil der Rat an eine Wiedereingliederung nicht so recht glaubt. Wir wollen es euch irgendwie leicht machen."

Giles schnaufte verächtlich und Spike schnitt einem der Bodyguards Grimassen, was Duncan kurz aus der Reihe brachte, sich dann schließlich wieder auf Giles konzentrierte.

"Interessante Bekleidung, Rupert," meinte er mit einem Kopfnicken zu Spike.

"Gib bloß acht was du sagst. Ich bin nämlich sehr böse und ein....", Spike versuchte eine Vampirfratze, aber Giles brachte ihn mit:

"SPIKE!" zum Einhalten. Giles wollte dem Mordkommando nicht gerade alles auf die Nase binden.

Spike zog ein beleidigtes Gesicht und verschränkte die Arme vor der Brust, versuchte cool zu wirken.

"Ihr wollt es uns leicht machen? Soll ich jetzt oder später lachen? Für wie blöde hält mich der Rat, dass ich seine Sturmtruppe nicht erkenne? Der Rat schickt nicht seine Mörder los, um mit uns im Sandkasten zu spielen..."

"Nicht doch Rupert, nicht doch," Duncan versuchte so gewinnend wie möglich zu lächeln, doch Giles täuschte es nicht hinweg und das spürte er auch. Deshalb fuhr er wieder ernster fort: "Du kannst mit uns nach London kommen und dich einem erneuten Test unterziehen. Bestehst du ihn, wirst du wieder aufgenommen. Wie es gestern schien, kommt die Jägerin auch ganz gut ohne dich aus. Nicht wahr?"

Der Treffer saß und Duncan quittierte Giles Zusammenzucken mit einem kleinen, siegesbewussten Lächeln.

"Wie...wo...ihr beschattet uns?" Giles Hand zuckte für einen Moment unkontrolliert. Am liebsten hätte er sich auf Duncan gestürzt. Es war lange her, dass die beiden Männer zusammen Pubs unsicher gemacht hatten und die Besten ihres Jahrganges gewesen waren. Nur hatte sich Duncan nach Giles Geschmack für die falsche Abteilung entschieden. Und das ließ für ihn keine Alternative offen, wie er mit ihm umzugehen hatte.

"Rupert, du kennst unsere Arbeitsweise. Wir lassen keine Hintertürchen offen. Sicher haben wir euch beschattet. Euch abgehört, Fotoaufnahmen gemacht, Gewohnheiten ausspioniert...", Duncan zuckte unschuldig mit den Schultern. Was wollte Rupert von ihm? Er hatte doch nur im Auftrag des Rates seinen Job erledigt. Im Gegensatz zu Rupert.

"Zurück zu Thema, ja? Buffy soll in deiner Abwesenheit in Ruhe über ihre Entscheidung von über einem Jahr nachdenken. Ändert sie ihre Meinung über den Rat und ihre Mitarbeit nicht, ist der Rat entschlossen, sie zur Wiedereingliederung nach London zu holen. Dir steht es natürlich frei mit ihr darüber zu sprechen. Vielleicht hilft ihr das sogar, ihre Meinung zu überdenken."

"Das bezweifle ich. Und was wäre die Alternative, wenn weder ich noch Buffy diesen Handel eingehen würden?" Nicht das Giles sich das nicht schon längst hätte denken können. Er kannte das Mordkommando. Er wusste, was mit Jägerinnen geschah, die das Wiedereingliederungsprogramm nicht bestanden. Giles wusste auch, dass es dieses Wiedereingliederungsprogramm nicht gab. Würde Buffy die Mitarbeit ablehnen, würde sie abgeholt und auf dem Weg nach London für immer verschwinden.

"Nun, du hast lange genug in unserer Abteilung die Grundausbildung durchlaufen, als das ich dir darauf eine Antwort geben müsste..."

"Und wie passt Ethan Rayne in das Bild," wechselte Giles plötzlich das Thema. Er spürte die Nervosität seines Gegenüber.

"Wer?"

"Der Mann, der in einer Hintergasse von dir oder einem deiner Männer angeschossen wurde."

"Scheiße Mann, ich dachte er sei tot. Wirklich Duncan, ich hatte keine Zeit mich zu überzeugen, es kam jemand dazwischen..."

"Ganz recht, euer "Problem" war zu fällig in der Gegend," konnte sich Giles nicht ein Grinsen verkneifen.

"Die Jägerin?" Duncan sah erstaunt zwischen Jason und Giles hin und her.

*****

"Wer zum Teufel ist das?" Xander blinzelte durch den Riss des Wellbleches und versuchte Genaueres zu erkennen.

"Spike und Giles?" fragte Oz ironisch.

"Die auch, die anderen. Die Finsteren, die mit den Waffen!"

Buffy stand etwas abseits. Sie hatte bereits in das Innere gespäht und sich ihre Gedanken gemacht. Offensichtlich schienen diese Männer etwas mit Ethans Unfall zu tun zu haben und auch mit Giles hastigen Aufbruch. Sie waren eben erst angekommen und alles was sie von dem Gespräch mitbekommen hatten, war, dass die Männer von ihrer Existenz wussten. Es waren offensichtlich Ratsmitglieder. Das beruhigte Buffy nicht im mindesten. Im Gegenteil.

Sie ging zu dem Van und versuchte ins Innere zu spähen. Aber die Scheiben waren getönt. Die Fahrertür war offen, aber im Inneren schien alles normal. Buffy hatte auch mit der Hintertür glück. Sie war offen. Sie stieß sie auf und kletterte ins Innere. Erstaunt blieb sie stehen und blickte sich um. Der gesamte Innenraum war mit technischen Geräten ausgestattet, die farbenfroh blinkten, piepsten und offensichtlich auf Hochtouren liefen. Eines der Geräte zog ihre Aufmerksamkeit sofort auf sich. Es war ein Monitor mit einem laufenden Videorecorder. Auf dem Bildschirm sah sie den Rücken des Mannes im grauen Anzug und Giles mit Spike. Der Ton war anscheinend ausgestellt, aber eine Kamera schien irgendwo an einen der anderen Männern versteckt zu sein, sonst könnte die Aufzeichnung aus diesem Blickwinkel heraus nicht funktionieren. Der Rat schien moderner zu sein, als Giles bisher behauptet oder gar selbst geahnt hatte.

"Hast du was entde...oh Mann, WOW!" Willow tauchte auf und ihre Augen begannen angesichts so viel Technik zu leuchten. "Das ist ja...haben die auch irgendwo einen PC oder Laptop? Lass mich mal vorbei, Buffy."

Und schon stand sie im Inneren und begann mit ihrer Suche. Ein leiser Freudenschrei bekundete, dass sie fündig geworden war.

"O.k. Will, beeil' dich. Ich überwache solange den Monitor hier."

Willow sah zu Buffy und quittierte den Überwachungsbildschirm mit einem Stirnrunzeln.

"Mal sehen, was die so zu verbergen haben. Übrigens, zu unserem Glück und deren Pech war der Laptop an, mit eingegebenen Passwort," Willow klang irgendwie enttäuscht. Buffy grinste.

Willow orientierte sich auf dem Bildschirm, klickte mit der Maus wild auf einige der Icons und wartete was geschah.

"Ups. Ich glaub ich bin auf eine Datenbank des Rates gestoßen. Schau dir das mal an, Buffy." Buffy schaute Willow über die Schulter.

"Wirklich interessant, lass mich mehr sehen, Will."

*****

"Was machen die beiden so lange im Wagen," Xander sah fragend zum Van, Oz zuckte mit den Schultern.

"Ich wüsste was ich da drin mit dir anstellen würde," Anya sah auffordernd zu Xander, der verlegen grinste und Oz mit einem Schulterzucken bekundete, dass ihm Anyas offene Art peinlich war.

"Lass uns nachsehen!" Oz ging zum Van.

"Hm, vielleicht sollte einer von uns das Geschehen da drin im Auge behalten. Geht ihr ruhig." Xander wandte sich wieder dem Spalt im Wellblech zu. Anya war erst etwas unentschlossen, entschied sich dann doch mit Oz im Wagen nachzusehen.

"Hey, was gibt es hier Aufregendes?" Oz kletterte in den Wagen, half Anya rauf und trat neben Buffy.

"Willow ist auf eine Personaldatenbank des Rates gestoßen. Findest du, dass ich aufmüpfig bin und Schwierigkeiten mit Autoritätspersonen habe?"

Oz sah Hilfe suchend zu Willow, die ihn angrinste. Er zuckte mit den Schultern.

"Ich wüsste nur mal gerne, ob die das aus Giles Berichterstattung haben oder selbst auf den Trichter gekommen sind. Aber schaut mal hier, meine Lieblingspassage: herausragender Kampfstil, überdurchschnittlich erfinderisch und überlebensfähig. Als wäre ich deren Besitz." Buffy starrte finster den Monitor an.

"Ja, und das beste kommt erst noch," wandte sich Willow wieder dem Monitor zu und klickte einige der bunten Bildchen an. "Hier!"

Oz und Anya starten auf den erscheinenden Text: Fahnenflüchtige. Auszulöschen!

"Reicht denen nicht, dass Giles und ich erst beinahe durch ihren dämlichen Übervampir das Leben verloren hätten? Ich wüsste mal gerne warum alle ständig hinter mir her sind...."

Erst da bemerkte sie Oz und Anyas erstaunten Blick.

"Ach ja, Willow hat eine Geheimakte geknackt, in der hervorgeht, dass der Rat mit viel Geld jemanden aufgetrieben hatte, der Llevlyn entfesseln kann. Sie wussten, dass Llevlyn auf jeden Fall auf Rache aus war und somit hätte der Rat, ohne sich die Finger schmutzig zu machen, zwei Probleme auf einen Streich gelöst. Aber zum Glück haben sie unsere Truppe unterschätzt." Erklärte sie den beiden.

"Und Giles?" Oz nickte Richtung Computer, als er die Tragweite des eben Gehörten zu verstehen schien. Der Rat der Wächter schien wirklich alles andere, als eine Zusammenkunft netter Menschen zu sein.

"Gute Idee, Will. Such mal Giles Akte." Das war spannender als Vampire jagen. Jedenfalls im Moment. Und sie konnten ja nichts anderes tun, als recherchieren und darauf warten, dass Giles irgendwann mal  aus der Lagerhalle kam.

Willow rief das Suchprogramm auf, gab Giles vollen Namen ein und schickte die Suche los. Kurz darauf piepste es, das Bild eines Jahre jüngeren Giles baute sich auf.

"Niedlich!" bemerkte Anya sarkastisch und erntete grinsende Blicke.

"Hm...," Willow scrollte den Monitor weiter nach unten. Aber außer dem Bild erschien nichts weiter. "Das gibt es doch gar nicht. Meinst du, sie haben sie gelöscht, nachdem sie Giles gekündigt hatten?"

"Wenn der Rat aus lauter peniblen Menschen wie Giles besteht, bestimmt nicht. Versuch es noch mal Willow." Buffy war enttäuscht, wenigstens eine Beurteilung hätte sie gerne gelesen.

"Warte da!" Oz zeigte auf ein kaum sichtbares Icon am untersten Rand des Bildschirms.

"Oh, klasse, kaum zu übersehen," brummte Willow und klickte darauf. Der Monitor wurde schwarz und die Sanduhr mit "loading" erschien. Sie warteten geduldig. Die aufgebaute Information war sehr spärlich.

"Prima, die sind aber wirklich gemein. Da steht nicht mehr, als wir eh schon wissen. Und ich dachte endlich mal sein Geburtstagsdatum herauszufinden. Ich bekomme immer so nette Überraschungsparties und wir können uns nie revanchieren. Hey, nett..."strebt im Zweifelsfall immer das Gegenteil des Ratsbeschlusses an, Querulant, stur und dickköpfig. Schwierigkeiten mit Autoritätsperson. Kurzzeitige Entlassung auf Grund nicht mit den Ratsgesetzen übereinstimmenden Wächter/Jägerinnen Verhältnisses. Wieder eingestellt als Ausbilder...blablabla." .. . oh je, Giles und ich scheinen uns ähnlicher zu sein als gedacht." Buffy hatte versucht witzig zu klingen. Aber es gelang ihr nicht. Das Gelesene erinnerte sie zu sehr, an das, was sie gestern alles empfunden hatte und an was sie erinnert wurde.

"Willow scroll weiter," Oz tippte auf den Pfeil.

"Geht nicht, warte mal," sie versuchte eine andere Strategie, statt dessen erschien ein

"Akte abgeschlossen"

blinkend auf dem Monitor.

"Schade. Auf jeden Fall wissen wir, was die hier von euch wollen." Oz war im Begriff wieder nach draußen zu gehen.

"Ja, aber was bedeutet das "Akte abgeschlossen"? Das gibt doch keinen Sinn." Buffy gefiel das Ganze immer weniger.

"Fragen wir Giles?" Willow schloss das Programm und folgte Oz und Anya. Buffy sah sich noch einmal um, fand aber nichts verdächtiges, als der Schuss durch die Stille des Spätnachmittags hallte.

*****

"Ja, die Jägerin," Giles fand das Gespräch langsam ermüdend. Duncan und dieser Jason schienen ihm nicht mehr sagen zu können, als er eh schon wusste. Er sollte beseitigt und Buffy durch Erpressung an den Rat erneut gebunden werden. Funktionierte das nicht, würde auch ihre Akte für die Ewigkeit geschlossen werden.

"Was ist jetzt? Ihr habt mir gesagt, was ihr wollt. Ich war im Begriff...."

"Abzutauchen?" Duncan warf Jason noch einen vernichtenden Blick zu, ehe er sich wieder an Giles wandte.

"W-wie... oh, natürlich. Die Beschattung. Ich Idiot," Giles schlug sich gegen die Stirn. "Aber was ist jetzt mit Ethan? Früher oder später würde ich es sowieso erfahren."

"Nun Mr. Rayne war etwas auf der Spur, dass dem Rat sehr kostbar und lieb war. Als wir versuchten es uns zu holen, gelang es Mr. Rayne an einige Unterlagen des Rates zu gelangen und erfuhr von unseren Plänen. Der Rat sah keinen anderen Ausweg, als Mr. Rayne vor Erreichen seines Zieles zu eliminieren."

Giles sah besorgt zu Spike und wieder zurück zu Duncan. Er war sich recht unsicher, wie er weiter vorgehen sollte. Für ihn war es nicht im geringsten ein Problem für den Rat eine "Prüfung" abzulegen, wenn er damit Buffy raushalten konnte. Aber er hatte das Gefühl, dass Duncan etwas sehr Wichtiges verschwieg.

"Was genau, war es, dass Mr. Rayne gesucht hat?" Es schien der Schlüssel zu dem recht verworrenen Puzzle zu sein. Doch Giles bezweifelte, dass Duncan freiwillig mit der Wahrheit herausrückte.

"Sagen wir es mal so Rupert, wir haben es vor etwa zwanzig Jahre begonnen für zwei Jahre zu studieren, haben zwei Jahre lang versucht es zu vergessen und den Rest meines Lebens habe ich mit der Suche danach verbracht," Duncan legte den Aktenkoffer auf den Boden und öffnete ihn ein zweites Mal. Ein kleines, türkisfarbenes Kästchen lag auf einen Stapel Papiere. Giles Augen wurden angesichts des Artefakts vor Erstaunen groß.

"Das ist unmöglich," brachte er flüsternd über die Lippen. "D-das Tor von Iptehon?"

"Ja, Rupert. Wie ich sehe hast du damals deine Hausaufgaben wirklich gut gemacht. Ich müsste lügen, wenn ich abstreiten würde, dein damaliger Beitrag hätte mich nicht auf die Richtige Spur gelenkt. Danke übrigens."

"Der Rat schickt dich nicht, oder jedenfalls nicht wegen der Jägerin?" Giles wurde unruhig. Das kleine unscheinbare Kästchen besaß Kräfte, die jedes bisherige Abenteurer in Sunnydale, in den Schatten stellen würde. Er mußte es zerstören.

"Sagen wir mal so Rupert...der Rat hat meine Suche unterstützt, finanziert, bewilligt. Aber es gab ein Problem: das Tor kann nur am Höllenschlund geöffnet werden. Und seit deinem hier sein wissen wir in London Gott sei Dank wo wir nach diesem Schlund zu suchen haben. Aber der Rat denkt immer noch, dass am Höllenschlund das Tor ein für alle Male zerstört werden kann. Ich habe aber nichts dergleichen vor. Ich werde es öffnen und niemand wird sich mir in den Weg stellen. Schon gar kein abgehalfterter Wächter und eine fahnenflüchtige Jägerin. Mein Auftrag entsprach zwei. Das Tor zerstören und euch aus dem Weg räumen."

"Nicht wenn ich es verhindern kann," Duncan sah angesichts Giles verändertem Tonfall von seinem Artefakt auf und blickte in den Schalldämpfer von Giles Waffe. Für einen Moment schien er wirklich irritiert, doch dann lachte er schallend.

"Rupert, Rupert, du überrascht mich immer wieder. Schau dich doch um, Jason, Patrick und Sean, drei gegen dich und den Clown hier."

Spike wollte auffahren, aber beließ es bei einem leisen Knurren. Zwei Halbautomatiken wurden auf sie gerichtet und Jason zog betont langsam eine Magnum unter seinem Jackett hervor.

Doch Giles ließ sich nicht beirren. Er entsicherte. Duncan schluckte.

"Weißt du Duncan, mein Leben hätte nicht furchtbarer und grausamer verlaufen können, als man sich das Leben nun mal in der Hölle, in diesem Fall am Höllenschlund, vorstellen kann. Ich habe so viele Menschen in den letzten 20 Jahren beerdigt und viele gute Freunde verloren. Ich habe blind an den Rat, seine Lehren und seine Vorschriften geglaubt, dass man es schon fast als Naivität bezeichnen könnte. Ich habe die letzten Jahre für meine Jägerin geopfert, meine große Liebe verloren, erneut Freunde beerdigt, Dämonen, Vampire und meistens Schlimmeres in Sunnydale erlebt. In England gibt es außer meinen alten, sturen Vater und dem Rat niemanden, der auf meine Rückkehr wartet und hier gibt es keine Jägerin mehr, die mich braucht, die mit ihren Freunden ganz gut ohne mich auskommt...wer also glaubst du würde mir eine Träne nachweinen, wenn ich dich töte, und deine Leute dann mich, zur Rettung der Menschheit?"

Sein Finger zog sanft am Abzug, Die Trommel begann sich zu drehen.

Der Schuss löste sich unvorbereitet, hallte durch die Stille des Nachmittags.
 
 

...to be continued.
 
 



Die Giles-Trilogie Teil 3
No Way Out

Teil 10-12






Buffy sprang aus dem Van, überholte die anderen, die noch etwas ratlos durch den Schuss vor der Halle standen und sprengte die Tür auf. Sie orientierte sich nicht erst lange oder versuchte herauszufinden wer verletzt war. Denn die Lederjacken drehten sich in dem Augenblick zu ihr herum, als die Tür aufflog. Buffy prellte mit einer Fußtechnik dem Linken die auf sie gerichtete Waffe aus der Hand, trat ihm, den Restschwung nützend, gegen die Brust, und schlug ihm ihre Handkante auf  die Schlagader, als sie an ihm vorbei sprang und hinter ihm zu stehen kam. Noch bevor er sich gefangen hatte, war sein Mitstreiter dabei, Prügel einzustecken, als er den Fehler begann Buffy anzugreifen. Sie erwartete ihn, steckte seinen Schlag gegen die Schläfe mit Leichtigkeit ein und holte zu einer Kombination aus Uraken, Zukis und Handkantenschlägen aus und legte den Mann aufs Kreuz. Mit einem Prellschlag auf den Kehlkopf fiel er in ein schwarzes Loch.
Lederjacke zwei war von hinten herangestürmt und umklammerte Buffy mit eisernem Griff. Sie schlug ihm mit ihren Hinterkopf ins Gesicht, trat mit den freien Füßen empfindlich nach unbedeckten Körperstellen. Schließlich ließ er los. Buffy wirbelte herum, schlug ihm ein Uraken gegen die Wange, trat ihn in den Unterleib, schlug dem zusammenklappenden Mann beide Fäuste in den Nacken und sah zu wie er taumelte. Lederjacke sah seine Niederlage ein und suchte sein Heil in der Flucht.

"Fein, zwei auf einen Streich. Was ist, die Luft ist rein, oder wollt ihr da draußen Wurzeln schlagen?" Sie sah Xanders bleiches Gesicht und die besorgten Minen der anderen. Sie wandte sich wieder dem Inneren zu. Der offensichtliche Anführer stand mit gezogener Waffe in der Hand da und grinste ihr entgegen. Sein Partner lag reglos am Boden.

"Schön das trifft sich ja prima. In etwa 30 Sekunden kann ich dem Rat "Auftrag erledigt" mitteilen. Ich hätte gerne die Angelegenheit friedlich gelöst, aber dein Ex-Wächter legte es auf eine Konfrontation an. Tut mir leid. War nett dich mal getroffen zu haben. Die Ehre der Jägerin persönlich zu begegnen haben nur wenige."

Die Waffe richtete sich auf ihren Kopf. Buffy sah zu Spike und Giles und musste erschrocken feststellen, dass Giles mühe hatte, sich auf eigenen Beinen zu halten, hätte ihn Spike nicht gestützt. Buffy sah zur Waffe und wartete auf eine verräterische Bewegung von dem Mann, um reagieren zu können. Sie nahm sein Zucken in dem Moment wahr, als er abdrückte und ließ sich nach vorne fallen. Sie rollte sich über ihre Schulter ab, sprang hoch und riss die Waffe samt seinen Arm in die Höhe. Der Schuss schlug als Querschläger in das Wellblechdach ein.

Duncan war verdutzt, nicht wirklich überrascht. Er hatte von ihren Fähigkeiten gelesen. Doch er hatte eine Ausbildung in Nahkampf über die letzten zwanzig Jahren genossen, speziell für solche Aufträge. Es gehörte schon mehr dazu, in außer Gefecht zu setzen. Er holte mit seinem Aktenkoffer aus, schlug ihr damit ins Gesicht. Er quittierte ihr leises, überraschtes Stöhnen mit einem fiesen Grinsen und nutzte ihre Überraschung, um zum Van zu rennen.

"Wieso habt ihr ihn nicht aufgehalten?" Blut tropfte von der kleinen Platzwunde an ihrem Kopf auf ihre Bluse.

"Er hatte eine Waffe und ich spiele nicht gerne John Wayne." Verteidigte sich Xander und die Gang.

Der Van sprang an und Buffy ersparte sich einen unnötigen Spurt nach draußen.

"Giles was waren das für Leute?" Buffy eilte Giles zu Hilfe und bemerkte besorgt das Blut an seinem linken Oberarm. "Alles in Ordnung?"

"Nichts schlimmes. Es, es ist nur ein Streifschuss. Ich hab' schon Schlimmeres überlebt."

Für einen Moment herrschte zwischen ihnen ein wissendes Schweigen.

"Soll ich hier noch länger den Samariter spielen," brummte Spike und schubste Giles auf Buffy zu, die ihn auffing und ihn nach draußen brachte. Xander und Oz kümmerten sich um den Bewusstlosen, in der Lederjacke.

"Der wird wohl noch ne Weile im Land der Träume weilen," grinste Xander und ging zu dem am Boden liegenden Anzugträger.

"Den hat Giles vorhin getroffen." Xander zeigte zu seiner Beobachtungsstelle zurück. "Ich sah Giles die Waffe ziehen und die Schüsse wurden gleichzeitig gefeuert. Giles muss dadurch sein Ziel verloren haben, denn er hatte auf diesen Duncan gezielt und traf den hier. Einer der Lederjacken muss Giles getroffen haben."

"Mhm, rufen wir die Polizei." Oz  war sich sicher, das die beiden Buffy entlasten konnten, was Ethan betraf. Xander nickte.

"Ihr seit mir schon eine komische Truppe von Helden. Die Jägerin lässt sich von einem Koffer aus der Reihe bringen und ihr ... ach was soll's," Spike grinste und griff sich die Decke, warf sie sich über und folgte dem Rest.

*****

"Langsam, langsam - warten sie," Giles ließ sich erschöpft in sein Sofa sinken und wehrte Buffys hilfreiche Hand ab. Er hatte auf dem Weg zu sich  der Gang von Duncan erzählt. Wie sie gemeinsam die Wächterschule durchlaufen hatten, nur jeder für sich später eine andere Abteilung gewählt hatte. Sie wussten nun auch vom Mordkommando, das die Wiedereingliederung schön klang, aber das Gegenteil meinte und er hatte ihnen auch von dem Tor von Iptehon erzählt.
Er wiederum musste erstaunt erfahren, dass der Rat Llevlyn befreien ließ, um Buffy und ihn auf diesen einfachen Weg loszuwerden. Da das offensichtlich nicht funktioniert hatte, wurde Duncan ins Rennen geschickt.

Buffy hatte vor einer Minute die Gang nach Hause geschickt und Spike gebeten mit Xander zu gehen. Sein Keller war bestimmt genauso ein gutes Versteck, wie Giles Wohnung.
Giles hatte das Gefühl, dass Buffy das Bedürfnis zu reden hatte. Nicht das er dazu nicht bereit gewesen wäre, aber er hielt den Zeitpunkt für recht ungünstig.

Buffy verschwand in seinem Bad und er hörte sie herumsuchen. Kurz darauf kam sie mit seinem Erste Hilfekasten zurück.

"Wenn sie schon so unvernünftig wie ich sein müssen und keinen Arzt an sich heran lassen wollen, dann akzeptieren sie wenigstens meine Hilfe. Ausziehen." Sie deutete auf sein Hemd. Giles war es alles andere als angenehm, sich vor Buffy seines Hemdes zu entledigen. Er starrte sie etwas hilflos an.

"Machen sie schon Giles, ich schau ihnen schon nichts ab." Sie wusste, das nach allem was zwischen ihnen vorgefallen war, es für Giles alles andere als selbstverständlich war, sie hier zu dulden oder ihre Hilfe anzunehmen. Aber es war ein Anfang und wenn er mitzog, konnte sie sich sicher sein, dass er nicht mehr all zu sehr böse auf sie war.

Giles sah Buffy noch für einen Augenblick zu, wie sie Mullbinde, Heftpflaster und Jod aus dem Kasten heraussuchte, bevor er ihrer Aufforderung nach kam. Doch sein Arm fühlte sich bereits taub an und es
gestaltete sich für ihn schwieriger, als er dachte. Buffy half ihm etwas schüchtern. Nicht nur für Giles war diese Nähe ungewohnt.

Der Streifschuss hatte wirklich keine große Wunde hinterlassen, jedoch eine Tiefe. Die Blutung war zum Glück während der Herfahrt schon gestillt worden und ein roter Vorhof hatte sich gebildet.

"Meinen sie wirklich nicht, ein Arzt wäre ratsamer?"

Giles schüttelte mit dem Kopf.

"Ich habe in diesem Kasten irgendwo spezielle Klammern, die ein Nähen überflüssig machen. Tun nur höllisch weh..."

"Hab' sie...hm," Buffy gestand sich ein, dass es ihr etwas schwer fiel ihrem Ex-Wächter so nahe zu treten. Aber sie war es ihm nun mal schuldig. Schließlich war er es gewesen, der ihre Verwundung durch Llevlyns Axt nähte und nach der Reifeprüfung für ihre Wunden da gewesen war. Etwas zögerlich begann sie zu desinfizieren. Giles zuckte, stöhnte überrascht über den Schmerz.

"Stellen sie sich nicht so an," sie grinste ihn an und Giles versuchte zurück zu lächeln, verzog jedoch das Gesicht vor Schmerz, als sie die Wunde direkt säuberte. Er sah ihr zu, wie sie versuchte sanft und
schmerzfrei für ihn, die Klammern anzulegen, die Wunde dann unter einer weisen Mullbinde versteckte.

Wie hatte er es nur soweit kommen lassen können, dass sie sich so fremd wurden?

"So, fertig," Buffy stand auf und räumte auf. Als sie zurück ins Zimmer kam, stand Giles bereits und unternahm einen hilflosen Versuch sein Hemd überzustreifen. Sie half ihm auch diesmal, nur das ihr Blick auf die lange, rote Narbe fiel, die seinen Rücken zierte. Giles bemerkte ihren Blick und wandte sich von ihr ab, hängte sich das Hemd schließlich nur über, die Narbe ihrem Blick entziehend.

"Giles...uhm," sie sah ihn an, verstummte. Sie hätte ihn gerne gefragt, ob das Angelus gewesen war oder aber Llevlyn. Oder gar von einem anderen Abenteuer. Aber sie war feige, denn die Wahrheit konnte für sie auch sehr verletzend und schmerzhaft werden. Und es schien ihr, als würde Giles nicht darüber sprechen wollen, als wäre es ihm durchaus unangenehmer, als ihre Berührungen von eben.
Sie wandte ihren Blick ab und sah nervös zur Seite. Giles setzte sich schweigend. Er konnte sich vorstellen, was in Buffys Kopf vor sich ging. Sicherlich stellte sie sich die Frage, ob die Narbe unter Umständen ein Andenken an Angelus war.

"Buffy, ich denke es wird Zeit, dass wir miteinander reden. Ich, ich kann dich beruhigen, das war nicht Angelus. Ich, es...uh...ist von Llevlyn," den Namen erneut über seine Lippen zu bringen, brachte die Erinnerung mit Gewalt über ihn. Buffy sah seine Hände zittern. Das Flüstern seiner Stimme...all das dachte sie vor noch nicht einmal 24 Stunden wäre eine Genugtuung für sie gewesen, aber nun tat er ihr nur noch so unendlich leid. Die Tatsache, dass er Tag für Tag dieselben Ängste durchstand wie sie, wahrscheinlich dieselben Alpträume hatte, führte ihr vor Augen wie mies sie sich ihm gegenüber Verhalten hatte, wie unfair und egoistisch.

"Giles," sie wartete bis seine Augen ihre trafen.  "Es tut mir so leid."

"Ich weiß." Er schenkte ihr kein aufmunterndes Lächeln, noch sah er sie besonders freundlich an, aber seine Stimme verriet ihr doch, wie sehr er sich dieses "Es tut mir leid" gewünscht hatte. Und wie leicht es doch dem Mann immer wieder fiel, ihr zu verzeihen. Das brachte sie nun doch zum Lächeln .

"Ich bin froh, das wir - reden können. Die letzten acht Wochen waren für keinen von uns leicht. Ich habe deine Entscheidung akzeptiert Buffy...und ich habe nur eine Bitte an dich...das du nun auch meine Entscheidung akzeptierst." Nun war es an Buffy Giles irritiert anzusehen.

"Ich, ich verstehe nicht...welche Entscheidung?"

Sein Blick wanderte zu der Anhäufung an Koffern und sie verstand auf einmal. Die Erkenntnis war so schmerzhaft, dass sie das Gefühl hatte ihr Herz zerreiße.

"Nein, Giles...", ihre Stimme war nur noch ein Flüstern. "Das ... sie wollten doch nur nach England, weil sie befürchteten, dass der Rat hinter ihnen her ist und mich da raushalten wollten. Jetzt wo wir wissen, das der Rat unsere Akten bereits abgeschlossen hat und dieser Duncan das Tor öffnen will...nein." Sie sprang auf. Das war nicht sein Ernst. Warum wich sein ernster Blick nicht einem seiner, eher schelmischen, Grinsen?

"Buffy! Ich weiß, dass dich das jetzt sehr unvorbereitet trifft. Aber sind wir doch mal realistisch. Ich bin nach Sunnydale gekommen, weil mich der Rat dazu beauftragt hatte. Ich kam etwas naiv im glauben mit dir ein leichtes Spiel zu haben an und wurde die letzten Jahren eines bessern belehrt. Nicht das mir die Arbeit hier mit dir und Willow oder Xander nicht gefallen hätte. Im Gegenteil. Du weißt, was ihr mir alle bedeutet, was du mir bedeutest. Aber wie ich schon  zu Xander heute morgen sagte...ihr werdet erwachsen, ihr kommt mit Sunnydale und seinen Schrecken sehr gut ohne mich zu recht. Die Meetings sind doch nur noch ein zaghafter Versuch die alte Gang zusammen zuhalten. Doch ich bin schon längst überflüssig geworden. Ihr geht euren Weg und das ist richtig so. Ihr steht am Anfang  Eures Lebens und habt noch soviel zu lernen, auszutesten. Ich - ich fühle mich überflüssig und..."

"Nein, Giles sagen sie so was nicht. Ich, wir...wenn sie gehen, wer warnt uns dann noch vor einem bevorstehenden Ereignis? Wo können wir sonst unsere Wochenenden herumhängen..."

"Buffy...das ist nicht die Vorstellung meines restlichen Lebens für euch eine offene Tür bereitzuhalten, für euch Seelsorger zu spielen. Ich habe in den letzten Jahren so viel Unvorstellbares erlebt und am eigenem Leib erfahren müssen, dass es nun an die Zeit gekommen ist, ein Schlussstrich zu ziehen und neu zu beginnen. Wir arbeiten beide nicht mehr für den Rat. Für mich war es ein vorbestimmter Weg, den ich aber nicht zu beschreiten brauchte und für dich wird es ein Leben lang ein Fluch, eine Last eine heilige Pflicht bleiben. Ich ziehe den Strich und reise nach London zurück. Ich werde dem Rat ein oder zwei Dinge erklären müssen. Meine Entscheidung steht. Zudem erwartet mich meine neue Anstellung in zwei Wochen."

Zwei Wochen? Sagte Giles ihr gerade, dass ihnen noch zwei Wochen blieb, wenn er seinen Flug für  übermorgen absagte und umbuchte, damit sie das Tor unter Verschluss halten konnten? Buffy sah Giles finster an. Schwieg.

"Ich werde meinen Flug stornieren und umbuchen. Selbstverständlich helfe ich euch noch in diesem einen Fall. Ich erwarte nicht, dass du es verstehst, oder akzeptierst, aber du solltest es zu mindestens
respektieren.

"Ich kann nicht Giles. Ich, wir...haben so vieles gemeinsam durchgestanden und wenn es mit meinem Verhalten zu tun hat...mehr als das es mir leid tut und ich mir wünschte es rückgängig machen zu können, kann ich nicht sagen."

"Es hat zum Teil in der Tat mit deinem Verhalten zu tun," Giles wurde mit einem warnenden Blick von Buffy dafür belohnt, ignorierte ihn aber.

"Aber nur insofern, dass es mir die Augen geöffnet und mir mein armseliges Leben in einem fremden Land vor Augen geführt hat. Die meiste Zeit meines Hier seins habe ich für dich in der Bibliothek gesessen und die Denkarbeit erledigt, habe mich um dich gesorgt, habe mit dir trainiert und auf vieles verzichtet. Es brachte mir nur nie einen Dank ein. Die meiste Zeit waren wir unterschiedlicher Meinung, stritten und machten uns gegenseitig das Leben schwer. Ich habe es erduldet und ertragen weil es zu nächst meine Aufgabe war. Als ich jedoch entdeckte, was in dir steckt, als du mich Tag für Tag immer wieder aufs neue überraschtest, wich dieses Pflichtbewusstsein. Das Gefühl, dass du jemand brauchtest der Verständnis für dich aufbringen kann und der dir Halt gibt, der dich unterstützt und wie es Quentin treffend ausdrückte, dich wie ein Vater liebte, trat an dieser Stelle. A-aber...auf lange Sicht muss auch ein Vater akzeptieren, dass seine Tochter erwachsen wird und ihn immer seltener braucht...i-ich werde immer für dich da sein und wir werden Kontakt halten. Nur mein Leben hier ist in eine Sackgasse geraden...ich darf nicht stehen bleiben. Meine besten Jahre liegen hinter mir." Er seufzte. Giles wusste, dass er Buffy
gehörig vor den Kopf stieß, aber das musste nach so langer Zeit einmal gesagt werden. Sie musste begreifen, warum er ging. Nicht jetzt, vielleicht nicht einmal, wenn er ging. Aber mit der Zeit.

Buffy schüttelte ungläubig ihren Kopf und funkelte Giles gefährlich an.

"Sie können mir nicht weiß machen Giles, dass es ihnen so leicht fällt. Das ihnen unsere Zeit nichts bedeutet hat, dass - dass nehme ich ihnen nicht so leicht ab."

"Buffy, bitte. Du darfst auf keinen Fall glauben, dass ich so eine Entscheidung leicht gefällt habe. Es schmerzt mich, dich hier alleine zu lassen, aber...versteh' mich nicht falsch...es muss in meinen Leben auch
noch etwas anderes geben."

Buffy wollte nicht glauben, was sie hörte. Ja, sicher verstand sie Giles. Er hatte hier nichts gefunden, was ein Leben lebenswert machte. Seine einzige Liebe Jenny wurde hier ermordet. Ein Vampir, der ein Freund war, war zu einem Monster geworden, hatte ihn gefoltert, eine Jägerin töten lassen und alle zusammen terrorisiert. Dieser Vampir hatte ihn auch Buffy genommen, wie er sie gekannt hatte, in dem sie über Angel verwirrt davongelaufen  und verändert wieder zurückgekommen war. Sie hatte ihn in der Zeit danach häufig angelogen, ihn und ihre Mutter gegeneinander ausgespielt und beide beschwindelt. Sie hatte sich nie die Zeit genommen mit ihm über Vergangenes zu reden, hatte es einfach so weiter laufen lassen. Hatte sich sogar als Richterin aufgespielt, als er das letzte Mal für den Rat einen Auftrag ausgeführt hatte. Und war doch dankbar, als er ihren Bruch mit dem Rat ohne Vorwürfe akzeptiert hatte. Und seine Treue musste er mit dem Verlust beider Arbeitsplätze, mit schmerzhaften
Erinnerungen und Verlust bezahlen. Seine Entscheidung akzeptieren? Sie konnte es trotzdem nicht.

"Vielleicht gehe ich jetzt lieber... wir sehen uns morgen zur Besprechung." Sie griff nach ihrer Tasche und vermied den Augenkontakt mit Giles. Tränen standen ihr in den Augen. Sowohl aus Wut  als auch aus Enttäuschung.

Giles sagte nichts. Er starrte nur weiter seine Koffer an. Sie blieb auf dem Weg zur Tür noch einmal stehen und sah sich in der fast ausgeräumten Wohnung um. Sie schluckte schwer und kämpfte gegen die Tränen an.

"Bis morgen dann." Sie eilte nach draußen und ließ ihren Tränen freien lauf.

*****

Jason und Patrick waren verhaftet worden und Duncan schlug mit der Faust auf das Lenkrad des Vans. Er wusste das der Rat alles andere als erfreut sein dürfte, davon zu erfahren. Trotz seiner Ausbildung und dem jahrelangen Studieren der Akten, hatte die Jägerin ihn ausgetrickst. Und Jason war nicht gerade stabil. Es bedurfte nur eines Druckmittels und er würde den Mordversuch an Ethan Rayne zu geben. Wenn sie Pech hatten, würde er seine Verbindung zu ihm verraten. Aber davon ließ er sich nicht aufhalten. In der kommenden Nacht standen die Sterne genauso, wie er sie für die Öffnung des Tores
brauchte. Er lenkte den Wagen auf die zerstörte Sunnydale High School zu und hielt auf einen entfernten Parkplatz.

Die Tatsache, dass Giles von dem Tor wusste, beunruhigte ihn. Machte ihm sogar Angst. Duncan hatte sich verstecken wollen, aber das war weniger hilfreich. Er musste direkt am Höllenschlund stehen, um das Tor zu öffnen. Und wenn Giles schlau genug war, dann fand er das recht schnell heraus, wenn er es nicht schon wusste. Es würde nicht lange dauern und Giles schickte seine Kampftruppe hier her. Aber er war nicht völlig unbewaffnet. Sean stieg als erstes aus und wartete auf seinen Boss. Er wusste, dass er heute oder morgen den Befehl hatte, auf alles was sich bewegte zu schießen. Ohne Rücksicht.
Duncan folgte er ihm mit seinem Koffer schützend vor die Brust gepresst. Deckung suchend rannten sie auf das zerfallene Gebäude zu.

*****

Nach einer unruhigen Nacht für alle, trafen sie sich bei Giles am Nachmittag. Buffy hatte mit Willow noch die halbe Nacht damit verbracht, über Giles Weggang zu reden. Sie hatten Möglichkeiten ausgearbeitet, wie sie ihn zum hier bleiben überreden konnten, aber ihnen war nichts Gutes eingefallen und beide waren frustriert eingeschlafen. Xander hatte es am Abend von Willow am Telefon erfahren und war enttäuscht, dass seine Ausbildung so ein schnelles Ende fand. Was Anya jedoch zu einem zufriedenen Lächeln gebracht hatte.

Giles saß bei ihrem Eintreten an seinem Schreibtisch, wie gewöhnlich über einen Berg Bücher gebeugt. Als die Tür aufging, sah er ihnen ernst und gefasst entgegen. Er konnte sich denken, dass Buffy allen bereits über seine Plänen berichtet hatte.

"Hallo Giles," Willow beschloss freundlich zu bleiben und Giles nicht spüren zu lasen, dass sie verärgert waren. Buffy sah ihn nur an und Xander hob kurz die Hand. Oz war nicht dabei und Anya schien ihm irgendwie recht glücklich. Wenigstens jemand der sich über seine Entscheidung freute, dachte er sarkastisch bei sich.

"H-hallo, uhm kommt rein. Ich habe hier etwas interessantes über das Tor gefunden." Es war einfacher sich an die Fakten zu halten, als auf die Abreise angesprochen zu werden. "Wie es scheint, kann nur bei einer speziellen Sternenkonstellation, die heute Abend zustande kommt, das Tor geöffnet werden. Ich schätze das Duncan die Sunnydale High aufsuchen wird, da das Tor nur direkt am Höllenschlund selbst geöffnet werden kann."

"Sie sagten gestern, dass das Tor das Tor zur Hölle sei. Ginge das präziser, Giles?" Buffy vermied einen aggressiven Tonfall, aber sie erkannte an Giles Blick, dass ihr das nicht ganz gelang.

"Uhm, das Tor von Iptehon, öffnet nicht nur ein Portal zu einer Unterwelt, wie das im Normalfall ist. Das Tor öffnet Portale zu allen Universen, zu allen Unterwelten und Zwischenwelten. Durch die Portale gelangen bei seiner Öffnung nicht nur Untode, gepeinigte Seelen und Dämonen unserer Mythologie zu uns, sondern undenkbar viele und bis jetzt unbekannte Dämonen, Schreckenswesen und Monster. Sie werden wie eine Heuschreckenplage über die Erde hereinbrechen und alle Menschen unterjochen. Sie werden uns nicht töten oder in ihre Dimension verbannen, sondern werden sich als unsere Herren aufspielen und gegenseitig Kriege führen. Denn jeder wird für sich die Welt beanspruchen wollen."

"Das hört sich ja irgendwie ieew an," Xander schüttelte sich. Willow nickte blass.

"Und was hat Duncan davon?" Buffy sah sich ein paar Bilder in Giles Büchern an, die versuchten das Grauen darzustellen, das auf Erden herrschen sollte, sollte das Tor geöffnet werden.

"Wer das Tor öffnet, wird zum Oberhaupt gekrönt, egal welche Rasse die Oberhand gewinnt. Er wird alleiniger Herrscher über die Untoden, Dämonen und Monster sein. Ihm wird ewiges Leben geschenkt und der Reichtum aller Rassen. Duncan war diese Dinge betreffend, schon immer fixiert gewesen..."

"Fein, dann gehen wir zur Sunnydale High und erwarten ihn dort. Dürfte ja nicht schwer sein, ihn auszuschalten." Buffy klappte das Buch zu und sah auffordernd in die Runde.

"Hm, das Tor kann nur zerstört werden, wenn die Stern stehen. Genau wie es nur geöffnet werden kann."

"Dass heißt Giles, wir müssen bis heute Abend warten," Buffy fand das reichlich Zeitverschwendung.

"Hm, uh, ja", Giles stand auf und ging in seine Küche. "Hätte jemand gerne einen Tee?" Giles fühlte, dass sie gleich auf das sensible Thema zu sprechen kamen und das fand er nun wirklich unangenehm.

"Sie wollen uns wirklich Tee anbieten, in Anbetracht der Gefahr, die Sunnydale heute ausgesetzt wird," Xander trat an die Durchreiche heran. "Sie sind wohl gedanklich wirklich schon in England und kümmern sich einen Dreck um uns..."

"Xander!" Willow erschrak über den Tonfall ihres Freunds, den er schon vor einiger Zeit Angel betreffend Buffy gegenüber angeschlagen hatte.

Giles knallte seinen Teekessel zurück auf die Spüle  und sah mit einem Seufzer zur Decke hoch, bevor er herumfuhr und Xander erschrocken zurückwich, als er seinen eisigen Blick abbekam.

"Ich kümmere mich nicht einen Dreck um euch! Ich habe mich wohl wirklich lange genug um euch, Sunnydale und um die Sicherheit bemüht. Wenn man davon absieht, wie geringfügig der Dank dafür ausfiel, sehe ich keinen Grund, warum ich nicht auch mal an mich denken sollte. Ich lasse mich auf keine Diskussionen mehr mit euch darüber ein. Ich verstehe, dass es euch hart trifft, und euch überrascht. Es fällt mir auch nicht unbedingt leicht, aber es muss sein..."

"Wenn wir streiten, hilft das keinem weiter," mischte sich Willow ein, bemüht die Wogen zu glätten. Giles und Xander waren, soweit sie sich erinnerte, nur einmal so aneinander geraden, als Xander über Buffys Idee Angelus Fluch zu erneuern, sich über Jenny ausgelassen hatte. Es war nicht nötig, dass sich beide Männer stritten.

"Wir müssen damit Leben Xander, o.k? Beruhige dich wieder. Wir sollten lieber weiter planen. Giles?" Sie sah Hilfe suchend zu dem vernünftigeren der beiden und war erleichtert zu sehen, dass sich zumindest Giles wieder unter Kontrolle hatte. Buffy sah dem Geschehen schweigend zu. Sie hatte längst akzeptiert, dass Giles nicht mit sich reden lassen wollte.

"Gute Idee, Giles nicht? Was schlagen sie jetzt vor, wegen dem kleinen Kästchen. Wie können wir es zerstören?" Buffy ließ sich auf der Schreibtischkante nieder.

Giles senkte seinen Blick, mit dem er noch für einen Moment Xander anfunkelte und kümmerte sich bereits um den Tee, als er Buffy antwortete.

"Es ist ein Zerstörungszauber nötig, so wie damals beim Handschuh von Myhnegon. Die Zutaten habe ich hier und Willow kann mir zur Hand gehen. Das Pulver muss in dem Moment, in dem das Kästchen das Tor eröffnet in das Kästchen gestreut werden. Ich schlage vor, wir werden zum Abschluss noch einmal alle dieses zu verhindern wissen," Giles kam zurück in das Wohnzimmer und kramte in einer seine Taschen.

"Hier Willow," er beförderte ein paar Päckchen hervor und reichte sie Willow, die voller Vorfreude auf den Zauber ganz kribbelig wurde.

*****

In der Nacht.
Duncan schlich nun schon zum fünften Mal innerhalb der letzten fünfzehn Minuten durch den zerstörten Flur, nur um sicher zu gehen, dass sie alleine waren. Noch eine halbe Stunde und er konnte beginnen. Sean bewachte den schmalen Riss, der den Weg zum Höllenschlund zeigte. Das Kästchen stand an seinem Platz und wartete auf seine Öffnung. Alles in Duncan drängte ihn voreilig zu handeln, aber er wusste, dass er seine Ungeduld zügeln musste. Es brachte nichts vorzeitig mit dem Ritual anzufangen.

*****

Sie hatten Oz angerufen, um mit seinem Van zur Sunnydale High zu fahren, denn er war größer und bot allen Platz. Sie fuhren nicht von der Hauptseite an die ehemalige Schule heran, fuhren vorbei und hielten einen Häuserblock entfernt an. Von dort gingen sie zu Fuß auf das Gebäude zu.

*****

"Wir können anfange," bekundete Duncan mit einem Blick auf die Uhr. Sean nickte stumme und nahm Position an der eingestürzten Tür zur ehemaligen Bibliothek ein.

Duncan trat an den Spalt heran. Er krempelte sein Hemd am linken Arm hoch und griff nach dem goldenen, geschwungenen  Dolch neben dem Kästchen. Er biss die Zähen zusammen und spannte den Unterarm an. Langsam fuhr er sich dreimal über den Unterarm und fügte sich drei Schnitte zu. Dabei murmelte er etwas auf summärisch und ließ in das geöffnete Kästchen sein Blut tropfen. Dann schloss er es wieder und legte den Dolch zur Seite. Er sah durch das zerstörte Dach nach oben und blickte dann auf die Uhr. Noch fünf Minuten. Er war unruhig und aufgeregt. Wo waren die Jägerin und Giles?

*****

"Kannst du was sehen?" Giles wollte nicht drängeln, aber ihnen blieben höchstens noch fünf Minuten.

"Nein nichts, ich denke die Luft ist rein," Buffy stieg über den Steinhaufen, der einmal das Hauptportal zur Schule gewesen war. Die andern folgten ihr dicht. Sie sahen mit etwas gemischten Gefühlen das an, was einst ihre Klassenräume gewesen waren und mussten angeekelt feststellen, dass noch einige Überreste des explodierten Bürgermeisters herumlagen.

Als Buffy um die Kurve Richtung Bibliothek ging, peitschten ihr auf einmal Schüsse um die Ohren. Giles riss sie zurück.

"Er hat sich verschanzt. Wir sollten den ehemaligen Hintereingang benutzten," schlug Buffy vor. Giles tippte auf seine Armbanduhr.

"Keine Zeit. Er wird das Tor öffnen."

"Wenn sie eine bessere Idee haben? Ich werde es versuchen. Alleine, dann bin ich schneller."

Noch bevor Giles widersprechen konnte, hastete Buffy in das gegenüberliegende Klassenzimmer gefolgt von Schüssen. Sie sprang durch eines der kaputten Fenster und rannte um die Schule. Sie sah den
Hintereingang, der erstaunlicher Weise noch unversehrt war.

*****

Duncan beugte sich über das Kästchen und war im Begriff es zu öffnen, als er ein Poltern von links vernahm. Als er in die Richtung sah, stand Buffy im Rahmen der Hintertür der Bibliothek und grinste ihm entgegen.

"Man kann nicht immer an alles denken nicht war, Duncan," und sie sprang Sean an, der bereits mit der gezogenen Waffe auf sie zu rannte.

"Ihr könnt kommen," brüllte sie Richtung Flur und schlug Sean die Waffe aus der Hand, warf ihn gegen einen Stützpfeiler und brach ihn mit einem Tritt die Kniescheibe.

Duncan sah zu wie Sean nieder geprügelt wurde und nutzte die Zeit um das Kästchen zu öffnen.

"Willow, das Pulver," Giles warf Willow das kleine Plastiksäckchen zu und sprang auf Duncan zu. Er riss ihn mit seinem Schwung vom Rand und dem Kästchen weg. Duncan versuchte seine Überraschung zu überwinden und sich gegen Giles zu wehren. Doch Giles prügelte ihm bereits seine Fäuste um die Ohren und er hob schützend die Arme hoch.

"Na was ist? Ein Nahkämpfer deiner Güteklasse beginnt sich wie ein Kind mit den Armen zu schützen?" Giles riss Duncan auf die Füße, knallte ihm die Faust in die Magengrube und setzte mit dem Knie nach.

Willow stand mit nervös zitternden Händen am Höllenschlund und starrte in das Kästchen, das im Innern bläulich zu schimmern begann. Sie riss das Päckchen auf und sah zu Giles. Sie hatten ein Signal vereinbart, auf das sie nun wartete.

Buffy knallte Sean mit dem Kopf an die Wand, wirbelte ihn quer durch den Raum und sah, dass Giles mit Duncan ganz gut alleine fertig wurde. Sean griff nach seiner Ersatzwaffe, ein Militärmesser und stürmte humpelnd heran, verfehlte Buffy nur um Haaresbreite. Sie versuchte seinen Arm zu erwischen und prellte ihm das Messer aus der Hand. Wieder landete Sean mit dem Kopf an der Wand. Nur diesmal stand er nicht mehr auf.

"Alles im Griff Giles," sie eilte zu Willow und auch sie stellte fasziniert das blaue, pulsierende Schimmern fest, in das Willow noch immer starrte.

Giles hörte Buffy, war aber zu sehr mit Duncan beschäftigt, um zu reagieren. Duncan hatte seine Überraschung überwunden und griff nun an. Giles hatte alle Mühe auszuweichen und zu kontern, aber schließlich gelang es ihm Duncan zu packen und mit aller Gewalt gegen die Wand zu schleudern. Benommen kam Duncan auf die Beine und Giles musste einige Schläge gegen Kopf und in den Magen einstecken, bevor er erneut einen Harken anbrachte, der Duncan schließlich ins Reich der Träume schickte.

"Hm, siehst du, ich treffe zwar nur zu 99 Prozent, aber ihm Nahkampf war ich immer der überlegenere gewesen," mit einem Siegeslächeln wandte er sich der Gang zu. Besorgt stellte er fest, dass von Buffy bis zu Anya alle hypnotisiert vom Licht des Tores unfähig zu reagieren, da standen. Und was noch viel schlimmer war, das Tor öffnete sich über ihnen. Das blaue Licht war einem Trichter ähnlich aufgestiegen und wirbelte nach oben durch die Decke zum freien Himmel. Giles versuchte nicht länger zu dem Trichter zu starren. Er wollte sich nicht auch einfangen lassen und riss der reaktionslosen Willow, das Tütchen aus der Hand und schüttete das Pulver in den Wirbelwind.

Ein Rauschen und Zischen wurde hörbar. Der Trichter wurde schwarz, dann violett, schließlich fiel er mit einem gewaltigen Knall und einer Druckwelle in sich zusammen, riss sie alle von den Füßen und löste sich auf.

Giles war der erste, der wieder auf die Füße kam und das Kästchen schloss. Er wollte es mit einem Tritt zerstören, wurde aber von Buffy sanft zur Seite geschoben. Sie trat einmal kräftig zu und das Artefakt zersplitterte.

"Dann hätten wir mal wieder die Welt gerettet nicht," Xander gesellte sich zu ihnen.

"Sieht so aus, uhm was ist passiert?" Willow war noch etwas benommen und auch Oz und Anya hatten Schwierigkeiten.

"Ihr habt euch von dem Licht hypnotisieren lassen. Somit hatte euch das Tor ausgeschalten. Ich habe das vorher auch nicht gewusst," fügte er schnell hinzu, als er die anklagende Blicke auf sich gerichtet sah.

"Fein, dann können wir ja mal wieder feiern gehen," Buffy harkte sich bei Willow unter und schritt Richtung Ausgang. Die anderen folgten ihr, noch immer etwas von dem Geschehen durcheinander, doch auch von der Euphorie des Sieges angesteckt.

*****

"Ich kann sie wirklich nicht vom Gegenteil überzeugen," Buffy rannte Giles nach draußen hinterher, der dem Taxifahrer half sein Handgepäck zu verladen.

"Buffy, wir, wir haben doch darüber schon gesprochen..."

"Vor fast zwei Wochen ja," Buffy zog ein beleidigtes Gesicht. Nachdem sie Duncan der Polizei übergeben hatten, hatte Giles dafür gesorgt, dass Jason und Duncan Buffy entlasteten. Die Anklage wurde fallen gelassen. Sogar einen Besuch bei Ethan hatten sie gemeinsam unternommen und Buffy hatte das Gefühl nicht losbekommen, dass sich ihre Beziehung zueinander festigte. Sie war sogar so weit gegangen, Giles immer wieder ins Gewissen zu reden. Sie wollte es einfach nicht einsehen, dass er ging. Doch alles Bitten, alles Flehen war auf taube Ohren gestoßen.

"Wir haben in den letzten Tagen doch wirklich noch die Zeit genutzt. Und die Abschiedparty, die ich nicht wollte, gestern, war einfach...sag den andern für mich noch einmal danke." Giles kam in die leere Wohnung zurück und vergewisserte sich, dass er nichts vergessen hatte. Er hatte einen Klos im Hals und er wollte so schnell wir möglich aufbrechen, bevor er es sich doch noch einmal anders überlegte.
Zum Glück hatten Willow und Xander sich gestern rührend von ihm verabschiedet und gönnten es heute Buffy mit ihm die kurze Zeit alleine zu verbringen.
Spike war nun Xanders Untermieter geworden und selbst von ihm war Giles der Abschied schwer gefallen.

"Giles...bevor sie gehen...hm...sie haben mir immer noch nicht gesagt, was Llevlyn ihnen angetan hat." Buffy verfluchte sich selbst, dass sie in solch einem Moment diese Frage stellen musste. Als gebe es nichts anderes, das sie Giles hätte zum Abschied sagen können. Giles sah sie überrascht an. Er hatte mit allem gerechnet, nicht aber mit dieser Frage.

"Ich weiß nicht, ob...ich darüber reden will, jetzt..."

"Wenn nicht jetzt, wann dann? Am Telefon, per Brief, wenn wir uns in vielleicht zehn Jahren mal zufällig über den Weg laufen," sie wusste das sie sich schon wieder im Ton vergriff, aber Giles brauchte nicht zu sehen, wie weh ihr der Abschied tat, also versteckte sie sich lieber hinter verletzende Worte.

Giles schluckt schwer und war dann überraschend mitteilsam.

"Ich...ich....als...uh...als Llevlyn dich mit dieser Eisenstange...du weißt," er verstummte erneut und Buffy wusste sehr gut, von was er sprach. Sie hatte sich erstaunlich gut im Griff. Sie erinnerte sich unter den
ständigen Schlägen das Bewusstsein verloren zu haben. Sie wusste auch noch sehr gut, wie anklagend sie Giles dabei angeblickt hatte.

"Er..er wollte weiter machen, ich bat ihn aufzuhören. Er lachte mich nur aus. Doch dann bot er mir...er schlug vor dich in ruhe zu lassen, wenn ich an deine Stelle treten würde...solange bis du wieder bei Bewusstsein wärst...ich..."

"Uh...", unterbrach ihn Buffy erstaunt, die langsam begriff, was Giles damit sagte...und sie hatte ihn als Dank versucht aus ihrem Leben zu verbannen.

"Er hatte diese fixe Idee zu testen, wie lange ich den Spaß mit...mit glühend heißen Eisen aushalte." Giles fuhr sich mit der Hand durch sein Haar und sah Buffy gefasst an. Doch sie sah deutlich wie schmerzhaft es für ihn war, darüber zu sprechen. "Es dauerte nicht lang. Ein zwei Versuche, bevor er mir das antat," er fuhr sich automatisch über den Rücken, über die Stelle, an der die Narbe für alle Zeiten ihn daran erinnern würde. "Es war...grausam...wenn man sein eigenes verbranntes Fleisch riecht...ich muss das Bewusstsein verloren haben, denn danach ließ er mich in ruhe."

Das Taxi hupte. Unterbach ihr geschocktes Schweigen. Sie hatte die ganze Zeit soviel Wert darauf gelegt ihre eigenen Wunden zu lecken, dass sie Giles übersehen hatte. Auch er war nicht unbeträchtlich lange im Krankenhaus gelegen und trotzdem hatte sie der Mann ohne Vorwurf ihren Weg alleine finden lassen, bis sie bereit gewesen war sich zu entschuldigen. Er hatte sie angenommen und ihr nun seinen Schmerz anvertraut. Sie würde ihn vermissen. Sie brauchte ihn nun auf einmal mehr als die Jahre zu vor. Tränen standen in ihren Augen, als sie zu ihm aufblickte. Da stand er nun ihr Ex-Wächter, der Mann der  so viel für sie riskiert, soviel für sie aufgegeben hatte. Die Erkenntnis traf sie unerwartet: sie liebt ihn. Wie einen Vater. Ginge er, würde ihr Herz zerreißen.

Das Taxis hupte erneut.

Sie starrten sich endlos lange an, die erste Träne begann zu rollen und Buffy sah als erstes verlegen zu Seite.

"Gehen sie nicht, Giles. Bitte," flüsterte sie ihm zu. "Ich brauche sie."

"Ich...ich muss Buffy. Ich kann hier nicht bleiben. Es wäre zu schmerzhaft mit ansehen zu müssen, wie ihr mich alle immer weniger braucht. Ich ... sollte jetzt gehen." Auch Giles hatte alle mühe gegen aufkommende Tränen zu kämpfen. Er ließ so etwas nicht oft zu. Nicht einmal an Jennys Grab hatte er es sich erlaubt.

"Warten sie," Buffy eilte ihm hinterher, bevor er durch die Tür schreiten konnte. Er drehte sich zu ihr. Sie flog ihm um den Hals, weinte hemmungslos in seine Brust. Er stand nur da und erwiderte ihre Umarmung für einen Moment, bevor er es nicht mehr ertrug. Er zwang  sie, sich von ihm zu lösen.

"Es ist nicht so, dass wir uns nie wieder sehen werden, Buffy. Das Flugzeug ist schon seit längerem erfunden." Er lächelte sie aufmuntern an. "Es trennen uns nur etwa zehn Flugstunden...ich werde schreiben. Wir werden telefonieren. Nichts wird sich ändern. Außer das ihr nicht mehr hierher zu kommen braucht. Und jetzt...eh...leb wohl." Er riss sich abrupt von ihr los, drehte sich um und eilte zum Taxis.

Buffy blieb allein an der Tür stehen und sah ihm beim Einsteigen zu, noch immer schluchzend. Es war nicht fair. Es war nicht gerecht. Es war...hatte er sich so gefühlt, als sie einfach im Sommer verschwunden war, ohne eines Wortes des Abschiedes? Wurde ihr ihr ganzes Fehlverhalten der letzen Jahre auf einmal zurückgezahlt?

Er dreht sich noch einmal zu ihr um, winkte schwach und stieg ein.

Das Taxi fuhr los und alles was Buffy blieb, war dieser traurige Ausdruck in seinen Augen. Hätte sie ihm sagen sollen, dass sie ihn liebte? Sie hatte die Chance verpasst, als sie die Gelegenheit dazu hatte.

Sie ging zurück in die leere Wohnung und sah sich immer noch mit Tränen um. Das war nun einmal Giles Platz gewesen, der Ort, an dem sie sich fast zu Hause gefühlt hatte. Hier hatten sie so viele Stunden verbracht, um Pläne zu schmieden oder einfach nur sich hier getroffen. Seine Anwesenheit hatte ihr Geborgenheit gegeben. War er einmal nicht hier gewesen, war das jedes mal Grund zu Besorgnis gewesen.
Sein hier sein, war ihr Sicherheit gewesen und hatte sie ermutigt weiter zu machen. Jetzt waren hier nur noch Stille, Einsamkeit, Leere.

Mit einem letzten Blick, einem leisen Seufzer und einem wohl nie endenden Schmerz des Verlustes zog sie leise zum letzten Mal die schwere, braune Tür hinter sich zu und schritt in die Nachmittagssonne von Sunnydale hinaus.
 
 

ENDE