Together in Danger

von Shenandora c/o H. Schlathölter, 1998

Based upon Forever Knight.

 

 

 

 

>An Doktor Lambert
Bitte treffen Sie mich in einer Stunde vor dem alten Museum
für Kunstgeschichte. Dort erwartet Sie auch ein sehr alter
Freund. Kommen Sie allein!<

Natalie las die Nachricht mehrmals, drehte den Zettel in ihrer Hand und beschloß, Nick anzurufen.
Sehr alter Freund. Damit konnte doch nur Nick gemeint sein, oder? Sie wählte seine Nummer, doch wie erwartet meldete sich nur sein Anrufbeantworter.
Eine Stunde. Nun gut, sie nahm ihren Mantel und ihre Tasche und verließ ihre Wohnung.

 

*

 

LaCroix beendete gerade eine seiner nächtlichen Sendungen als Nachtfalter. Der Raven war wie jede Nacht gut besucht sowohl von Sterblichen als auch Unsterblichen. Diese waren von einander nicht sonderlich zu unterscheiden, da fast alle Besucher des Raven den gleichen Taint besaßen. Sei es natürlicher Art oder durch ein passendes Make-Up. Es war für LaCroix nicht sonderlich schwer, die Menschen unter ihnen zu fühlen.
Er genoß gerade ein Glas Wein, gemischt mit einem guten Schluck Blut, als ihn ein bekanntes Gefühl von Besorgnis befiehl.
Also steckte Nicholas wieder einmal in Schwierigkeiten. Er hatte es langsam Satt, seinen Sohn aus irgendwelchen, unangenehmen Situationen herauszuhelfen. Nachdem Janette Toronto verlassen hatte, beschäftigte sich LaCroix wieder mehr mit Nicholas´ Leben. Das konnte zu Weilen recht anstrengend sein, auch für jemanden, der schon so lange lebte wie Lucien LaCroix.

 

Natalie parkte seitlich des Museums. Sie fühlte sich sehr unwohl. Angst – ja, das war es, was sie empfand. Irgend etwas stimmte nicht, und sie war gerade dabei, es herauszufinden.
Die große schwere Tür des Kunstmuseums war offen und Natalie ging hinein. Sie ließ die Tür hinter sich zufallen und machte langsam ein paar Schritte nach vorn. Große, schwere kerzenständer mit schlichten kerzen waren das einzige, was die Empfangshalle beleuchtete.
"Hier bin ich. Mein Name ist Doktor Lambert und ich bin allein – wie Sie es wollten."
Keine Antwort. Toll, sie hatte wirklich besseres zu tun, als hier wichtige Zeit zu vertrödeln.
"Guten Abend, Doktor Lambert! Es freut mich, daß Sie meiner Einladung gefolgt sind. Darf ich mich vorstellen, Doktor Sutten. Ich erforsche das Unbegreifliche, aber dennoch Existierende dieser Welt."
Natalie sah sich einem jungen, etwas durcheinander wirkenden Mann gegenüber.
Er sprach weiter: "Also, mir ist da ein Fang gelungen, der es Wert ist, wissenschaftlich untersucht zu werden. Aber das können Sie mir bestimmt bestätigen. Ich . . ."
"Was wollen Sie von mir?" unterbrach Natalie den Wissenschaftler. Ihre Angst wurde immer größer, aber sie versuchte, sich nichts anmerken zu lassen.
Doktor Sutten ging nun langsam auf Natalie zu und fuhr fort mit seiner Erläuterung: "Ich sehe schon, ich muß deutlicher werden. Vor ein paar Wochen wurde ich Zeuge bei einem Einsatz ihres Freundes, Mister Knight. Ich sah, daß er sich sehr schnell bewegte. Natürlich war ich genauso irritiert wie die Person, die er verfolgte. Dann, als es zu einem Kampf zwischen den Beiden kam, sah ich sein Gesicht. Ich stand tatsächlich einem Vampir gegenüber. Weitere Nachforschungen meinerseits, auf die ich nicht näher eingehen möchte, bestätigten mir dies."

Natalie hörte dem Doktor zu und ihr wurde mehr und mehr bewußt, daß sich Nick in wirklicher Gefahr befinden mußte.
"Sie täuschen sich, Doktor Sutten. Sie haben zu viel Phantasie."
"Doktor, eines können Sie mir glauben, wenn ich etwas untersuche, dann gründlich. Womit ich bei dem bin, was ich jetzt vorhabe.Wie schon erwähnt, ist es mir gelungen, ihren Freund zu mir – sagen wir mal – einzuladen. Natürlich wollte auch er mir später einreden, das wäre alles nur meiner Phantasie entsprungen. Doch schon bald merkte er, daß ich nicht davon abzuhalten war, die Wahrheit zu kennen. Auch sein Versuch, mich alles vergessen zu lassen, schlug fehl.
Mit recht wirkungsvollen Mitteln habe ich es geschafft, Detective Knight hier festzuhalten.
Die Tatsache, daß ihr Freund sich für ein paar Tage frei genommen hatte, kam mir sehr gelegen.
Aber kommen wir zu Ihnen, Doktor Lambert. Sie werden mir helfen, eine weitere Untersuchung durchzuführen."

Natalie konnte gar nicht glauben, was sie da eben gehört hatte. Sie mußte Nick sehen und ihm helfen, das war sicher.
"Doktor Sutten, Sie können niemanden wie ein Versuchskaninchen festhalten und für irgendwelche Untersuchungen mißbrauchen. Ich möchte augenblicklich zu Nick!"
Sie war sehr aufgebracht.
Der Doktor drehte sich um und sagte, während er auf eine schmale Tür zuging: "Aber natürlich können Sie zu Nick. Ich bringe Sie zu ihm. Kommen Sie bitte mit!"
Sie kam seiner Aufforderung nach und folgte ihm.

Direkt hinter der Tür führte eine kleine Treppe in den Kellergängen des Gebäudes. Dort kamen sie an mehreren Räumen vorbei. An den Wänden brannten in gleichgroßen Abständen Kerzen, die denen in der Empfangshalle glichen.
Hier unten war es bedrückend eng.
Vor einen der Kellerräume blieb Sutten stehen und öffnete die alte Tür. Natalie stand nun neben ihm und sah in den kleinen Raum hinein.
"Nick!"

 

Tracy Vetter saß an ihrem Schreibtisch und wunderte sich über das, was Captain Reese ihr vor einer viertel Stunde gesagt hatte. Nick Knight, ihr Partner, hatte sich für ein paar Tage freigenommen. Warum hatte er ihr davon nicht erzählt?
Nun ja, so kannte sie ihn. Dann eben ein paar Tage ohne ihn. Das dürfte für die Tochter des Police Commissioners ja nicht all zu schwer sein. Der Fall, den sie gerade bearbeiteten, war sowieso so gut wie abgeschlossen.
Sie setzte sich rüber an Nicks Schreibtisch und sah sich die Unterlagen noch einmal an. Die Verdächtige hatte gestern abend gestanden und war nun in Verwarsam.
Tracy nahm den Bericht und ging in das Büro des Captains. Sie wollte für heute Schluß machen.

 

*

 

Natalie konnte gar nicht fassen, was sie da vor sich sah. Einen sehr kleinen Raum mit einem mit Läden verschlossenem Fenster und einem Bett. Das Fenster hatte Eisengitter, wobei diese ein deutliches Kreuz in der Mitte zeigten. So war auch die zusätzliche Eisengitter-Tür am Eingang mit einem Kreuz in der Mitte versehen. Die Gitterstäbe an sich waren nicht sonderlich eng aneinander gereiht.
Natalie bemerkte, daß durchgehend etwas Flüssiges an den Fenster- und Türgittern hinunterlief. Das mußte ein zusätzliches Hinderniss für Nick darstellen, sonst hätte er bestimmt schon einen Weg gefunden, hier wieder herauszukommen.
Nick selbst saß, die Arme gestützt auf das angewinkelte Bein, auf dem Bett und sah sie an. Er sagte jedoch kein Wort.
Sie konnte ihm ansehen, wie aufgebracht er war. Die Art, wie er sie ansah, das kannte sie nur zu gut.
"Bitte, Doktor Lambert, gehen Sie hinein und leisten Ihren Freund Gesellschaft. Ich bin sicher, die wird er brauchen.
Mich müssen Sie entschuldigen. Ich habe noch etwas zu erledigen und werde nicht vor morgen früh zurück sein."
Nachdem Sutten dies sagte, öffnete er die Gittertür, schubste Natalie schnell in den Raum hinein, schloß die Tür wieder zu – und ging.

 

"Nat!"
Sie setzte sich neben ihm aufs Bett.
"Nick, wie konnte das geschehen?"
Er sah sie einen Moment lang an. Dann antwortete er mit leiser Stimme: "Sutten hat es irgendwie geschafft, tagsüber in meine Wohnung zu gelangen. Du weißt, daß ich zu dieser Zeit einen sehr tiefen Schlaf habe. Ich wurde wach, weil ich einen Schmerz verspürte. Er spritzte mir ein Gift, das für Sterbliche tödlich ist, für uns jedoch nur betäubend. Als ich mich von dem Gift erholte, war ich bereits hier."
Natalie sah sich die Tür an und richtete dann ihren Blick auf das Fenster.
"Klever ist er, das muß man ihm lassen."
"Ja, das flüssige Zeug, das an den Gitterstäben hinunterläuft, ist geweihtes Wasser. Es wird ununterbrochen nach oben gepumpt. Die Kreuze und dieses Wasser lassen mich immer schwächer werden."
Also hatte sie Recht. Das war der Grund, warum Nick noch hier war. "Nick, vielleicht kann der Lauf des Wassers mit meiner Hilfe unterbrochen werden?"
"Nat?"
Sie sah ihn an.
"Nat, ich hab seit gestern nacht nichts mehr zu mir genommen und komme um vor Durst."
Erst jetzt wurde ihr bewußt, wie blaß Nick war. Zögernd antwortete sie ihm: "Du brauchst Blut...und...ich habe welches. Du könntest..."
"Nein!"
"Nick, ich..."
"Nein, das will ich nicht!"
"Das ist vielleicht die einzige Möglichkeit, die wir haben, wenn wir vor morgen früh hier raus sein wollen."
Sie hob ihre rechte Hand und berührte leicht Nicks linke Wange. Er packte ihr Handgelenk und gab ihr einen Handkuß.
"Wir werden eine andere Lösung finden."
"Viel Zeit bleibt uns aber nicht."

 

LaCroix betrat gerade das Museum für Kunstgeschichte, als er deutlich die Anwesenheit Nicholas spüren konnte. Es war jemand bei ihm, ein Sterblicher. Schnell fand er die Tür zu den unteren Gängen des Museums. Dort ging LaCroix an den vielen Kellerräumen vorbei und näherte sich dem Raum Nicholas´.
Kurz davor blieb er stehen und sprach in seiner gewohnt ruhigen Art: "Oh Nicholas. Wie hast Du es nur wieder fertiggebracht, Dich in diese doch recht merkwürdige Situation zu bringen?"Wärend er dies sagte, trat er langsam vor die Gittertür. Ein wenig Abstand haltend sah er in den Raum hinein und richtete sich an Natalie: "Ich freue mich, Sie schon so bald wiederzusehen, Doktor Lambert."
Beide, Nick und Natalie, sahen zur Tür.
Also hatte Nicks Gefühl ihn nicht geteuscht. Er hatte so eine Ahnung, daß LaCroix auf den Weg hier her war. Er erschien immer, wenn Nick sich in ernster Gefahr befand.
"LaCroix, an den Eisengittern fließt geweihtes Wasser hinunter. Das und die Kreuze haben mich schwach gemacht. Du mußt uns helfen."
Nick war aufgestanden und ging auf Lucien zu.
"Warum, glaubst Du, bin ich hier? Obwohl ich es eigentlich leid bin, Dir immer wieder helfen zu müssen."

Natalie fühlte sich jedesmal sehr unwohl, wenn sie LaCroix begegnete. Doch jetzt war sie sogar dankbar dafür.
Der richtete seinen Blick auf Natalie.
"Nicholas, es ist vor allem der Hunger, der Dich schwächt. Du brauchst Blut und das weißt Du."
Nick folgte LaCroix´Blick.
"Ja, Du hast Recht, aber nicht Natalies. Was soll das, LaCroix?"
"Nun, dann wirst Du mit meinem Vorlieb nehmen müssen, nicht wahr"
Lucien holte ein Weinglas aus seiner Manteltasche hervor, hob seinen rechten Arm und versenkte seine Zähne in die Ader.
Das Blut floß langsam in das Glas.
Natalie konnte ihren Blick nicht davon losreißen und beobachtete das ganze aufmerksam.
Nick hingegen sah weg, denn das Blut ließ ihn immer unruhiger werden.
Nun hob LaCroix das gefüllte Glas und wandte sich an Natalie:
"Doktor Lambert, Sie werden verstehen, wenn ich Nicholas das Glas nicht selbst geben werde." Er deutete auf die Gitterstäbe und fuhr fort: "Wenn Sie so freundlich wären und ihm das Glas reichen. Aber passen Sie auf, daß es nicht mit einen der Stäbe in Berührung kommt."
Natalie stand vom Bett auf und ging auf LaCroix zu. Sie sah ihn an und ihr war gar nicht wohl dabei. Aber es war wohl die einzige Chanze, die sie hatten.
Nick sah ihnen zu und stellte sich neben Natalie. Sie sah ihn an und er konnte ihre Zweifel spüren.
"Nat, er wird Dir nichts tun. Er möchte genauso wie wir, das dieser Ort bald der Vergangenheit angehört."
Sie zögerte nicht länger und steckte ihren Arm durch das Gitter. LaCroix reichte Natalie das Glas. Dabei berührten sich kurz ihre Hände und sie zuckte automatisch zusammen.
Er sah sie an und meinte: "Nicholas hat Recht, glauben Sie mir."
Sie balancierte das Blut vorsichtig durch das Eisengitter. Den Arm wieder auf ihrer Seite, riß Nick es ihr förmlich aus der Hand und trank das Glas mit dem Blut in einem Zuge leer.
Er konnte fühlen, wie seine Kräfte wiederkehrten und ließ das Glas fallen.
"Nat, ich möchte, daß Du Deine Hände um die mittleren zwei Stäbe legst."
Sie befolgte seine Anweisung.
Nick stellte sich nun hinter Natalie und legte vorsichtig seine Hände auf ihre, wobei er sie halb umarmte. Er durfte nicht mit den anderen Stäben in Berührung kommen. Dann, ein gewaltiger Ruck und die beiden Stäbe waren nach außen herausgebrochen.
Natalie konnte gar nicht so schnell verfolgen, was geschehen war.
Doch beim zurückziehen der Hände streiften Nicks das geweihte Wasser und er zuckte zurück. Sofort sah sich Natalie die schmerzenden Hände an und meinte: "Ging noch Mal gut, hätte schlimmer sein können."
Nick sah sie an. "Schönen Dank auch, das reicht mir schon."
LaCroix sah den beiden zu und meinte: "Nicholas, wir haben nicht ewig Zeit. Nun ja, zumindest nicht in dieser Situation. Wir sollten gehen.""Ja, Du hast Recht. Die Zeit drängt." Nick schob Natalie vor sich durch das entstandene Loch zwischen den Gitterstäben und zwängte sich dann selbst dadurch. Sie gingen durch den Gang, die Treppe hinauf und zurück zum Ausgang.
LaCroix drehte sich um und sah die beiden an.
"Nicholas, ich hoffe, es war das letzte Mal. Obwohl ich Dich kenne und es ein nächstes Mal geben wird. Warum machst Du es Dir nur so schwer. Vielleicht sollte ich Dir erneut beibringen, wer in diesem Spiel der Jäger und wer der Gejagte ist.
Doktor Lambert, ich fand unser kleines Zusammenspiel recht amüsant. Doch denken Sie immer daran, ich habe Nicholas geschaffen und habe nicht vor, ihn wieder zu verlieren."
Natalie sah ihm ins Gesicht, da war es wieder, das mulmige Gefühl. "LaCroix, ich will Nick niemanden wegnehmen, aber wenn ich ihm helfen kann, dann werde ich das tun." Sie wartete gar nicht erst eine Antwort ab und ging zu ihrem Auto.
Es war wohl besser, wenn sie dort auf Nick warten würde.
Sie setzte sich ins Auto und ließ den Motor an. Als sie hochsah, konnte sie mitverfolgen, wie LaCroix sich entfernte. Irgendwie gemein, einfach so wegzufliegen, wärend sie die lange Strecke fahren mußte.
"Wir können fahren, wenn Du so weit bist."
Natalie erschrak, als sie Nick neben sich sitzen sah.
"Du sollst mich nicht immer so erschrecken. Du weißt, daß ich das nicht mag."
Sie drehte ihren Wagen und fuhr los.

 

In Nicks Wohnung angekommen, setzten sich beide erst einmal auf das Sofa.
"Nick, was wird jetzt aus dem Professor? Er kennt jetzt Dein Geheimniss und wird das bestimmt nicht für sich behalten."
Nick stand auf, ging zum Kühlschrank und holte eine Flasche heraus. Rinderblut!
"LaCroix wird sich drum kümmern, denn auch wenn ich ihn nicht beeinflussen konnte. Er kann es!
Allerdings hätte LaCroix ihn lieber, na Du weißt schon. Ich kann für Sutten nur hoffe, daß LaCroix sein Versprechen mir gegenüber hält."
Natalie beobachtete Nick beim ansetzen der Flasche und meinte nur: " Ich könnt´s ihm nicht einmal verübeln, wenn er es nicht täte." Dann zog sie ihre Schuhe aus und machte es sich auf dem Sofa bequem. Kurze Zeit später war sie eingeschlafen.
Nick setzte sich auf einen der Sessel und beobachtete sie.
Ich auch nicht.

 

Ende